Fashion Week in Berlin: Eine Party für die Jungdesigner
Die Gewinner dieser Fashion Week sind die jungen Designer. Nachdem die großen Unternehmen wegblieben, haben sie die Show geschmissen und das Image der deutschen Mode für das nächste Jahr geprägt. Trends gehen dabei zu tragbarer Mode und ökologischer Nachhaltigkeit.
Stiller war´s auf dieser Fashion Week und entspannt. Bisher war es so: Die großen Marken musste man sich anschauen, die kleinen wollte man. Daraus ergab sich am Ende der Woche ein Bild, wie Deutschland im nächsten Jahr aussehen könnte.
Aber natürlich tragen die Leute gar nicht so viel deutsche Mode, die spanische und schwedische dominieren das Straßenbild. Wenn sich selbst für Hugo Boss die Prioritäten nach Asien verschieben, weil in Europa die Umsätze stagnieren, dann ist das schon ein Zeichen. Jetzt ist also die Handvoll Traditionsmarken, die es länger gibt als das wiedervereinigte Berlin, weg von der Fashion Week.
Pünktliche Abendtermine? Ein Novum.
Und alles verschiebt sich: Die Abendtermine dauern nur so lange, wie ein Designer für eine Modenschau braucht (zehn Minuten plus eine halbe Stunde drumherum). Das Warten auf die letzten Hollywoodstars entfällt, und andere Prominente wie Boris Becker sind inzwischen auch pünktlich.
Erstaunlich ist, wie die Leerstelle vor allem von den Berliner Designern gefüllt wurde. Einige zogen aus dem weißen Zelt der Mercedes-Benz Fashion Week aus und füllten die Säle und Plätze, die es sonst in der Stadt gibt. Das sah nicht, wie es bei den perfekt organisierten großen Modefirmen oft der Fall war, wie der kalkulierte Bruch von Perfektion zu schrammeligem Berliner Leerstand aus.
Dass die Modewoche nun von einer jungen Generation von Designern bestimmt wird, ist beachtlich. Von den Designern wie Vladimir Karaleev, Michael Sontag und Dawid Tomaszewski haben viele gerade mal ihren 30. Geburtstag gefeiert und sind schon seit einigen Jahren mit ihren Kollektionen in Berlin präsent. Oder Perret Schaad, die nach ihrem Debüt vor vier Jahren als „Jil Sanders Töchter“ gefeiert wurden und wenig später den Vorwurf bekamen, immer das Gleiche zu machen. Mit ihrer Schau haben sie einen wichtigen Schritt getan: Die Kleider waren schön, tragbar und der Markenidentität treu. Das nennt man Professionalisierung, und die konnte man allerorten besichtigen.
Lesen Sie weiter über Erwartungen und die Preispolitik der Bread & Butter
Der Erwartung, dass die neue Designergeneration für das Image der deutschen Mode sorgen muss, wurde ein ganzes Dutzend Labels gerecht. Die beiden Designer von Achtland tauchten in dieser Saison erstmals wie Eintänzer auf der Tanzfläche auf, sie verschoben mit ihren handwerklich bis ins kleinste Detail gearbeiteten, wunderschönen Kleidern die Standards deutlich nach oben.
Und noch etwas wurde durch den neuen Fokus auf die kleineren Labels geschärft: die Achtsamkeit, mit der Kleidung erdacht, produziert und verkauft wird. Ethische und ökologische Fragen wurden nicht nur auf den Ökomodemessen gestellt, sondern auch auf der Premium. Hier erzählte Pharell Williams, was er gegen die Meeresverschmutzung tun will: Stoff für neue Kleider aus Müll.
Vom Salon zur Disco
Wenn die Modenschauen die kleinen, feinen Salons sind, dann sind die Messen die Großdiscos. Die Bread & Butter, neuerdings die Messe mit den schärfsten Türstehern, hat sich mit ihrer Ankündigung, nun 500 Euro für eine bestimmte Besuchergruppe zu nehmen, keinen Gefallen getan: Einige Fachleute stornierten ihre Hotelbuchungen kurz vor Messebeginn, so dass es dieses Mal noch kurz vor Start freie Zimmer in der Stadt gab.
Vielleicht liegt es auch an dieser Abschottung, dass dieses Mal auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof weniger Aufregung zu spüren war. Sicher haben auch die miesen Umsätze im Frühjahr und die folgende Preisreduzierung zur verhaltenen Stimmung beigetragen.
Dadurch stehen aber Hersteller und Händler unter dem Druck, sich etwas Neues auszudenken – auch das ist ein Grund dafür, dass es immer mehr Nischenmessen überall in der Stadt gibt: Die Messe für große Größen „Curvy is sexy“ wurde zum Beispiel sehr dankbar aufgenommen.
Grit Thönnissen
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