Berliner Koalitionsgespräche: Dreierbündnis will soziale Spaltung der Stadt auflösen
In der zweiten rot-rot-grünen Koalitionsrunde ging es um viel Organisatorisches und noch wenig Konkretes. Der Fahrrad-Volksentscheid könnte in den Koalitionsvertrag kommen.
Die zweite Koalitionsrunde am Sonnabend im Roten Rathaus verlief erwartungsgemäß mit „sehr guten Gesprächen“, wie die Finanzpolitikerin und stellvertretende SPD-Landeschefin Iris Spranger nach fast fünf Stunden berichtete. Es ging um viel Organisatorisches. Und ein bisschen wurde schon über eine rot-rot-grüne Präambel philosophiert. „Reden, ringen, gestalten“ wolle man in einer Koalition, sagte die grüne Fraktionschefin Antje Kapek. Könnte Reden für die SPD, Ringen für die Linke, Gestalten für die Grünen stehen? So genau weiß man das nach dieser Runde nicht. Denn die 24-köpfige Hauptverhandlungsgruppe plus zwei Protokollanten und einem ständigen Begleiter pro Partei verfasste noch nichts Schriftliches für die Präambel. Eines steht jedoch schon fest: Die soziale Gerechtigkeit soll in diesem Dreierbündnis in der Prioritätenliste ganz oben stehen.
Rot-Rot-Grün möchte einen „Mehrwert“ für Berlin bringen. Konkret wurde die Runde noch nicht. „Politik für die ganze Stadt machen heißt Potenziale einbringen und diese für die Stadt nutzbar machen“, sagte die Ex-Senatorin und designierte Fraktionschefin der Linken, Carola Bluhm. Mit Partizipation soll in Berlin anders umgegangen werden. Die Stadtgesellschaft wolle man stärker mit einbeziehen.
Umgang mit dem Fahrrad-Volksentscheid
Auf die Frage, wie die Koalition mit dem Fahrrad-Volksentscheid umgehen wolle, der ein Radverkehrsgesetz vorgelegt hat, sagte Kapek: „Wir werden auch Diskussionen darüber führen, inwieweit wir das in den Koalitionsvertrag aufnehmen können.“ Partizipation sei eine „Haltung der künftigen Regierung“ und habe „hohe Priorität“. Und die soziale Spaltung in der Stadt will dieses mögliche Dreierbündnis auch auflösen. Wie, blieb noch offen.
Die 13 Facharbeitsgruppen sollen nun ihre Arbeit aufnehmen. Integration und Finanzen plus Personal/Verwaltung hat die Koalitionsrunde als „übergeordnete Querschnittsaufgabe“ definiert. Wie künftig die Bürgerämter besser ausgestattet werden können, wird in der Finanz-AG diskutiert. Über die Zukunft des ICC wird in der Stadtentwicklungs-Gruppe gesprochen.
Iris Spranger betonte, dass es einen sehr engen Austausch zwischen den Gruppen geben werde. „Ich gehe davon aus, dass wir einen guten Rücklauf von den Fachpolitikern bekommen“, sagte Spranger, die für die SPD die AG Finanzen leitet. Investitionen müssten „finanziell unterlegt“ sein. Wie berichtet, bringt die Steuerreform ab 2017 Berlin dramatische Einnahmeverluste. Nach Berechnung der Finanzverwaltung gehen dem Land 794 Millionen Euro aus Steuern und Länderfinanzausgleich verloren. Die Mindereinnahmen werden in den nächsten fünf Jahren von 61 Millionen Euro in 2017 schrittweise auf 196 Millionen Euro in 2021 steigen. Für Rot-Rot-Grün gäbe es deshalb kaum finanziellen Spielraum.
Zum Mittag gab es Tofuschnitzel und Hähnchengeschnetzeltes
Atmosphärisch scheinen die Gespräche an dem großen Tisch in Form eines gleichseitigen Dreiecks im Louise-Schroeder-Saal sehr angenehm zu verlaufen. Während der Mittagspause mit Tofuschnitzel, Paprikagemüse, Reis, Hähnchengeschnetzeltem, Rote-Beete-Salat mit Jungspinat und Roter Grütze setzten sich die Politiker von SPD, Linken, Grünen zwanglos zusammen – eine „Fraktionsdisziplin“ bestand nicht.
Am Montag trifft sich die Runde das dritte Mal. Dann geht es um politische Kultur und gutes Regieren. Am Mittwoch startet der Regierende Bürgermeister und SPD-Chef Michael Müller zur Dienstreise nach Quito. Nach den Ferien trifft sich die Koalitionsrunde zum vierten Mal und spricht über Gesundheit.