Der neue VW Touareg: Es werde Licht
Beim neuen Touareg setzt Volkswagen auf Luxus und digitale Finessen. Damit noch durch raues Gelände preschen? Selbstverständlich geht das, aber wer will das schon.
Auch Göttinnen brauchen hin und wieder ein Facelifting. Die DS („Déesse“) von Citroën war 1955 eine futuristisch anmutende Sensation, aber zehn Jahre später hielt der Hersteller die Zeit für eine Runderneuerung gekommen. Auffälligste Änderung war die Ablösung der Einzel- durch Doppelscheinwerfer, geschützt hinter gewölbten Glasscheiben. Der Clou: Die Fernscheinwerfer folgten dem Radeinschlag und garantierten so die optimale Ausleuchtung der Fahrbahn – im Rahmen damaliger Möglichkeiten.
Auch wenn vermutlich noch niemand den Touareg von Volkswagen trotz aller Qualitäten als göttlich gepriesen hat – irgendwie steht er mit seiner neuen, der dritten Generation schon ein wenig in der Tradition der augenrollenden DS. An neuen Lichtlösungen haben bereits viele Hersteller gebastelt, oft reicht es dann doch nur, schon des Preises wegen, für zusätzliche Lampen rechts und links, die aufleuchten, sobald der Fahrer am Lenkrad dreht. Nicht so der Touareg, für den Volkswagen gemeinsam mit dem Zulieferer Hella das optionale, schon durch den Namen Ehrfurcht heischende Lichtsystem „IQ.Light – LED-Matrixscheinwerfer“ entwickelt hat. Nichts erinnert darin noch entfernt an eine Glühbirne. Eine Batterie („Matrix“) von 128 LEDs pro Scheinwerfer erledigt alle Aufgaben der automobilen Illumination, Abblend- und Fernlicht, Vorfeldausleuchtung, Tagfahr- und Blinklicht.
Aber eben nicht stur nach dem althergebrachten Prinzip „Ein oder Aus“, sondern flexibel, je nach Situation, von der man mitunter nicht mal ahnte, dass es dafür eine spezielle Lichtlösung gäbe wie „Schilderentblendung“, „Überhol-“, „Schlechtwetter-“ oder „Offroadlicht“. Informationen aus der Frontkamera, Daten aus dem Navi, GPS-Signale, Lenkeinschlag, Geschwindigkeit und mehr fließen ein, sodass mal diese, mal jene LEDs ihr Licht spenden. Ja, man kann sogar über den „Dynamic Light Assist“ auf Dauerfernlicht schalten: Das Lichtsystem, offenbar von hohem IQ, wie der Name suggeriert, erledigt den Rest, sorgt dafür, dass entgegenkommende Fahrer im Lichtkegel ausgespart und nicht geblendet werden, bekommt mit, wenn die Straße plötzlich durch helleres Terrain, also offenbar eine Ortschaft führt, erkennt sogar, wenn man in Großbritannien oder Irland plötzlich links fahren muss. Und nähert sich ein Fußgänger bedenklich dem Fahrbahnrand, wird er auf dem Display des Fahrers erst gelb, dann rot markiert, schließlich gezielt dreimal angeblitzt und die Bremsanlage bereitet sich auf einen Notstop vor. Bei Tieren unterbleibe dies, so wird versichert, bei denen wisse man ja nie, wie sie reagieren, so plötzlich im Rampenlicht.
Mit Infrarotkamera durch die Nacht
Voraussetzung für diese zusätzliche Warnfunktion ist freilich, dass man sich zum „IQ.Light“ auch noch das ebenfalls optionale Assistenzsystem „Nightvision“ zulegt, eine Nachtsichtunterstützung mittels Infrarotkamera. Mit ihm sollte man das verdattert am Straßenrand verharrende Rehlein auch ohne Anblitzen erkennen.
Ohnehin sind viele der Neuerungen am Touareg optional, auch das „Windshield Head-up-Display“, mit dem zentrale Daten wie Geschwindigkeit, zulässiges Tempo, Streckenführung dem Fahrer direkt vor die Nase projiziert werden. Wenn dann noch das „Digital Cockpit“ hinterm Multifunktionslenkrad bei der Navigation hilft und rechts daneben das Infotainmentsystem „Discover Premium“ ebenfalls den Weg durchs Straßenlabyrinth weist, wahlweise in Kartenansicht, als Satellitenbild oder in einer Art 3D, hat man schon eine ganze Menge zu gucken – eine Informationsflut per Bildschirm, über die man sich vom Geschehen auf der Straße nicht ablenken lassen sollte. Schließlich sitzen wir noch immer in einem fahrenden Auto und nicht in einem Popkonzert, bei dem es egal ist, ob man auf die Videowand oder die Bühne guckt, auch wenn die Musik im Touareg über das – ebenfalls optionale – Dynaudio-Soundsystem mit 730 Watt aus den 14 Lautsprechern dröhnt.
Im Fahrzeugsystem lassen sich sieben Fahrerprofile speichern
Das vor dem Fahrer sich wölbende „Innovision Cockpit“ mit dem, was früher mal Armaturenbrett hieß, und dem seine Herkunft vom Autoradio strikt leugnenden Infotainmentsystem stellt eben einige Ansprüche an die Aufmerksamkeit des Fahrers. Schon weil es mit all den darin versammelten digitalen, mal diese, mal jene überraschende Wagenfunktion steuernden Zaubertricks dazu verleiten könnte, damit herumzuspielen, sollte man sich tunlichst im Stand erst mal damit vertraut machen. Die favorisierten Optionen lassen sich dann im Fahrzeugsystem speichern und beim Losfahren über den persönlichen Fahrzeugschlüssel oder übers Menü – möglich für sieben Fahrerprofile – aktivieren. Wem das alles zu kompliziert ist: Serienmäßig hat der Wagen analoge Instrumente.
Der Volkswagen-Konzern hat sich eben mächtig angestrengt, um mit der neuen Version des erstmals 2002 vorgestellten Touareg noch tiefer in die Luxusklasse vorzustoßen, rühmt ihn jetzt als sein „einziges Fahrzeug im Premiumsegment“, als den „SUV für die digitale Generation“. Zwar kann man mit ihm weiter problemlos durchs Gelände preschen, und für den, der damit unbedingt die Wüsteneien dieser Welt durchqueren will, bietet VW sogar ein besonderes Offroad-Paket mit größerem Tank, robustem Unterbodenschutzsystem und, für alle Fälle, zwei Abschleppösen. Aber gedacht ist der Wagen doch eher als durchdigitalisierte, ebenso bequem handhabbare wie zugstarke Luxuslimousine, mit gleich drei optionalen Ausstattungslinien fürs Interieur. Bei Nachtfahrten auf rauen Schotterpisten dürfte die angebotene, das Wageninnere dezent illuminierende Ambiente-Beleuchtung mit seinen auf Wunsch in 30 möglichen Farben schimmernden Lichtleisten etwas seltsam, ja unpassend anmuten. Beim abendlichen Cruisen auf Großstadtstraßen dagegen mag es auf den Besuch in einer Bar oder wo auch immer einstimmen. Ein netter Einfall auch die optionalen Vordersitze mit achtfach programmierbarer Massagefunktion – bei Langstreckenfahrten für Fahrer und Beifahrer sicher ebenso angenehm wie bei Kurvenfahrten die „elektromechanische, aktive Wankstabilisierung“: Die Schaukelei wird so reduziert – segensreich für Insassen, die zur Reiseübelkeit neigen.
Dabei müssen sich bekennende Touareg-Fahrer beim Umsteigen auf die dritte Generation ihres Traumautos nicht einmal sorgen, dass der Wagen noch sehr gewachsen sein könnte, die üblichen Parkplatzmaße ihm noch weniger als bisher entsprächen: Gut vier Zentimeterchen mehr in der Breite und knapp acht in der Länge – das ist alles. Auch in der Außenansicht wurde nur behutsam retouchiert, noch am stärksten hat man die Frontpartie überarbeitet, die mit ihrer geschickt integrierten, mit dem Kühlergrill gleichsam zur Einheit verschmolzenen LED-Lichtorgel erheblich eleganter wirkt als der noch etwas bullige Vorgänger.
Zum Allradantrieb gibt es nun auch noch die Allradlenkung
Sind also die Außenmaße halbwegs gleich geblieben, so ist doch der nun 810 Liter fassende Kofferraum um 113 Liter gewachsen, das Gewicht dank der Alu-Stahl-Karosserie um 106 Kilo gesunken und der Wendekreis um einen auf 11,20 Meter geschrumpft – nur 20 Zentimeter mehr als der Golf. Erreicht wird diese neue Wendigkeit durch eine weitere technische Finesse: Neben dem serienmäßigen Allradantrieb gibt es – wiederum optional – nun auch die Allradlenkung. Bis 37 km/h schlagen die Hinterräder entgegengesetzt zu den Vorderrädern ein, bei höherem Tempo in gleicher Richtung. beides in kleinerem Winkel. Der Wagen wird dadurch beim Einparken und Manövrieren wendiger und bei schnellen Spurwechseln, etwa beim Überholen oder plötzlichem Ausweichen, im Verhalten ruhiger.
Das macht den Touareg – verglichen mit dem Golf eben doch ein automobiles Dickschiff – selbst auf engen Straßen wie bei der Testfahrt durch die Tiroler Bergwelt entspannt handhabbar, wenngleich die Kraft des V6-Turbodiesels mit seinen 286 PS dort nur zu erahnen war. Um sie zu bändigen, helfen insgesamt 20 verfügbare, serienmäßige wie optionale Assistenzsysteme fürs teilautomatisierte Fahren. Einiges ist neu, neben dem Nachtsichtassistenten mit seiner Wärmebildkamera etwa der durch Radarsensoren gesteuerte „Kreuzungsassistent“, der vor seitlich sich dem Vorderwagen nähernden Verkehr warnt und notfalls bremst, der „Baustellenassistent“ für Probleme mit der Fahrzeugbreite oder der „Trailer Assist“ fürs Rangieren mit Anhänger.
Andere Helferlein sind bei Neuwagen dieser Klasse Standard, so der „Front Assist mit City-Notbremsfunktion und Fußgängererkennung“. Historische Vorbilder wie für die LED-Matrix, doch gefeit gegen digitale Fehleinschätzungen, die „intelligenten“ Autos immer mal wieder unterlaufen sind, gibt es freilich auch hier – selbst im Kino war das zu sehen. So lässt sich in „The King’s Speech“ die Herzogin von York, Ehefrau des späteren Königs George VI., auf dem Weg zum Stimmtherapeuten ihres stotternden Gemahls durch London kutschieren – im Schritttempo, des dichten Nebels wegen. Und damit garantiert nichts passiert, schreitet ein Bediensteter vor dem Wagen einher: die Urversion des „Front Assist“.
TECHNISCHE DATEN
Abmessungen (L/B/H): 4,88 m/1,98 m/ 1,70 m
Leergewicht: 1995 Kilo; mögliche Anhängelast: 3,5 Tonnen
Antrieb: 3.0 V6 TDI, 286 PS, Drehmoment 600 Nm, Schadstoffklasse Euro 6d-Temp (weitere Motoren in Vorbereitung)
Höchstgeschwindigkeit: 238 km/h; 0-100 km/h: 6,1 Sekunden
Getriebe: 8-Gang-Automatik
Verbrauch: 6,9 Liter/100 km (kombiniert gemessen)
Preis: Ab 60 675 Euro
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