Flüchtlinge in Berlin: Ein Heim für Heimatlose
Anwohner in Westend wehren sich gegen Asylsuchende als Nachbarn. In der alten Kaserne an der Soorstraße wurde eine Notunterkunft eröffnet, die vor allem für Kriegsflüchtlinge aus Syrien und Afghanistan gedacht ist. Die Idee stammt von einer Senatsbehörde – aber auch Bezirkspolitiker unterstützen die Standortwahl.
Sie ist schon idyllisch, die Soorstraße am Rande des Charlottenburger Villenviertels Westend. Aber kein Kiez der Reichen. Mehrfamilien- und Reihenhäuser prägen das Bild – und die denkmalgeschützte Kaserne aus preußischer Zeit. Um die neue Nutzung eines dazugehörigen Altbaus gibt es nun Streit, denn im früheren Hauptzollamt an der Soorstraße 83 hat Ende Mai eine Notunterkunft für Asylbewerber eröffnet.
Laut Heimleiterin Suada Dolovac sind bisher 60 Bewohner eingezogen, nach Umbauten könnten es bald 250 werden. Es gehe vor allem um Kriegsflüchtlinge aus Syrien und Afghanistan, hinzu kämen Asylbewerber aus Balkan-Staaten.
Anwohner haben nach eigenen Angaben mehr als 350 Protestunterschriften gesammelt, bei Sozialsenator Mario Czaja und dem Charlottenburg-Wilmersdorfer Sozialstadtrat Carsten Engelmann (beide CDU) stapeln sich Beschwerden. Jetzt möchten die Betreiber der Einrichtung die Wogen glätten: Für den heutigen Mittwoch ab 19 Uhr laden sie die Nachbarn zum Informationsabend ein.
Angemietet wurde das Gebäude vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso), das die einschlägig erfahrene Gierso Boardinghaus Berlin GmbH als Betreiber auswählte. Stadtrat Engelmann hat keine Einwände gegen den Ort. Gegen „Panikmache“ wenden sich auch andere Politiker wie der Vorsitzende der SPD Neu-Westend, Robert Drewnicki.
Dagegen sieht Dieter Dammann „den sozialen Frieden gefährdet“. Er zählt zu den Initiatoren der Proteste und besitzt eine Eigentumswohnung im Haus gegenüber. Die Asylbewerber würden sich viel in der Umgebung aufhalten, glaubt er, es gebe viele offene Grundstücke. Speziell Jugendliche könnten „auf dumme Gedanken kommen“. Dammann distanziert sich aber von einem Flugblatt, dessen unbekannte Verfasser vor „drastischen Einschnitten in den Immobilienwert“ warnen. „Die Immobilienpreise sind nachrangig“, findet er. Senats- und Bezirkspolitikern wirft Dammann vor, die Anwohner „vor vollendete Tatsachen gestellt“ zu haben. Und die Einrichtung werde zu groß: „Bei 60 oder 70 Bewohnern hätte niemand etwas gesagt.“
Senator Czaja sagte, er nehme die Sorgen ernst. „Die Erfahrungen mit anderen Unterbringungen haben aber gezeigt, dass die im Vorfeld befürchteten Probleme sich nicht bewahrheiten. Keine unserer Einrichtungen hat sich zu einem Kriminalitätsschwerpunkt entwickelt.“
Laut Suada Dolovac wollen auch viele Unterstützer und Befürworter zum Informationsabend kommen. Man habe Platz für 250 Gäste, „ich weiß nicht, ob das reicht“.
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