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Der U-Bahnhof Mohrenstraße. Aktivisten fordern eine Änderung des Namens, den sie fälschlicherweise mit Sklavenhandel verbinden. Woher der Name wirklich kommt, lesen Sie hier.
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Harald Martenstein: Ein Wort zum Thema Mohrenstraße in Berlin

Wohin man sieht in Berlin, überall stößt man auf Sexismus, Chauvinismus und Rassismus. Das muss sich ändern. Und zwar sofort. Es gäbe da so einige Vorschläge. Eine Glosse.

In der Linie U 2 sagen jetzt diverse Prominente die Haltestellen an. Dieter Hallervorden hat die Haltestelle „Mohrenstraße“ aufgesprochen. Erwartungsgemäß gab es daran Kritik. „Mohrenstraße“ sei ein rassistischer, kolonialistischer Name, die Straße müsse unverzüglich in „Nelson-Mandela-Straße“ umbenannt werden. Da ist mir wieder einmal klar geworden, wie unsensibel die Stadt ist, in der ich lebe, man stößt auf Sexismus, Chauvinismus und Rassismus, wohin man im Stadtbild auch schaut.

Vor allem trifft dies natürlich für die Jungfernheide zu. „Alte Jungfer“ ist, wie jede und jeder weiß, ein stark abwertender Ausdruck für ältere, unverheiratete Frauen. Ohne das Adjektiv steht „Jungfer“ – ebenfalls abwertend – für Frauen, die sich dem alltäglichen Sexismus verweigern. Ein neuer Name müsste dem gewandelten Frauenbild Rechnung tragen, wie wäre es mit „Managerinnenheide“? In Dahlem aber haben sie tatsächlich einen „Wachtelweg“. Im Vergleich zu „alte Wachtel“ wirkt „alte Jungfer“ ja noch beinahe höflich. Als Alternative bietet sich „Grillkuckuckweg“ an. Ich zitiere aus Wolfgang Groymanns Aufsatz „Geschlechterrollentausch beim Afrikanischen Grillkuckuck“: „Die Männchen übernehmen die Brutpflege, die Weibchen verteidigen Ressourcen und verpaaren sich mit mehreren Männchen. Der Afrikanische Grillkuckuck ist die einzige bekannte Vogelart mit diesem Paarungssystem.“ Kann es wirklich Zufall sein, dass ausgerechnet diese antisexistische und überdies afrikanische Spezies im Berliner Stadtbild bis heute ohne Würdigung geblieben ist?

Harald Martenstein.
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© dpa

Der „Mettmannplatz“ im Wedding muss gleich in zweifacher Hinsicht, ernährungspolitisch und geschlechterpolitisch, als fragwürdig angesehen werden. Ob man das dann am Ende „Tofufrauplatz“ nennt oder „Platz der Sojamilchmädchen“, ist beinahe zweitrangig. Am auffälligsten und, leider, auch am bezeichnendsten aber ist in Berlin die Häufigkeit des Namens „Straße 33“. Es gibt eine „Straße 33“ in Blankenburg, in Rahnsdorf, in Wilhelmsruh und in Niederschönhausen. Muss ich wirklich erklären, welche historischen Erinnerungen dieser Name weckt?

In einer früheren Version dieser Kolumne war mit Bezug auf das "Handelsblatt" von Sparschweinen die Rede, die britische Banken aus Rücksicht auf muslimische Kundschaft nicht mehr anböten. Der Medienjournalist Stefan Niggemeier wies uns darauf hin, dass es dazu keine Belege gebe, sondern im Gegenteil Dementis. Weil auch wir keine Belege dafür finden konnten, haben wir diesen Abschnitt herausgenommen. Wir bitten unsere Leser um Entschuldigung.

(Woher der Name Mohrenstraße stammt, erfahren Sie hier.)

Harald Martenstein

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