Berliner Stadtbärin Schnute: Ein Ost-Bärliner Original
34 Jahre alt ist sie geworden, nun bleibt ihr Zwinger am Köllnischen Park für immer leer: Schnute ist tot.
Stadtbär? Der Titel ist nie richtig definiert worden, niemand weiß, ob es – wie bei den Ehrenbürgern – mehrere geben kann oder eben nur einen wie den Regierenden Bürgermeister. Eine, die ihn getragen hat, ohne sich viel drum zu scheren, Schnute, ist am Sonntag im ehrwürdigen Alter von 34 Jahren gestorben – eingeschläfert vom zuständigen Tierarzt, der ihr jahrelanges Arthrose-Leiden beendete. Es hatte sich zuvor so verschlechtert, dass sie nicht mehr aus eigener Kraft vom Außengelände in den Stall zurückkam. Der Zwinger am Köllnischen Park ist nun leer, bleibt es wohl auch für immer – der für den Zwinger verantwortliche Baustadtrat Carsten Spallek hat es versprochen.
Damit hat sich auch die Existenzgrundlage des „Berliner Bärenbündnisses“ erledigt. Dieser Zusammenschluss von Tierschützern protestiert seit Jahren gegen die Haltung der Tiere im engen Zwinger in der Innenstadt und will sich nun zum Jahresende auflösen. Seit dem Tod von Schnutes Tochter Maxi vor zwei Jahren hatte es noch ein Verwirrspiel um die Frage gegeben, ob die einsame Bärin in ein passenderes Gelände in Brandenburg gebracht werden kann, wie es das Bündnis forderte. Über der Frage, ob sie die dafür nötige Narkose überstehen würde, wurde sie älter und kränker.
Schließung durch Bürgerproteste verhindert
Die Geschichte der Bären vom Köllnischen Park geht auf das Jahr 1939 zurück: Am 17. August, kurz vor Beginn des Kriegs, wurde der Bau offiziell in Betrieb genommen, auch damals schon von Streit begleitet, allerdings nicht aus Tierschutzgründen, sondern weil sich natürlich die Frage aufdrängte, ob die explosive weltpolitische Situation der richtige Moment dafür sei. Bürgermeister Julius Lippert meinte den Wunsch der Bürger nach einer Ausstellung lebender Wappentiere erfüllen zu müssen. Im Krieg starben vier Bären, einer wurde in den Zoologischen Garten gebracht.
Der teilweise zerstörte Zwinger wurde erst 1949 rekonstruiert und mit zwei Bären neu besetzt. Seitdem ist die Anlage mit den drei Käfigen im Mitteltrakt, zwei Auslaufflächen und verschiedenen Funktionsräumen weitgehend unverändert geblieben. Bis zur Wende passierte wenig, und auch die 1990 wegen Geldmangels drohende Schließung konnte durch Bürgerproteste verhindert werden: Maxi und Schnute, geboren vor der Wende, gehörten zum Ost-Berliner Lebensgefühl wie die Pandas zu jenem des Westens. Maxis Name war sogar Resultat einer großen Frageaktion unter Kindern.
Ist der Titel „Stadtbär“ nun auf Dauer verwaist?
Der Senat übernahm für den klammen Stadtbezirk Mitte die Kosten, ließ eine Fußbodenheizung für die Käfige einbauen und die Elektrik erneuern. 1993 durften Maxi, Schnute und Tilo wieder einziehen. Erst später kippte die öffentliche Meinung: Die Bärenschützer scheiterten allerdings mit mehreren Versuchen, die Umsiedlung der verbleibenden Bärinnen – Tilo musste 2007 eingeschläfert werden – gerichtlich durchzusetzen. Ende 2013 hieß es dann endgültig, dass Schnute bis zu ihrem Tod dort bleibe.
Ist der Titel „Stadtbär“ nun auf Dauer verwaist? Einen Kandidaten gäbe es noch, nämlich den knapp vier Jahre alten Eisbären Wolodja, der 2013 im Rahmen der Städtepartnerschaft mit Moskau in den Tierpark Friedrichsfelde gekommen war. Da allerdings war er schon ausgewachsen und hatte keine Chance mehr, als Knuddeltier nach Knuts Vorbild die Herzen der Bärenfreunde zu gewinnen. Sollte er Nachwuchs zeugen, wofür die Bärin Tonja, ebenfalls aus Moskau, als Partnerin ausersehen ist, soll das Jungtier aber diskreter aufgezogen werden.
Mit dem Zwinger in Mitte hat das alles nichts mehr zu tun. Dort steht nur noch der Wusterhausener Bär, eine Skulptur auf einem kleinen gemauerten Rundturm. Er ist allem Anschein nach artgerecht untergebracht.
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