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Ballungsgebiet. Die BVG meint, dass sie mit dem Vordereinstieg bei ihren Bussen besser fährt.
© Kai-Uwe Heinrich

Forderung der Grünen: Fahrgäste sollen beim BVG-Bus wieder hinten einsteigen

Viele BVG-Linien sind an der Kapazitätsgrenze: Beim Einsteigen in den Bus gibt es oft Stau. Die Grünen wollen deshalb ab durch die Mitte.

"Ich hab’ ’ne Jahreskarte!“ Der junge Mann sucht hektisch aber vergeblich in seinem Rucksack nach dem BVG-Umweltticket. Hinter ihm wartet eine Schlange weiterer Fahrgäste am vorderen Buseinstieg. „Schon gut“, sagt der Fahrer, winkt ihn durch – und fragt auch später nicht mehr nach der Karte. Ein Beispiel aus der täglichen Praxis in vielen BVG-Bussen, vor allem auf stark genutzten Metro-Linien. „Die Fahrer stehen unter Stress durch den dichten Verkehr, die drängelnden Passagiere und den Druck, pünktlich zu sein“, sagt der Verkehrsexperte der Grünen im Abgeordnetenhaus, Stefan Gelbhaar. „Sie sind gar nicht in der Lage, gründlich zu kontrollieren.“ Die Vorschrift, nur vorn einzusteigen, sei sinnlos. Sie belaste die Fahrgäste und Fahrer unnötig.

Die Grünen wollen nun mit einem Antrag erreichen, dass man in BVG-Bussen wieder in der Mitte einsteigen darf. Von 1994 bis 2003 war dies in Berlin erlaubt, um die Aufenthaltszeiten an den Haltstellen zu verringern. Danach aber gewann der Kampf gegen Schwarzfahrer die Oberhand. Die BVG verfügte wieder Kontrollen am Buseinstieg. Aus ihrer Sicht ist sie damit bis heute gut gefahren.

„Seither nehmen wir jährlich rund 4,5 Millionen Euro mehr ein“, sagt BVG-Sprecherin Petra Reetz.Die Zahl der Schwarzfahrten sei „deutlich gesunken“. Dass am Vordereinstieg oft nur oberflächlich kontrolliert wird, spricht laut Reetz nicht gegen ihre Argumentation. Sie setzt auf den psychologischen Effekt. „Schon die Aussicht, dass von zehn Fahrern vielleicht einer mal genauer hinguckt oder nachfragt, schreckt doch viele Leute ab, sich reinzuschmuggeln.“ Im Übrigen sei es den Fahrern freigestellt, Fahrgäste auch mal durch die Mitteltür einsteigen zu lassen, falls dies der Sicherheit oder Pünktlichkeit diene. „Der Fahrer ist der Kapitän, er kann das allein entscheiden.“

In ihrem Antrag, den sie ins Abgeordnetenhaus eingebracht haben, bewerten die Grünen die Situation gänzlich anders. Aus ihrer Sicht könnte man Schwarzfahrten viel effektiver verhindern, wenn statt des vorderen „Gänsemarsch-Einstiegs“ auch in Bussen künftig wieder Kontrolleure eingesetzt würden – wie in U-Bahnen und Straßenbahnen. „In vielen Bussen wie dem M41 oder M29, die am Rande der Kapazitätsgrenze fahren, drängeln sich doch schon jetzt viele Leute einfach illegal hinten hinein ohne jede Furcht, überprüft zu werden“, sagt der verkehrspolitische Sprecher Stefan Gelbhaar. Und wenn ein Fahrer am Vordereinstieg tatsächlich mal scharf hinschaue und Fahrgäste abweise, die sich reinschmuggeln wollen, so sei das für diese weitaus weniger riskant und peinlich, als von Kontrolleuren erwischt zu werden. „Erst dann wird es doch teuer.“

Zugleich zählt Gelbhaar etliche Nachteile des Vordereinstiegs auf. Beispiel 1: Vorn stauen sich die Leute, es passt niemand mehr hinein. Hinten ist noch Platz, aber es ist kein Durchkommen, obendrein stehen Kinderwagen im Wege. Beispiel 2: Die Flaschenhalssituation. Durch den engen vorderen Zugang dauern Stopps im Berufsverkehr oft länger, die Abfahrt verzögert sich, Verspätungen können die Folge sein. Das kalkuliere die BVG ja schon in ihre Fahrpläne ein, sagt Gelbhaar. Und folgert: Ein erleichterter Einstieg in der Mitte ermögliche engere Taktzeiten.

„Stimmt nicht“, kontert die BVG. „Wir haben das überprüft, die Einstiegskontrolle verursacht bei uns keine Verspätungen.“ Auch in London und Paris sowie in etlichen deutschen Städten seien die Erfahrungsberichte überwiegend positiv. „Auch dort darf man nur vorn einsteigen.“

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