Bundesgartenschau 2015: Ein neues Wahrzeichen für Rathenow
Das alte Mühlengebäude drothe einzustürzen, der alte Hafen war keine Gegend zum Flanieren. Jetzt ist alles anders. Die Buga hat Rathenow eine Ortsverschönerung und ein neues Wahrzeichen gebracht.
Sie wird sofort entdeckt, ihr Panzer glänzt so schön in der Sonne. Da hilft weder die Tarnung mit Grünzeug noch ein Standortwechsel im Zeitlupentempo. Die große Sumpfschildkröte im Optikpark Rathenow ist eine kleine Attraktion auf dem Buga-Areal der Havelland-Kreisstadt. Immer verfolgt eine größere Menschengruppe von der neuen Weinbergbrücke aus den Weg des Reptils von seinem Versteck bis hinüber zu seiner Sonnenbank am Ufer des Havelarms.
Neun Millionen Euro für Verbindung
Rathenow hat die besten Aussichten: Auf rund 350 Metern Länge zieht sich die mehrfach geschwungene, elegante Brückenkonstruktion über die Havel. Kaum ein Besucher lässt sich einen Spaziergang über das neue Wahrzeichen der für ihre Brillenproduktion bekannten Stadt entgehen. Und wer nicht mehr laufen will, nutzt die lange Sitzbank, für einen Blick übers Land. Neun Millionen Euro stecken in diesem Übergang zwischen den beiden Buga-Bereichen Optikpark und Weinberg. Der Bürgermeister der 24.600 Einwohner zählenden Stadt, Ronald Seeger, hält die Summe für gut angelegt. „80 Prozent davon waren Fördermittel des Landes, die wir ohne den Brückenbau nicht bekommen hätten“, sagt der CDU-Politiker. „Außerdem haben wir mit unserem städtischen Anteil auch das Wassersportzentrum bezahlt.“
Seeger hält die Buga für einen Glücksfall für seine Stadt – ja, für die gesamte Region. Schon die Landesgartenschau im Jahre 2006 habe Rathenow entscheidend verändert und der Stadt ein neues, freundliches Gesicht verliehen. Gartenschauen seien eben viel mehr als eine Ansammlung schöner Blumen, sie seien ein Motor, der die Infrastruktur ankurble.
Von schmuddelig zu schmuck
Eigentlich müsste man, um die Veränderung richtig wirken lassen zu können, mindestens zehn Jahre alte Fotografien zum Vergleich heranziehen. Damals drohte das große Mühlengebäude am Schwedendamm einzustürzen. Durch die Landesgartenschau aber wurde es zum Besucherzentrum und grünen Klassenzimmer für junge Besucher. Nach der Gartenschau zog die Musikschule ein, die nun von anderen Einrichtungen um ihr schönes Domizil beneidet wird.
Auch der Alte Hafen mitten in der Stadt war früher eher eine Schmuddelecke und keine Gegend zum Flanieren, Ausruhen oder Essen. Doch jetzt ist er das. Das Gleiche könnte man über den umgestalteten Bahnhofplatz sagen. Selbst der Weinbergfriedhof, der direkt an das heutige Buga-Areal grenzt, profitierte von der Gartenschau. Denn jahrelang traute sich niemand ins 1759 erbaute Torhaus, so marode war das Gebäude. Jetzt dient es als Begegnungs- und Ausstellungsstätte.
Die Auferstehungskirche auf dem Weinberg, die 1917 und damit mitten im Ersten Weltkrieg entstand, besitzt seit Kurzem wieder ihren Turm. Vor allem dank vieler Spenden hat es die Kirchengemeinde geschafft, die zu den ältesten Brandenburger Friedhöfen zählende Anlage damit zu krönen. Ohnehin empfiehlt sich ein Spaziergang über den Friedhof, der mit seinen wild romantischen, teilweise zugewachsenen und schier undurchdringlichen Wegen und Terrassen einen erstaunlichen Kontrast zu den aufgeräumten und durchdacht arrangierten Bereichen der Buga auf der anderen Seite des Weinbergs darstellt.
Turmaufgang zum Bismarckturm gesperrt
Schon von Weitem schimmert der restaurierte Bismarckturm durch die mit blauen Bändern geschmückten Bäume. Seit 1914 erinnert das 32 Meter hohe Bauwerk an den früheren Reichskanzler und Ehrenbürger Rathenows. Schließlich war Otto von Bismarck 1849 als Abgeordneter des Wahlkreises „Zauche – Belzig – Brandenburg-Westhavelland“ in den Preußischen Landtag gewählt worden.
2003 wurde das Denkmal renoviert und die Aussichtsplattform wieder für jedermann zugänglich gemacht. Zum Bedauern der Rathenower Stadtverwaltung hat der Buga-Zweckverband, der hier bis zum Abschluss der Gartenschau am 11. Oktober die Verantwortung trägt, aus „Sicherheitsgründen“ den Turmaufgang geschlossen. Den Andrang der Gäste könne man nicht kontrollieren, heißt es vonseiten der Organisatoren. Immerhin: An einer Lösung wird gearbeitet. Aber auch ohne den restaurierten Turm lohnt sich der von Blumen gesäumte Weg hinauf zum Plateau des Weinbergs – für den weiten Blick ins Havelland. Den können auch die Besucher des neuen Ausflugsrestaurants genießen: Es hat eine großen Terrasse.