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Das Stadtschloss wird wieder errichtet neben Humboldt-Forum und Berliner Dom.
© dpa

Humboldtforum: Erste Schritte durch das imaginäre Stadtschloss

Das Humboldtforum nimmt Gestalt an: Am 1. Juni können die Berliner die Baustelle des rekonstruierten Berliner Schlosses besichtigen, gerechnet wird mit über 15 000 Besuchern.

Gleich zu Anfang der Baustellenbesichtigung muss Manfred Rettig die anwesenden Journalisten enttäuschen: Berichtenswerte Probleme gebe es beim Bau des Humboldtforums nicht. "Die Arbeit läuft reibungslos ab, wir kommen mit unseren 590 Millionen Euro aus und es gibt keine Termin-Probleme", so der Vorstand der Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum.

Man glaubt es gern angesichts des schnellen Wachstums der Baustelle – das zweite Obergeschoss wird schon betoniert – und der regen Betriebsamkeit der rund 150 Arbeiter, die hier jeden Tag tätig sind: Überall wird gehämmert, gebohrt, gesägt und laut gerufen, der Boden ist übersät mit Metallstangen, Schläuchen und Werkzeugen, sieben Kräne drehen sich über dem zu zwei Dritteln fertig gestellten Rohbau, der im Dezember komplett stehen soll.

Architekten und Bildhauer antworten am Sonntag auf Fragen zur Baustelle

Am Sonntag wird hier nicht gearbeitet, denn am ersten Juni lädt die Stiftung zum bislang zweiten Tag der Offenen Tür auf der Baustelle, um den Berlinern die Chance zu geben, die aktuellen Fortschritte zu begutachten. Mitarbeiter aller beteiligten Institutionen und Planerbüros werden für Fragen zur Verfügung stehen, Bildhauer der Schlossbauhütte werden ihre Arbeit erläutern und Besucher können an großen Modellen sehen, was später aus den jetzigen Beton-Räumen werden soll.

Der erste Tag der offenen Tür hatte vor einem Jahr stattgefunden – damals war gerade mal der Grundstein gelegt worden. 15 000 Besucher waren 2013 gekommen; für den Sonntag rechnet Rettig mit ähnlichen Zahlen.

Vor allem können die Besucher am Sonntag eine Vorstellung von den Dimensionen bekommen, die das 21 000 Quadratmeter große Gebäude mit seinen 40 000 Quadratmetern Nutzfläche besitzt. "Hier würden 400 Einfamilienhäuser reinpassen", meint Rettig. Besichtigt werden können unter anderem die große Fußgängerpassage, der Schlüterhof und die große Eingangshalle, in der später einmal Konzerte und andere Großveranstaltungen stattfinden sollen. In früheren Zeiten war die Halle oben offen – im fertigen Zustand wird sie von einem 30 Meter hohen Glasdach bedeckt sein. Über dem nahegelegenen Eingangsportal ragt bereits eine Menge Stahl aus dem Beton. "Dort kommt dann die Kuppel rauf", erklärt Rettig.

Ebenfalls nachvollziehen können die Besucher die künftige Kreuzung, durch die das Humboldtforum Tag und Nacht für die Öffentlichkeit auf einer Nord-Süd- und einer Ost-West-Achse durchquerbar sein wird. Vandalismus fürchtet Rettig nicht: "Wenn Graffiti-Sprayer Respekt vor einem Gebäude haben, dann tasten sie es eigentlich nicht an. Das kann man auch auf der Museumsinsel sehen."

Raumerweiterung durch unterirdischen Tunnel

Anfang 2018 möchte die Stiftung den Bau im Wesentlichen abgeschlossen haben, ab Mitte 2019 soll dann mit der Eröffnung der Museen, des Restaurants, des Museumsshops und dem Sprachen-Zentrum der Zentralen Stadt- und Landesbibliothek (ZLB) begonnen werden. Sollte die ZLB jemals Platzprobleme bekommen, könnten deren Kapazitäten durch einen besonderen Clou sogar erweitert werden: Zwischen dem Schloss und dem gegenüberliegenden Marstall besteht nämlich ein unterirdischer Tunnel – laut Rettig könnte dieser für eine Verbindung zwischen ZLB und Marstall genutzt werden, wenn diese dort weitere Räume nutzen wolle.

Rettig tritt in den Bereich zwischen Eingangshalle und Fußgängerpassage und zeigt nach links und recht: "Auf die eine Seite kommt eine Steintreppe, auf die andere eine Rolltreppe." Dafür habe man sich wegen der erwarteten hohen Besucherzahlen entscheiden; die Stiftung rechnet im Humboldtforum mit etwa drei Millionen Gästen jährlich. Noch braucht man etwas Fantasie, um sich den kahlen Rohbau als kulturelles Zentrum und Veranstaltungsort vorzustellen, doch die besitzt Manfred Rettig zweifellos: "Hier könnte man auch einen Weltwirtschaftsgipfel abhalten", spekuliert der Architekt.

Spenden für die Fassadengestaltung steigen an

Fantasie braucht man auch noch für die historischen Fassade: Mit ihr wird im Frühjahr 2015 im Sockelbereich begonnen. Die Mehrkosten für die barocke Rekonstruktion betragen 80 Millionen Euro, die durch Privatspenden zusammenkommen sollen. Vor allem über den Förderverein Berliner Schloss e.V. hat die Stiftung laut Stiftungs-Pressesprecher Bernhard Wolter bislang 19 Millionen Euro an Barspenden erhalten, dazu kommen Sachleistungen, die der Förderverein mit etwa zehn Millionen Euro ansetzt.

Bis vor kurzem seien die Spender noch zurückhaltend gewesen, so Rettig, doch seit der Rohbau wächst und die künftige Gestalt des rekonstruierten Berliner Schlosses immer sichtbarer wird, sei das Aufkommen deutlich gestiegen. "Dank einem Großspender können wir nun auch die Sandstein-Elemente in der historischen Kuppel bauen." Auch etwa 85 Prozent der Gips-Muster der künftigen Schmuckelemente für die Fassade seien bereits fertig.

Gut möglich, dass sich bald weitere Spender melden, wenn sie am Sonntag die ersten Schritte durch das imaginäre Stadtschloss tun. Dazu braucht es nur gutes Wetter – und etwas Fantasie.

Tag der Offenen Tür in der Baustelle des Humboldtforums, 1.6., 10 – 18 Uhr, Eintritt frei, Helme müssen nicht getragen werden

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