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Menschen vor einer Kneipe in Berlin-Mitte.
© Paul Zinken/dpa

Hohe Infektionszahlen in Berlin-Mitte: Ein Cocktail aus Egoismus, Gleichgültigkeit, Verantwortungslosigkeit

In keinem Bezirk steigt die Zahl der Corona-Infizierten so schnell. Warum? Und was ist zu tun? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Claudia Seiring

Lust statt Frust, ich statt wir, dazu eine Portion Gleichgültigkeit aufgegossen mit jeder Menge Verantwortungslosigkeit. Das ist die Rezeptur dieses Corona-Sommers – das ist der Cocktail, dessen Nachwirkungen bis in den Winter reichen können.

In Berlin-Mitte hat er jetzt Folgen. Am Donnerstag hieß es plötzlich, der Berliner Bezirk habe aktuell eine der höchsten Infektionsraten in der Republik.

Vermutet wird, dass vor allem infizierte Urlaubsrückkehrer die Zahlen in die Höhe schnellen ließen – das gilt wohl vor allem für den Stadtteil Wedding, der ebenso zu Mitte gehört wie die hippen Touristenmeilen.
Dass Mitte ein besonderes Pflaster ist, war immer bekannt: dieser bunte Mix aus dem migrantisch geprägten Wedding, wo das Leben noch einigermaßen bezahlbar ist, und dem sanierten, teuren Bereich zwischen Hackeschem Markt und Invalidenstraße, wo vor allem Touristen bestimmen, wie es dort aussieht.

Dass diese Besonderheit mal in ein gesundheitliches Risiko münden könnte, gehörte bisher nicht zu den Legenden.

Alles ist nur eine Momentaufnahme

Jetzt aber haben offenbar neben den Rückkehrern, die jeder Bezirk hat, auch die notorischen Party-People – Besucher einer Kneipe am Alex und einer Bar in der Torstraße – für zahlreiche Ansteckungen gesorgt.

Die Zahlen sind natürlich nur eine Momentaufnahme. Wie alles, was mit Corona zusammenhängt. Keine Momentaufnahme ist das Verhalten vieler Berliner: Ihnen gilt Regelkonformität als Schwäche.

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Wer auf das Tragen einer Maske beharrt, ist ein Spießer, wer auf Abstand geht oder lieber alleine im Fahrstuhl steht, ein Angsthase. Das Ergebnis sind steigende Infektionszahlen.

Die aktuell infizierten Menschen sind im Durchschnitt erst 34 Jahre alt. Möglicherweise erleben sie einen leichten Verlauf der Krankheit. Möglicherweise nicht.

Nächste Woche konstituiert sich der Hygienebeirat

Wer keine Klarheit hat, muss vorsichtig sein. Vor allem: vorbereitet. Das gilt für jeden Einzelnen genauso wie für Behörden. Wie die Berliner Schulverwaltung in diese erste Schulwoche nach den großen (langen!) Ferien gestartet ist, befremdet.

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Eine Stabsstelle zur Erfassung von Infizierten in Schulen? Fehlanzeige. Die Senatorin kündigte am Donnerstag für die nächste Woche die Konstitution eines „hochkarätig besetzten Hygienebeirats“ an. Wäre das nicht schon vor zwei Monaten eine gute Idee gewesen?

Die kritischen Bereiche sind identifiziert

Die Presseerklärung dazu klingt wie aus der Zeit gefallen: Ab nächster Woche werden „verschiedenen Unterrichts- und Ganztagsszenarien sowie weitergehende Teststrategien besprochen“.

Drei kritische Bereiche sind als Corona-Gefahr identifiziert worden. Partys drinnen und draußen, Familienfeiern, Reiserückkehrer.

Es ist kein Zufall, dass gerade Berlin-Mitte erhöhte Zahlen aufweist. Noch scheinen sie beherrschbar. Aber sie sind wie Ausrufezeichen.

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