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Keine Süßigkeiten, sondern Glitzer und Konfetti wurde 2012 in Massen von den Elektro-Wagen auf dem Karneval der Kulturen geworden.
© Electro-Swing-Club / Kallias

Karneval der Kulturen: Ein rollendes Electro-Open Air

Beim neunstündigen Umzug des Karnevals der Kulturen gibt es keineswegs nur Samba: Auch in diesem Jahr wird sich das Ende des Zuges wieder in eine Mini-Loveparade verwandeln. Ein Blick auf die vergessene Electro-Seite des Karnevals.

Loveparade? Das war einmal, und alle Versuche, sie in Berlin zu reanimieren, sind bislang gescheitert. Aber es gibt Alternativen, Ende Juni den Umzug zum Christopher Street Day, bei dem ebenfalls der liebesparadentypische Techno-Stil ausgiebig gepflegt wird, dann Anfang Februar der Jeckenaufmarsch als Krönung der Karnevalssaison (Techno-Jünger kommen da traditionell zu kurz) und schließlich der Karneval der Kulturen, der an diesem Wochenende in seine 18. Runde geht. Als sein Markenzeichen haben sich allein schon wegen der verwegen-luftigen Kostüme die Samba-Tänzerinnen etabliert. Doch das greift viel zu kurz. Denn längst hat sich ein anderes Leitmotiv des Karnevals herauskristallisiert: Die letzten vier der insgesamt 49 Wagen des Zuges sind, man darf es ohne Weiteres sagen, eine kleine Loveparade, ein Schlusslicht von Elektro-Wagen, jeweils gefolgt von einem dicken Pulk aus oft wie hypnotisiert wirkenden Tänzern – wie man es eben von der Loveparade gewohnt war.

„Den Rattenfänger spielen“, so umschreibt Helge Baumberg, Mitorganisator des Elektro-Wagens „Zeitlos“, das Ziel, möglichst viele Tanzende hinter dem eigenen Gefährt zu versammeln. Sein Wagen wird unter anderem vom Club „Kosmonaut“ unterstützt und dieses Jahr gemäß dem Motto „Zeitlos“ als riesige Kuckucksuhr gestaltet sein, bestückt mit rückwärts laufenden Uhren. Das Motto passe perfekt zum Lebensgefühl der Szene, meint Baumberg. „Elektro-Events sind ja ebenfalls zeitlos, da sie schon mal zwei oder drei Tage am Stück zelebriert werden.“

Ein besonders erfolgreicher Rattenfänger war im Vorjahr der Electro-Swing-Wagen des Labels Kallias: Etwa 2000 Menschen seien hinter diesem hergetanzt, schätzt Sarah Reichert, Projektleiterin des Wagens. Das folgende Gefährt konnte man kaum noch sehen. In diesem Jahr könnten sogar noch mehr Tanzbegeisterte das rollende Open-Air-Spektakel aufsuchen, glaubt sie. Immerhin spielten auch diesmal wieder die Publikumsmagneten „Dirty Honkers“ und DJ Alle Farben auf dem Kallias-Wagen.

Doch selbst bei enormer Tanz-Beteiligung werde es keine Verzögerungen geben, versichert Vassiliki Gortsas von der Werkstatt der Kulturen, die den Karneval organisiert. „Unsere Funkzentrale leitet den Umzug. Das hat auch letztes Jahr prima geklappt, obwohl so viele Menschen hinter den Elektrowagen hergelaufen sind.“

Gern betont sie die Vielfalt der teilnehmenden Gruppen, zu denen etwa die „Tanzenden Teufel von Venezuela“, die Graffitikünstler „Antihelden“ oder die „Angolaner in Deutschland“ gehören. Der Karneval, das seien eben nicht nur die Sambatänzerinnen, die besonders gerne fotografiert werden, sondern auch „diese ganz bestimmte Szene, die hinter den Elektro-Wagen herläuft“. 76 Gruppen sind es insgesamt, das sind allerdings, wie berichtet, deutlich weniger als im Vorjahr, da waren es noch 90. Manchen wurde ihr Auftritt einfach zu teuer, zumal Sponsorengelder ausblieben.

Aber bunt wird es trotzdem, erstmals an diesem Freitag, wenn ab 16 Uhr das Straßenfest rund um den Blücherplatz beginnt, wo bis Montag gesungen, gewahrsagt, getrunken und getrommelt werden soll. Der neunstündige Umzug startet am Sonntag um 12.30 Uhr am Herrmannplatz, mit der „Zeitlos“-Gruppe um Helge Baumberg als Rattenfänger im Elektro-Schlusspulk. Einen Pokal gibt es auch wieder zu gewinnen, eine der griechischen Mythologie entlehnte Frauenfigur, Baubo genannt. Vor lauter Tanzlust ist ihr glatt der Kopf verloren gegangen.

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