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Katharina Bäuml vom Förderverein des Musikinstrumentenmuseums ist Oboistin - und begeistert sich für die Schalmei.
© Thilo Rückeis

Tag der offenen Tür im Musikinstrumentenmuseum: Einladung zum Tuten und Blasen

Von der Schalmei bis zur großen Kino-Orgel: An diesem Sonntag kann man das Musikinstrumentenmuseum ohne Eintritt erkunden - und in Nachbarschaft der Philharmonie bei Workshops und Konzerten Erstaunliches erleben

Mitten im Satz wird Katharina Bäuml von einer lauten Fanfare unterbrochen. Hohe Decken, blecherne Kraft, nichts zu machen – außer schmunzelnd abzuwarten, bis die lautstarke Einlage aus dem Kreis einer Schülergruppe vorüber ist. Das Musikinstrumentenmuseum Berlin ist für Überraschungen gut. Die wertvollen, filigran gearbeiteten Ausstellungsstücke verleiten vielleicht zu andächtigem Flüstern, doch das legt sich spätestens, wenn die Führung die Kino-Orgel erreicht. Da donnert nämlich John Williams’ „The Imperial March“ durch den Raum und macht selbst ein gebrülltes Gespräch unmöglich. Solch ein Besuch ist unterhaltsam – und am heutigen Sonntag auch noch kostenlos. Denn das Museum lädt zum Tag der offenen Tür.

Da kann man zum Beispiel erfahren, dass „die Orgel eigentlich ein Blasinstrument ist“, wie Katharina Bäuml erklärt. Am Positiv, einer bescheideneren Variante, lässt sich das gut illustrieren: Während der Spieler in die Tasten greift, muss ein Assistent den Blasebalg bedienen. Bäuml ist eigentlich Spezialistin für handlichere Geräte: Die Musikerin studierte Oboe, ehe sie der Liebe zur historischen Aufführungspraxis nachgab und sich dem Holzblasinstrument Pommer widmete. Oder deren Vorläuferin, der Schalmei, die Bäuml auch in ihrem Ensemble spielt. Mit der „Capella de la Torre“ eröffnet am Sonntag das Gründungsfest der „Freunde des Musikinstrumenten-Museums Berlin“. Der Förderverein lädt zur Entdeckungsreise: Gesprächsrunden, Vorträge, Workshops, virtuelle Akustikstreifzüge. Kinder sind eingeladen, sich im Mitmach-Konzert durch 30 000 Jahre Musikgeschichte zu rasseln. Einer der Höhepunkte ist die Vorführung der klanggewaltigen Kino-Orgel. Die „Mighty Wurlitzer“ ist eines der größten Exemplare ihrer Art – und eines der jüngeren Exponate. Das wuchtige Instrument wurde zur Begleitung von Stummfilmen erfunden. Wie es Bassgrollen oder Vogelzwitschern erzeugt, lässt sich sogar beobachten: Die Glocken, Trommeln und Pfeifen sind durch Glasfenster zu sehen. „Es lohnt sich auf jeden Fall“, sagt Bratschistin Mireya Salinas über den gesamten Rundgang, der vorbei an Cembali, Harfen, Rundbögen und Basstuben führt. Sie leitet seit einem Jahr die Geschäftsstelle des Museums, das wöchentlich bis zu zehn Kinder- und Jugendgruppen durchstreifen. Zwar sind für die Kleinsten eine im Schaukasten hängende Stradivari oder Carl Maria von Webers Hammerflügel eher interessant, weil sie so furchtbar wertvoll und teuer sind. Der exotische Anblick des „Wurstfagotts“, in der Fachsprache Rankett und im Vergleich zu seinem symphonischen Nachfolger erstaunlich kompakt, weckt aber Neugier. Ansonsten gibt es zum Beispiel noch Geigen mit Ausbeulungen, als wären sie von Dalí, zu bestaunen oder die Vitrine mit „Klangerzeugern“ aus Getränkedosen, Schläuchen und einem Joghurtbecher. „Es gibt nicht viele Sammlungen von vergleichbarem Umfang“, sagt Salinas nicht ohne Stolz. „Allenfalls die in der New York Met.“

Bäumls persönliches Highlight der Sammlung lagert am Kopf der Eingangshalle: die Naumburger Blasinstrumente einer mitteldeutschen Stadtpfeiferei. Natürlich achteten die Wissenschaftler im Haus auf eine möglichst schonende Lagerung, natürlich komme die für Musiker aber einer Verschwendung gleich. Um den Verschleiß möglichst gering zu halten, wurde zuletzt vor knapp 30 Jahren eine Aufnahme mit den Originalen erlaubt. „Aber falls es demnächst wieder soweit sein sollte“, meint Bäuml lachend, „stehen wir in den Startlöchern.“

Fest der Freunde. Der Förderverein feiert heute ab 12 Uhr. Musikinstrumentenmuseum, Tiergartenstraße 1/Eingang Ben-Gurion-Straße. Eintritt frei.

Tilman Strasser

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