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Laut Kammergericht kann ein Facebook-Profil nicht vererbt werden.
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Update

Urteil in Berlin: Facebook muss Eltern nicht auf Profil ihrer verstorbenen Tochter zugreifen lassen

Die Eltern hatten sich vom Facebook-Profil ihrer verstorbenen Tochter Rückschlüsse auf ihre Todesumstände erhofft. Das Berliner Kammergericht wies ihre Klage jedoch ab.

Im Streit um das virtuelle Erbe eines Facebook-Kontos hat das Berliner Kammergericht die Klage einer Mutter abgewiesen. In einem am Mittwoch verkündeten Urteil, hob das Gericht in zweiter Instanz ein Urteil des Landgerichts Berlin vom Dezember 2015 auf. Zugleich ließ das Kammergericht die Revision beim Bundesgerichtshof zu.

Tod auf einem U-Bahnhof

Gegen den Zugriff der Eltern auf das Facebook-Konto ihrer verstorbenen Tochter stehe insbesondere das Fernmeldegeheimnis von Kommunikationspartnern der Tochter, so der Vorsitzende Richter Björn Retzlaff bei der mündlichen Urteilsverkündung. Das Landgericht hatte in erster Instanz das Schutzbedürfnis Dritter noch eingeschränkt und dies unter anderem mit dem Erbrecht begründet. Danach übernimmt ein Erbe grundsätzlich alle Rechtspositionen, sprich: auch Verträge des Verstorbenen.

Laut Kammergericht kann das Telekommunikationsgeheimnis nur durch Gesetz eingeschränkt werden, was für den vorliegenden Fall nicht erfolgt sei. Auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht der klagenden Mutter biete keine Anspruchsgrundlage gegenüber Facebook, sagte Retzlaff weiter. Allerdings ließ das Gericht offen, ob es möglicherweise so etwas wie ein „passives Leserecht“ für Eltern Minderjähriger bei Facebook gibt.

In erster Instanz hatte das Landgericht im Sinne der Mutter entschieden, dass Facebook den Eltern Zugang zum Konto verschaffen müsse. Die Richter erklärten, dass der Vertrag mit dem Netzwerk Teil des Erbes sei. Sie wollten den digitalen Nachlass nicht anders behandelt sehen als etwa Briefe und Tagebücher.

Richter bedauert Entscheidung

Geklagt hatte eine Mutter, deren Tochter 2012 an einem Berliner U-Bahnhof von einem einfahrenden Zug tödlich verletzt wurde. Die Eltern wollen klären, ob es sich um einen Suizid gehandelt haben könnte und fordern von Facebook Zugang beispielsweise zu den Chat-Nachrichten. Laut den Richtern kann es auch um die Frage gehen, ob der Teenager gemobbt worden war.

Doch der US-Konzern weigert sich, die Daten freizugeben. Er beruft sich unter anderem auf den Datenschutz. Denn von der Offenlegung der Nachrichten wären demnach auch andere Nutzer betroffen, die mit der damals 15-Jährigen gechattet hätten - in der Annahme, dass die Inhalte privat bleiben.

Der Richter bedauerte die heutige Entscheidung. In der Sache habe das Gericht volles Verständnis für das Anliegen der Mutter. Zudem könne die Rechtslage auch anders beurteilt werden. Er gehe deshalb davon aus, dass der Fall vor den Bundesgerichtshof und möglicherweise sogar beim Bundesverfassungsgericht landen werde, so der Vorsitzende Richter in seiner mündlichen Urteilsverkündung.

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