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Das ehemalige Pfarr-und Gemeindehaus der Golgatha-Gemeinde in der Tieckstraße ist jetzt ein Haus für obdachlose Frauen.
© Laura Hofmann

Zweckentfremdung: Einrichtung für obdachlose Frauen soll Tausende Euro zahlen

Weil es Wohnraum entziehe, steht ein Projekt für obdachlose Frauen in Mitte auf der Kippe. Die gemeinnützigen Betreiber sind entsetzt.

Von Laura Hofmann

Es ist ein in Berlin einmaliges Projekt: Mitten in einem der hochpreisigsten Kieze der Stadt, in der Tieckstraße 17 in Mitte, haben das Diakonische Werk und die Koepjohann'sche Stiftung am Dienstag eine Einrichtung für obdachlose Frauen eröffnet. Insgesamt 48 Frauen und einige Kinder sollen hier ab Mitte März untergebracht und betreut werden: von der Notübernachtung, Zimmern für Frauen mit und ohne Kinder bis hin zu Einzelapartments für betreutes Wohnen.

Aber 34 Plätze für Frauen und deren Kinder stehen jetzt unerwartet auf der Kippe. Der Bezirk muss diese Hilfsbedürftigen zwar nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) unterbringen und ist deshalb eigentlich froh über die neuen Plätze an der Tieckstraße. Doch zugleich fordert das Bezirksamt von den Betreibern eine Zweckentfremdungsabgabe in Höhe von etwa 4000 Euro monatlich.

Die Begründung: Laut verschärftem Gesetz erfüllt auch die Unterbringung von Obdachlosen oder geflüchteten Menschen zu Tagessätzen in Wohnräumen den Tatbestand der Zweckentfremdung. Das denkmalgeschützte Gebäude war früher ein Pfarr- und Gemeindehaus. Der Hintergrund: Einige Träger verdienen mit der Unterbringung von Wohnungslosen Geld.

Nicht so in diesem Fall: „Jetzt sollen wir Geld dafür bezahlen, dass wir Frauen und Kindern, die sonst auf der Straße leben, eine Unterkunft und Zukunftsperspektiven bieten“, ärgert sich Monika Lüke, Geschäftsführerin des Diakonischen Werks Berlin Stadtmitte. „Dabei erzielen wir ja selbst keinerlei Gewinn  – wir sind eine gemeinnützige, kirchliche Einrichtung.“

Zuständige Stadträtin verweist auf die Rechtslage

Das Vorgehen sei "an Absurdität nicht zu überbieten", findet auch Heidrun Lüdtke, Geschäftsführerin der Koepjohann'schen Stiftung. Diese habe fast drei Millionen Euro in das Projekt investiert.

Die zuständige Stadträtin Ramona Reiser (Linke) verweist auf Nachfrage wiederum auf die Rechtslage, wonach ein „grundsätzlicher Verzicht auf Ausgleichszahlungen ohne Prüfung weder ein gesetzeskonformes Handeln der Verwaltung noch ein angemessener Umgang mit dem äußerst knappen Gut Wohnraum“ sei.

Sie sagt aber auch: Wenn die Zahlung die Existenz der Einrichtung bedrohe und die Betreiber dies darlegen, würde der Bezirk die Sache „wohlwollend prüfen“.

Laut Alexander Fischer (Linke), Staatssekretär für Soziales, trifft die strenge Auslegung des Zweckentfremdungsverbotsgesetz hier erstmals einen gemeinnützigen Träger derart hart. „Wir werden das lösen“, versprachen er und Ephraim Gothe (SPD), Baustadtrat von Mitte.

Wie viele Obdachlose genau in Berlin leben, ist nicht bekannt. Schätzungen gehen von 4000 bis 10.000 Menschen aus, davon sind etwa ein Drittel Frauen. Der Senat plant für Mitte des Jahres eine Zählung aller auf der Straße lebenden Personen.

Hinzu kommen Wohnungslose, also Menschen, die keine eigene Wohnung haben, sondern lediglich bei Bekannten unterkommen. Davon gibt es in Berlin etwa 38.000.

Bundestagsabgeordnete Eva Högl (SPD), die ihren Wahlkreis in Mitte hat, sagte bei der Eröffnung: „Es braucht noch viel mehr Einrichtungen spezifisch für Frauen." Obdachlose Frauen seien oftmals nicht so sichtbar wie obdachlose Männer. Einrichtungen nur für Frauen gibt es in der Stadt in der Tat nur sehr wenige. Ihr Bedarf ist aber enorm, weil viele der Betroffenen Gewalt durch Männer erfahren haben und auf eine Unterkunft angewiesen sind, die nur für Frauen offen ist.

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