zum Hauptinhalt
An St. Marien machen Touristen Rast - die Gemeinde erhofft sich mehr.
© Thilo Rückeis

Historische Mitte von Berlin: Evangelische Kirche hätte gern tiefer gegraben

Das Umfeld der mittelalterlichen Marienkirche wird saniert. Weil das Geld vom Bund kommt, darf bis 2030 nichts mehr angetastet werden. Eine vertane Chance sich mit der bewegten Geschichte Berlins auseinanderzusetzen, findet die Kirchengemeinde.

Eine vertane Chance – so bewertet der Hausherr am Rathausforum, die Evangelische Kirchengemeinde St. Petri-St. Marien, die bevorstehenden Schönheitsreparaturen rund um ihr mittelalterliches Bauwerk. Wie berichtet werden im Umfeld von Marienkirche und Fernsehturm rund zehn Millionen Euro investiert. Weil das Geld vom Bund kommt, darf danach wegen des vertraglichen „Umgestaltungsverbots“ bis 2030 nichts mehr angetastet werden.

Im Umfeld der Marienkirche hätte die Stadt nach Auffassung der Gemeinde erstmals die „Grundsatzfrage“ angehen können, wie mit den verschiedenen Etappen der bewegten Geschichte Berlins umzugehen ist. Eine Vorentscheidung darüber, ob am Rathausforum nun der historische Stadtgrundriss mit seinen Gassen und Plätzen wiederaufleben soll oder die großen baulichen Freiräume aus DDR-Zeiten erhalten bleiben, wäre damit keineswegs gefallen, sagt der Theologische Referent der Gemeinde, Roland Stolte. Mit der Freilegung von Kirchhof und Stadtgrundriss am mittelalterlichen Sakralbau wären aber die Unterschiede in Höhe und Maßstäblichkeit zum Umfeld des Fernsehturms deutlich geworden – und eine „Harmonisierung“, wie sie durch die jetzigen Planungen erfolgt, vermieden worden.

Eine Sonderrolle in der Debatte um die historische Mitte nehme die Kirche damit nicht ein. Auch die Stiftung Zukunft Berlin unter Leitung des früheren Stadtentwicklungssenators Volker Hassemer, die Henselmann-Stiftung und das Bürgerforum hätten sich an diesem Ort für eine grundlegendere Auseinandersetzung mit Berlins Stadtgeschichte eingesetzt – „wir sind aber nicht gehört worden“, sagt Stolte.

Für die Kirchengemeinde ist die zu kurz greifende Planung umso bedauerlicher, als eine Offenlegung der „harten Brüche“ der Stadtgeschichte durch die „ideologische Überformung“ des Areals in den Nachkriegsjahren dem „Geist der Stadt“ näherkommen würde, also dem, was Berlin für Besucher aus aller Welt so interessant macht. Nun aber „läuft man unter der Latte durch, statt sie zu überspringen“, sagt Stolte. Gut sei es aber immerhin, dass überhaupt etwas passiere, um dem Vandalismus zu begegnen.

Zur Startseite