Schöneberg: Eisdielenwirt soll homosexuelle Gäste schikaniert haben
Ein Eisdielenwirt im Nollendorfkiez soll mehrfach Homosexuelle beleidigt haben. Ein lesbisches Pärchen wurde sogar aus dem Vorgarten seines Ladens geworfen. Der Geschäftsmann verteidigt sein Vorgehen mit dem Schutz von Kindern und Migranten.
Es ist eine erste Adresse für leckeres Eis: „Dolce Freddo“ in der Maaßenstraße nahe dem Nollendorfplatz, mitten im beliebtesten Ausgehviertel Berlins für Homosexuelle. Doch wegen homophober Äußerungen gerät der Betreiber ins Visier der Polizei. Am vorigen Sonntag soll der Wirt vor dem Eisladen ein lesbisches Paar verbal attackiert und des Platzes verwiesen haben. Der Verdacht besteht, dass es dies nicht der erste Vorfall dieser Art war.
„So etwas habe ich noch nie erlebt in meinem Kiez“, sagt eine der Frauen. Die 28-Jährige schilderten den Vorfall so: Sie habe sich Sonntag gegen 19.10 Uhr mit ihrer Freundin auf eine Bank vor dem Eisladen gesetzt, weil sie dort mit Freunden verabredet gewesen seien. In den fünf Minuten „Wartezeit“ hätten sich die Frauen auf den Mund geküsst und umarmt. „Daraufhin kam der Ladeninhaber herausgestürmt und sagte, wir sollen uns sofort entfernen – wir wüssten schon warum.“ Die 28-Jährige habe daraufhin eine Erklärung von ihm verlangt. Er habe schließlich gebrüllt: Zwei Frauen, die sich hier küssen bediene er nicht. Sie sollten sich „verpissen“. Und auch der Satz „Mit so Leuten wie Euch rede ich nicht“ sei gefallen. Dies haben offenbar mehrere Zeugen mitbekommen, die dort saßen. Darunter war auch Holger Schweitzer. „Ich wollte den Mann zur Rede stellen, doch er fragte mich, ob ich etwa auch schwul sei“, berichtet Schweitzer. In der Folge habe sich der Inhaber homosexuellenfeindlich geäußert. Die 28-jährige Frau rief dann wegen des Vorfalls die Polizei. Die Pressestelle bestätigte gestern, dass eine Anzeige vom Vorfall am Sonntagabend vorliegt. Der Eisladen ist übrigens nicht mit der benachbarten Pizzeria „Dolce Pizza“ zu verwechseln, die einen anderen Betreiber hat. Schwule Gäste sind dort ausdrücklich willkommen.
Der Tagesspiegel konfrontierte den Eisdielenwirt, vor dessen Ladentür jedes Jahr im Juni zehntausende Besucher das schwul-lesbische Straßenfest feiern, mit den Vorwürfen. Seine Reaktion war unwirsch: Der Platz vor seinem Eisladen sei Privatgrundstück, und er könne dort von seinem Hausrecht Gebrauch machen, sagte er. Auf die Frage, ob ihn der Kuss der beiden Frauen gestört habe, entgegnete der Mann: „Die haben 20 Minuten herumgeknutscht. Das können die zu Hause machen, aber nicht hier bei mir.“ Schließlich schauten auch Kinder zu, und er habe auch türkische und arabische Kunden, die so etwas nicht wollten.
Bastian Finke vom schwulen Überfalltelefon „Maneo“ berichtet noch von zwei ähnlichen Vorfällen in Zusammenhang mit dem Lokal: Am 7. April meldete ein Augenzeuge, dass zu zwei Männern, die Arm in Arm vor dem Eisladen standen, gesagt worden sei: Sie sollten sich entfernen, damit derartige Berührungen nicht mit dem Geschäft in Verbindung gebracht würden. Im Mai 2007 meldete ein schwules Paar (34 und 27 Jahre): Sie hätten in der Schlange vor der Eisdiele gestanden und sich einen kurzen Kuss gegeben. Daraufhin habe der Inhaber gesagt: „Hey, bleibt mal cool. So etwas könnt ihr zu Hause machen, aber nicht bei mir.“