Interview mit einem Abfallexperten: „Es wird zu viel verpackt weggeworfen“
Manchmal wird dem Kunden gar keine Wahl gelassen. Aber einiges können Verbraucher doch tun, um Plastikmüll zu vermeiden. Interview mit einem Abfallexperten des Umweltverbands BUND.
Herr Quast, wie viel Verpackungsmüll, also Kunststoffbecher, Folien, Plastikflaschen, Milchtüten, Konservendosen und Ähnliches produzieren die Berliner pro Kopf?
Über die Wertstofftonne gesammelt werden jährlich etwa 20 Kilo Verpackungen aus Kunst-, Verbundstoffen oder Metallen. Das ist im Bundesvergleich gar nicht mal ein besonders hoher Wert. Insgesamt produziert Deutschland im EU-Vergleich fast den meisten Verpackungsmüll, nur Luxemburg liegt noch darüber.
Woran liegt das?
Es gibt deutliche Zusammenhänge zwischen Abfallaufkommen und Wirtschaftskraft, die ja Einfluss auf den Konsum hat. Deshalb machen wirtschaftlich starke Länder insgesamt mehr Müll, während beispielsweise die Zahlen einiger osteuropäischer Länder viel geringer sind. Darum gibt es eben in Berlin auch weniger Verpackungsmüll als in vielen anderen Bundesländern, weil hier die Kaufkraft der privaten Haushalte schwächer ist.
Viele Verpackungen landen doch auch im Restmüll . . .
Ja, und zwar sogar eine größere Menge als in der Wertstofftonne, nämlich 31 Kilo pro Berliner. Ein Grund kann sein, dass verdorbene Lebensmittel oft samt ihrer Verpackung in der grauen Tonne landen. Einigen Menschen ist das Trennen aber auch einfach zu aufwendig. Sie sind sich auch nicht immer sicher, ob das Trennen ökologisch Sinn macht und glauben, dass hinterher eh wieder alles zusammengeschüttet wird. Das ist aber nicht der Fall: Was getrennt gesammelt wird, kann hinterher auch besser zu hochwertigen Produkten recycelt werden. Im Restmüll wird alles verbrannt. Da kann man dann hinterher nur noch die Metalle gut herausziehen. Insgesamt macht die getrennte Sammlung in den „bunten“ Tonnen 38 Prozent des gesamten Berliner Haushaltsmülls aus.
Wie viel davon ließe sich vermeiden?
Das ist natürlich schwer zu sagen, nehmen Sie nur die wachsende Zahl an Einweg-Plastikflaschen: Die wären ganz leicht vermeidbar, indem man sie durch Glasflaschen ersetzt, die nebenbei auch besser für die Gesundheit sind. Aber Plastik ist halt leichter und viele Kunden kaufen lieber die.
Wer ist also schuld am vielen Verpackungsmüll – Händler oder Kunden?
Das ist die Frage nach dem Verursacherprinzip: Manchmal wird dem Kunden gar keine Wahl gelassen, als stark verpackte Produkte zu kaufen, aber wenn man als bewusster Verbraucher durch den Supermarkt geht, kann man vieles vermeiden, zum Beispiel indem man Stofftaschen am besten aus Bio-Baumwolle oder Mehrweg-Kunststoffbeutel statt Plastiktüten nutzt.
Sind Tüten und Verpackungen aus sogenanntem Bio-Plastik vielleicht die Lösung?
Das birgt in der Tat viele Potenziale, macht aber momentan eher Probleme: „Bio-Plastik“ ist kein klar definierter Begriff, man weiß nie, wie die genaue Zusammensetzung aussieht und ob es sich dann wirklich zersetzt, es gibt keine einheitlichen Standards und die Entsorger wissen zum Teil noch gar nicht, wie sie mit diesem Material umgehen sollen.
Also selber hinschauen. Aber wo und wie lässt sich Verpackungsmüll beim Einkauf vermeiden?
Natürlich gibt es die klassischen Wochenmärkte, aber auch dort wird ja viel in Plastiktüten eingepackt. Ich persönlich nutze die dünnen Tüten, in die das Gemüse getan wird, einfach mehrmals. Auch Nachfüllpackungen sind sinnvoll, weil sie weniger Materialaufwand machen. Ich empfehle zudem, gezielt einzukaufen, damit nicht am Ende Lebensmittel weggeworfen werden müssen – da fliegt die Verpackung nämlich meist mit.
Tobias Quast ist Referent für Abfallpolitik und zuständig für den Berliner Energiecheck beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Mit ihm sprach Erik Wenk.
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