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Fallstricke des Alltags: Dürfen Mütter falsch parken?

Einmal in der Woche fragen Sie Elisabeth Binder, wie man mit komplizierten oder peinlichen Situationen so umgeht, dass es am Ende keine Verstimmungen gibt: So kann's gehen. Dieses Mal: Warum Eltern, die im absoluten Halteverbot stehen, Verständnis verdient haben.

"Wenn ich an einer nahen Schule vorbeifahre, beobachte ich immer wieder Mütter, die im absoluten Halteverbot parken, mit dem Handy am Ohr fahren, über mehrere Parkplätze parken, und das Hupen nervt mich auch. Solche Eltern haben keinerlei Vorbildwirkung. Soll ich das Ordnungsamt rufen?"

Ihre Frage finde ich etwas schockierend, aber aus anderen Gründen, als Sie vielleicht vermuten. Für solche Eltern kann man doch eigentlich nur ganz viel Verständnis haben. Viele von ihnen müssen Beruf und Familie so organisieren, dass alles irgendwie zu schaffen ist, und dafür ist der Tag meist viel zu kurz. Die Chauffeursdienste werden sich nicht auf die Schule beschränken, da viele Kinder mit ihren unterschiedlichen Aktivitäten einen übervollen Terminkalender haben. Dass da nicht immer genug Zeit übrig bleibt, auch noch die hyperkorrekte Parklücke zu finden, ist mindestens verständlich. Man kann so einen Anblick auch fröhlich finden, solange niemandes Sicherheit gefährdet ist: hupende Autos, lärmende Kinder, ein bisschen Verkehrsanarchie auf engem Raum. Sollten die zuständigen Mitarbeiter zufällig in der Gegend sein, werden sie ja wissen, wie man damit umgeht. Natürlich kann man den Strafzettelverteilern keine Ratschläge erteilen, aber wünschen darf man sich ja wohl etwas, und ich würde mir immer wünschen, dass da auch mal ein Auge zugedrückt wird.

Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.
Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.
© Tsp

Aus eigenem pädagogischem Ehrgeiz die Ordnungshüter zu alarmieren, um Eltern anzuhalten, korrekte Vorbilder für ihre Kinder zu sein, kommt mir ganz und gar falsch vor. Erstens ist es nicht Ihre Aufgabe, fremde Menschen zu erziehen. Zweitens muss das korrekte Verhalten nicht immer unbedingt das richtige sein, und in diesem Fall entzieht sich das Ihrer Kenntnis. Und drittens muss man auch mal ein paar Nervereien ertragen, ohne gleich seine Umwelt mit schlecht gelaunten Maßnahmen zu überziehen, sonst wird man ein Miesepeter und gerät leicht in soziale Isolation. Wenn Sie das wirklich so stört, sollten Sie Schulen am besten weiträumig umfahren.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an: meinefrage@tagesspiegel.de

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