Mobbing an Berliner Schulen: "Es fängt mit der Beziehung zwischen Lehrern und Schülern an"
Prävention gegen Mobbing sollte für alle Schulen verpflichtend sein, sagt Landesschülersprecherin Eileen Hager. Ein Interview.
Eileen Hager, 18, ist Vorsitzende des Landesschülerausschusses Berlin. Sie besucht die Fritz-Reuter-Oberschule in Lichtenberg. Engagement gegen Mobbing an Schulen zählt sie zu ihren Hauptanliegen.
Frau Hager, wird an Berliner Schulen genug gegen Mobbing getan?
Nein, und es muss sich endlich etwas ändern. Es ist traurig, dass erst so ein drastischer Fall wie jetzt der Tod einer Elfjährigen das Problem wieder sichtbar macht. Es ist eigentlich ein Dauerthema.
Was muss sich an den Schulen ändern?
Es fängt mit der Beziehung zwischen Lehrern und Schülern an. Das Verhalten der Lehrer hat einen großen Einfluss auf das Schulklima. Die Lehrer sollten den Schülern vermitteln: Wir sind auf Augenhöhe, ich nehme dich ernst. Und wenn sie merken, dass etwas nicht stimmt, sollten sie auf die Schüler eingehen. Wir brauchen außerdem mehr Sozialpädagogen, die sich mit Mobbing auskennen, und es muss für alle Schüler klar sein, an wen sie sich wenden können.
Ist das momentan nicht der Fall?
Nein, zumindest nicht an allen Schulen. Es gibt nicht an allen Schulen Sozialarbeiter. Es sollte aber Personen dort geben, die das hauptberuflich und aktiv angehen. Eine Person reicht da nicht, und es geht auch nicht, dass Lehrer das nebenher machen. Es muss jemand zuständig sein.
Wie könnte das aussehen: das Problem aktiv angehen?
Zum Beispiel, indem mehr und regelmäßig etwas zur Prävention getan wird. Alle Schulen sollten verpflichtet sein, ein Präventionskonzept gegen Mobbing zu haben. Man könnte beispielsweise jedes Jahr einen Präventionstag für die ganze Schule veranstalten, bei dem sich Schüler und Lehrer in Workshops damit auseinandersetzen. Die Schüler sollten außerdem den Freiraum bekommen, sich auch selbst und untereinander damit zu befassen. An meiner Schule haben wir ein Buddy-Programm, bei dem ältere Schüler geschult werden und das dann an jüngere Schüler weitergeben. Die älteren Schüler gehen direkt in die Klassen der jüngeren Schüler und reden darüber. Es ist für Schüler manchmal einfacher, sich an andere Mitschüler zu wenden, von denen sie wissen, dass diese sich auskennen.
Was würden Sie persönlich tun, wenn ein Schüler oder eine Schülerin auf sie zukommt und wegen Mobbings um Hilfe bittet?
Ich würde zunächst zuhören, wie es dem Schüler geht und wie sehr ihn das Problem belastet. Dann würde ich mit ihm zu einem Sozialpädagogen gehen, oder zumindest anbieten, ihn zu begleiten. Und ich würde auch vorschlagen, mit den Leuten, die mobben, zu reden, oder mich als Vermittlerin zur Verfügung stellen.
Der aktuelle Fall betrifft eine Grundschule. Sollte man mit der Prävention früher ansetzen?
Unbedingt. Das muss bereits in der Grundschule geschehen. Schulen sollten sich vornehmen, das Problem an der Wurzel zu packen. Workshops zu Toleranz und Respekt können an Grundschulen ja spielerischer ablaufen. Ich würde außerdem jeder Schule raten, über Projekte, an denen alle Schüler teilnehmen, das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Zum Beispiel über Schulfeste, bei denen alle mithelfen, mitorganisieren. Solche Dinge können das Schulklima verbessern. So kann ein Gefühl entstehen: Wir sind eine Gemeinschaft und wir alle sind in der Verantwortung.
Das Gespräch führte Sylvia Vogt.
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