Berlins marode Stadtautobahn: Drohender Dauerstau auf der A 111
Die A 111 wird bald zur Staufalle. Denn Planer der Senatsverkehrsverwaltung versuchen, die Sanierung maroder Brücken, Tunnel und Fahrbahnen zu konzentrieren und gleichzeitig auszuführen.
Nutzern der Stadtautobahn A 111 vom Dreieck Charlottenburg bis fast zur Stadtgrenze droht in einigen Jahren ein Dauerstau. Erforderlich sind gleich mehrere Brückenneubauten und Tunnel- sowie Fahrbahnsanierungen. Die Planer in der Senatsverkehrsverwaltung versuchen, die Arbeiten zu konzentrieren und gleichzeitig auszuführen. Im nächsten Jahr solle ein Verkehrskonzept erstellt werden, sagte am Montag der Leiter der Tiefbauabteilung, Lutz Adam. Allein am Jakob-Kaiser-Platz müssten fünf Brücken abgerissen und neu gebaut werden. Auch für die Rudolf-Wissell-Brücke, die zum Dreieck Charlottenburg gehört, sollen die Planungen für einen Neubau im nächsten Jahr beginnen, kündigte Adam an.
Die Brückenuntersuchung ist mühsam. Über steile Treppen und Leitern führt der Weg in einem Pfeiler nach oben; in einen Hohlraum unter der Fahrbahn. 30 Zentimeter darüber donnern die Autos über den Köpfen. Zu hören ist nicht viel. Zu sehen auch nicht; Schäden sind kaum erkennbar. Nur dass das 1961 errichtete Bauwerk an einigen Stellen verstärkt worden ist, bemerkt man. Der Beton in dem „Tunnel“, der die Fahrbahn trägt, sieht dagegen gut aus.
Es sind auch keine Baumängel, die zum Neubau führen. Die Brücke könne die inzwischen gestiegenen Lasten nicht mehr aufnehmen, sagte Adam. Nach den Vorschriften des Bundes müsse sie deshalb ersetzt werden. Und das wird schwierig. Meist werden bei Brückenbauten getrennte Konstruktionen für jede Richtung gebaut. Bei Bedarf können diese dann unabhängig voneinander abgerissen werden und der Verkehr auf einer Fahrbahn in beide Richtungen weiter fließen. Bei der Rudolf-Wissell-Brücke habe man sich, um Geld zu sparen, für ein Bauwerk aus einem Guss entschieden, sagte Adam. Die Brücke kann deshalb auch nur auf einen Schlag abgebrochen werden.
Ersatzbrücke mit weniger Fahrspuren
Um den Verkehr aufrecht erhalten zu können, muss eine Ersatzbrücke gebaut werden – mit dann nur zwei statt wie jetzt drei Fahrspuren pro Richtung. Immerhin sind hier täglich rund 200 000 Autos unterwegs. Ein Neubau neben dem jetzigen Bauwerk sei nicht möglich, weil dann die Anschlüsse nicht mehr passen würden, sagte Adam.
Dagegen führen am Jakob-Kaiser-Platz Bauschäden zu den Neubauten. Bei den 1963 und 1964 gebauten Spannbetonbrücken kann der Stahl, der den Beton „zusammendrückt“ und das Bauwerk so stabilisiert, reißen. Das Gefährliche dabei: „Ohne Ankündigung“, wie Adam sagte.
Die Arbeiten werden frühestens in sieben Jahren beginnen. So lange dauere es, alles vorzubereiten. Auch das Verkehrskonzept gehöre dazu, sagte Adam. Auf der A 111 sind unter anderem auch Arbeiten im Bereich Heckerdamm und im Tunnel Ortskern Tegel erforderlich.
Verkehrseinschränkungen bei Mängeln
Einsturzgefährdet sei aber kein Bauwerk, versicherte Adam; auch nicht die Freybrücke in Spandau. Bei Mängeln oder einer unzureichenden Tragfähigkeit gebe es Verkehrseinschränkungen – wie das Überholverbot für Lastwagen auf der Rudolf-Wissell-Brücke oder die Gewichtsbeschränkung auf 18 Tonnen bei der Freybrücke und den Brücken am Jakob-Kaiser-Platz.
Die Brücken – und Tunnel – werden regelmäßig inspiziert; durch Mitarbeiter von sechs Ingenieurbüros. Eigene Leute hat die Senatsverkehrsverwaltung dafür nicht mehr. Aber auch für die Planung fehlen Stellen. Der Bauindustrieverband und die Fachgemeinschaft Bau fordern deshalb mehr Personal in diesem Bereich.
Nichts hilft allerdings mehr, wenn ein Bauwerk alt und deshalb marode geworden ist. Es muss dann, wie die denkmalgeschützte Schulenburgbrücke in Spandau, die 1909 gebaut worden ist, ersetzt werden. Noch muss sie aber durchhalten; einen Termin für den Bau der Nachfolgerin gibt es nicht.