Berlinale-Kolumne: Ein Geheimtipp gegen Ticketstress
Der Ticketverkauf ist eröffnet – genauso wie das Drama um die begehrten Karten. Gut, wenn man den richtigen Kartenschalter kennt. Eine Kolumne.
Okay, vielleicht entzieht mir die Berlinale gleich meine Akkreditierung, aber hier kommt ein weltexklusiver Geheimtipp. Der Spatz, der in den Potsdamer Platz Arcaden auf dem Kaufhausbaum sitzt, hat ihn mir gezwitschert, als er rüber zum Eiscafé flog, um Kekskrümel zu picken: Eine Etage überm Wartewahnsinn der Berlinale-Kassen kommt man sofort an alle Karten: an der Theaterkasse. Für drei Euro Aufschlag kriegt man zwar nur Tickets im Eventim-Look, dafür folgendes Drama gelöst:
Es ist fünf vor zehn, für Berlinale-Ticketjäger also fünf nach zwölf. In meiner Chat-Freundesgruppe blinken schon aufgeregte Nachrichten. „Achtung, kann nichts kaufen“, schreibt Daniel, „habe Meeting ab 10 Uhr, auf meiner Liste für Sonntag stehen vier Filme.“ Es folgen vier Filme. Auf meine Frage, ob er alle sehen will, textet er auf Berlinale-Deutsch: „Nur Ticketcode 100374. Zwei Karten“. Gut, also doch nur ein Film.
Da leuchtet eine andere Berlinale-Facebookgruppe auf meinem Handy, hier schreibt Kollege Tilmann: „Haha, gerade Rekord: Online-Tickets waren um 10.01 Uhr für meinen Film ausverkauft.“ Gerade will ich ihn fragen, ob ich ihm auch was mitholen soll, da meldet sich Anne per Whatsapp: „Würde mich interessieren für: A dog called money.“ Ich auf Berlinale-Deutsch zurück: „Nummer?“ Sie antwortet, es ist bereits zehn Uhr sieben, nur mit dem Kino: „Colosseum; 14.30 Sonntag.“ Nachtrag zehn Uhr acht: „Ach, das ist ja der von Daniel. Sorry, etwas durcheinander, weil im Seminar gerade.“ Wie, was jetzt?
Will Anne auch Karten für Daniels Film, ist sie in seinen zwei Karten schon drin, und stimmt der Ticketcode? Da meldet sich Tilmann per Facebook auf Berlinalisch: „100233, 2x bitte.“ Die Frau an der Theaterkasse schaut mich an: „Na, jetzt alles klar?“ Gut, von vorn: Anne und Daniel zwei Karten zusammen; Tilmann zwei andere; ach ja, für mich und meine Freundin – sie meldet sich per Telegram – noch vier. Damit hätten wir’s; zehn nach zehn. „Zahlen Sie bar?“ Nee, so viel hab’ ich dann doch nicht dabei.
Zeit ist ja Geld; die bleibt für einen Kaffee. Mit dem sitze ich jetzt unterm Kaufhausbaum, empfange Dankesnachrichten auf allen Kanälen und höre dem Spatzen beim Zwitschern zu. Zwischendurch fliegt er rüber zum Eiscafé für ein paar Kekskrümel und auf dem Rückweg kackt er auf eines der Vorverkaufshäuschen.
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Robert Ide, Berlin-Chef beim Tagesspiegel und großer Kino-Fan, schreibt für den Tagesspiegel jeden Tag seine neue Berlinale-Kolumne - auch auf der Titelseite. Titel: "Im Film mit Robert Ide". Er löst damit Harald Martenstein ab, der seit 1990 die Berlinale als Kolumnist begleitet hat. Hier lesen Sie Martensteins Bilanz im Tagesspiegel.
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