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Sollen für Sicherheit sorgen: Berliner Polizisten bei einer Großveranstaltung am Brandenburger Tor.
© Bernd von Jutrczenka/dpa

Polizeilichen Notstand prüfen: Erdogan und Hertha bringen Berlins Polizei an ihre Grenzen

Der türkische Präsident kommt und Hertha spielt gegen die Bayern – für Berlins Polizei ist das nicht mehr zu schaffen, sagt der Personalrat.

Die Berliner Polizei wird an die Grenzen ihrer Kapazitäten kommen. Das hat Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) bereits vor zwei Wochen erklärt. Denn der Aufwand für den Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan Ende September und für die darauffolgenden mehrtägigen Feiern zur deutschen Einheit ist groß. Berlin werde wie bei Staatsbesuchen etwa von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu oder von US-Präsidenten in der Vergangenheit zu einer Festung, hieß es bereits.

Wie groß die Anspannung bei der Polizei ist, hat nun der Gesamtpersonalrat der Behörde am Dienstag deutlich gemacht. Die oberste Personalvertretung für 25.000 Mitarbeiter hat den Innensenator aufgefordert, die Ausrufung eines polizeilichen Notstands in Berlin zu prüfen. Das hätte weitreichende Folgen für andere Veranstaltungen in der Stadt. Der Gesamtpersonalrat fordert von Geisel etwa, wegen der Personalnot und der angespannten Lage das für den 28. September angesetzte Freitagabend-Bundesligaspiel von Hertha BSC gegen den FC Bayern München im Olympiastadion zu verschieben.

Proteste und Demos erwartet

Erdogan wird am 28. und 29. September zum Staatsbesuch in Berlin erwartet. Die Sicherheitsbehörden werden vor allem mit den Protesten und Demonstrationen am Rande zu tun haben. Befürchtet werden bereits angekündigte Aktionen der linksextremen Szene, die die auch in Deutschland verbotene Kurdische Arbeiterpartei PKK unterstützt. Zugleich wird mit Gegenaktionen von Erdogan-Anhängern und türkischen Rechtsextremisten gerechnet. Daneben gibt es zahlreiche Demonstrationen, die auf die Lage der Menschenrechte in der Türkei aufmerksam machen wollen.

An den Erdogan-Besuch schließen sich die Einheitsfeiern von 1. bis 3. Oktober an, die Berlin in diesem Jahr austrägt. Insgesamt sind in der Zeit vom 27. September bis zum 3. Oktober zahlreiche Versammlungen angemeldet. Neben vielen kleineren Demonstration am Freitag ist für Sonnabend, 28. September, eine Großdemonstration der linken Szene zum Brandenburger Tor geplant – gegen Erdogan, aber auch gegen die angeblichen „Feinde in der deutschen Bundesregierung“. Auch die kurdische Gemeinde selbst ruft zu Protesten auf. Daneben sind auch Demonstrationen zu anderen Themen angemeldet, etwa gegen steigende Mieten oder gegen Tierversuche. Weitere Demonstrationen sind für den Tag der Einheit angekündigt.

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Nicht genug Polizeibeamte

Wegen der Einsatzlage hat der Gesamtpersonalrat Geisel nun gebeten, ob eine unter Berufung auf einen polizeilichen Notstand eine Verbotsverfügung für das Bundesligaspiel und möglicherweise auch für andere Veranstaltungen erlassen werden kann. Zwar ist das Partie Hertha gegen Bayern nicht als Risikospiel eingestuft worden, bei dem Ausschreitungen gewaltsamer Fans zu rechnen wäre. Allerdings sind nur noch wenige Karten zu haben, das Spiel ist ein Zuschauermagnet.

Um das Spiel abzusichern sind den Angaben zufolge etwa 300 Beamte nötig. Die würden, so sieht es der Gesamtpersonalrat, aber dringender gebraucht, um die Demonstrationen und Protest rund um den Erdogan-Besuch abzusichern. Auch die Bundespolizei wäre durch das Spiel zusätzlich in Anspruch genommen, um die Abreise der Fans mit der Bahn zu begleiten.

Bereits jetzt sei absehbar, dass die Zahl der zur Verfügung stehenden Beamten nicht ausreichen wird, warnen die Personalvertreter. Die Zahl der Beamte werde nicht reichen, um Sicherheit und Ordnung in Berlin aufrechtzuerhalten. Rechtliche Verstöße bei der Arbeitszeit seien nicht hinnehmbar. Und noch immer sei nicht klar, wie viele Hundertschaften aus anderen Bundesländern nach Berlin entsandt werden. Die werden nämlich auch an andere Stelle gebraucht, etwa in Nordrhein-Westfalen: Denn Erdogan wird am Samstag, 29. September, auch in Köln erwartet, wo er vor Deutsch-Türken sprechen will.

Wegen der angespannten Personalsituation sei der Durchsetzung und Absicherung des Versammlungsrecht wichtiger als eine von der Deutschen Fußball Liga vorgesehene Sportveranstaltung, hieß es beim Gesamtpersonalrat. Herthas Heimspiel jetzt noch rechtzeitig zu verschieben, sei durchaus zumutbar.

Die Polizei wollte den Ruf nach einer Notstandserklärung nicht direkt kommentieren. Ein Sprecher sagte auf Anfrage, die Behörde sei auch durch die Unterstützung aus anderen Bundesländer gut aufgestellt. Es habe immer wieder große Einsätze in Berlin, gerade bei Staatsbesuchen, gegeben. Dennoch sei es eine Herausforderung.

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