Nach Juwelen-Diebstahl in Dresden: Ein Spezialwerkzeug könnte eine Spur ins Berliner Clanmilieu sein
Die Staatsanwaltschaft prüft eine Verbindung zu Clans. Zwischen dem Einbruch in Dresden und dem Diebstahl der 100-Kilo-Goldmünze in Berlin gibt es Parallelen.
Er kommt aus der berüchtigten deutsch-arabischen Großfamilie Remmo, ihm und zwei seiner Clan-Cousins wird vor dem Landgericht Berlin derzeit der Prozess gemacht – wegen des Diebstahls der Goldmünze „Big Maple Leaf“ aus dem Berliner Bode-Museum. Nach dem spektakulären Juwelendiebstahl aus dem Grünen Gewölbe Dresden vor eineinhalb Wochen interessieren sich die Ermittler in Sachsen bekanntlich für den Fall – und für andere in den vergangenen Jahren in Berlin.
Gegen den 22-jährigen Remmo erging vor mehr als zwei Wochen vor dem Amtsgericht Erlangen ein Urteil. Er soll vor einem Jahr in den Showroom eines Erlanger Herstellers für Hydraulikspreizer und Rettungsscheren eingebrochen sein, wie „Spiegel TV“ berichtete. Und genau solch ein Spezialwerkzeug, das auch von der Feuerwehr genutzt wird, kam offenbar beim spektakulären Diebstahl von Juwelen aus dem Grünen Gewölbe Dresden zum Einsatz.
Zwei der Täter hatten der Bande am 25. November durch ein vergittertes Fenster Zugang zum Museum verschafft. Sie durchtrennten das Gitter teilweise, entfernten Fenster samt Rahmen und drangen in die barocke Schatzkammer ein. Dort stahlen sie aus den mit einer Axt zerstörten Vitrinen Diamanten und Brillanten im Wert von mehreren Hundert Millionen Euro.
Die Sonderkommission der Dresdner Polizei hat nach einem Bericht der „Morgenpost“ nun bei den deutschen Polizeibehörden alle Einbrüche abgefragt, bei denen solch ein Spezialwerkzeug gestohlen oder eingesetzt wurde. Jürgen Schmidt von der Staatsanwaltschaft Dresden sagte am Donnerstag, die Sonderkommission „Epaulette“ stehe mit den Berliner Ermittlern in Kontakt, um Parallelen zu dem Diebstahl der 100 Kilogramm schweren Goldmünze aus dem Bode-Museum 2017 in Berlin abzugleichen. Zum Tatwerkzeug wollte er nichts sagen, es handle sich um Täterwissen.
Mit den akkubetriebenen Hydraulik-Spreizern öffnet die Feuerwehr Autotüren, die nach Unfällen verklemmt sind. Seit 2017 wurden aus Berliner Feuerwachen und Feuerwehrautos mindestens fünf Geräte (Hydraulikspreizer „Lukas SC 358 E 2“) im Wert von jeweils 10 000 Euro gestohlen.
[In der Feuerwache Berlin-Gatow stahlen Unbekannte genau einen solchen Hydraulik Spreizer namens „Lukas SC358 E2“ - kam er in Dresden zum Einsatz? Die Geschichte hier im Spandau-Newsletter]
Bei einem Überfall auf einen Geldtransporter am Alexanderplatz im September 2018 hatten die Täter einen Hydraulik-Spreizer eingesetzt, um die Türen des Transporters aufzubrechen. Vor Gericht stehen deswegen derzeit einige Männer mit Beziehungen zu Clans. Und bei Einbrüchen in Banken sollen Täter Bankschließfächer mit Hydraulik-Spreizern aufgebrochen haben.
Der Dresdner Staatsanwaltssprecher Schmidt sagte: „Mit Blick auf das zerstörte Fenstergitter werden wir keine Aussagen zum möglichen Tatwerkzeug treffen. Hierbei handelt es sich um Täterwissen.“ Das werde im laufenden Ermittlungsverfahren nicht bekannt gegeben.
Gitter durchtrennt, Fenster entfernt, eingedrungen
Zwei maskierte Einbrecher hatten in der Nacht zum 25. November ein Gitter vor einem Fenster des Museums teilweise durchtrennt, das Fenster samt Rahmen entfernt und waren in die barocke Schatzkammer eingedrungen. Dort hatten sie mit einer Axt eine Vitrine eingeschlagen. Nach wenigen Minuten konnten sie mit Diamanten und Brillanten in hohem Wert mit einem Auto flüchten.
Neben dem Einbruchsziel Museum und dem möglichen Einsatz eines Hydraulik-Spreizers gibt es eine dritte Parallele zum Vorgehen von kriminellen Clan-Mitgliedern in Berlin. Das Zertrümmern der Vitrine aus Sicherheitsglas durch brutale Axthiebe erinnert an einen Raubüberfall auf das Berliner Luxuskaufhaus KaDeWe im Jahr 2014. Auch damals zerstörten die maskierten Täter mit einer Axt in kurzer Zeit Vitrinen, rafften Schmuck und Uhren zusammen und flohen mit einem bereitstehenden Auto.
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Auch damals zerstörten die maskierten Täter mit einer Axt in kurzer Zeit Vitrinen, rafften Schmuck und Uhren zusammen und flohen mit einem bereitstehenden Auto. Verurteilt wurden mehrere junge Männer aus arabischstämmigen Großfamilien. Auch beim Diebstahl des Kunstwerkes „Goldnest“ aus der Fuchsberg-Grundschule in Marzahn-Hellersdorf im Mai wurde Spezialwerkzeug genutzt. Auch hierbei stand der Remmo-Clan in Verdacht. Wenige Tage zuvor waren bei der Feuerwehr in Treptow-Köpenick Spezialgeräte gestohlen worden, darunter Trennschleifer und Kettensägen.
Polizei sucht mithilfe von Fotos nach den Tätern
In Dresden fahndet die 40-köpfige Sonderkommission nach nach insgesamt vier Tätern. Eine Belohnung von 500 000 Euro ist ausgesetzt. Bisher gingen mehr als 500 Hinweise ein. Gesucht werden auch Zeugen, die im Oktober und November rund um das Grüne Gewölbe Fotos machten, auf denen möglicherweise Verdächtige beim Ausspähen der Objekte zu sehen sind.
„Es wird davon ausgegangen, dass die Tat von langer Hand geplant war und die Täter im Vorfeld fotografiert worden sind“, hieß es am Mittwochabend in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY...ungelöst“. Die Polizei veröffentlichte auch ein Bild aus einer Überwachungskamera vom ersten Fluchtfahrzeug der Täter, das kurz nach dem Einbruch in einer Tiefgarage abgestellt und angezündet wurde. Es zeigt einen hellen Audi A6 mit dunklem Dach. (mit dpa)