Liveblog zum Nachlesen vom SPD-Mitgliederforum: Drei Kandidaten - und jede Menge Fragen
Michael Müller, Jan Stöß und Raed Saleh stellten sich den Mitgliedern der Berliner SPD als Kandidaten für das Amt des Regierenden Bürgermeisters vor. Es ging zum Beispiel darum, wer wem im Nacken sitzt - und um soziale Gerechtigkeit. Hier gibt's den Blog zum Nachlesen.
Geplauder, Applaus, Gedränge: Am Dienstagabend fand im Willy-Brandt-Haus das erste Mitgliederforum der Berliner SPD statt, auf dem sich die Kandidaten für das Amt des Regierenden Bürgermeisters, Michael Müller, Jan Stöß und Raed Saleh, vorstellten und diskutierten. Es folgen bis zum 14. Oktober noch drei weitere Foren.
21:30 Uhr: Das war's, der Saal leert sich nach und nach. Und wir schließen hier den Blog ab - und danken fürs Mitlesen.
21:26 Uhr: Und Jan Stöß? "Wer regieren will, braucht Mut, Veränderungen herbeizuführen", sagt er. Dann versucht er, mit seinem Amt als SPD-Landeschef zu punkten. Mit ihm, so die Botschaft, werde im Roten Rathaus der Wille der Partei umgesetzt. Was wohl Frank Henkel dazu sagen würde? Schade, dass der nicht da ist.
21:24 Uhr: Saleh ist dran. "Wir leben in einer wunderbaren Stadt, die sich aber auch weiterentwickeln muss", sagt er und bezeichnet sich als richtigen Kandidaten zur richtigen Zeit. "Ich habe die Erfahrung, vielleicht nicht aus Amtsstuben und Sitzungssälen in der Zeitdauer wie andere, aber ich habe die Lebenserfahrung." Saleh gibt sich also gegenüber seinen Gegners deutlich konfrontativer als Senator Müller.
21:21 Uhr: Geschafft, das war's mit der Fragerunde. Jetzt gibt's pro Kandidat eine Minute für ein Schlussstatement. Michael Müller fängt an. "Es gibt auch ganz viel, was uns eint, das ist eine Selbstverständlichkeit", sagt er mit Blick auf seine Kontrahenten. Doch es gebe unterschiedliche Akzente, und er sage selbstbewusst, zum Regieren brauche es eine gewisse Erfahrung. Die habe er in der Partei, im Senat, in der Fraktion - und mit unterschiedlichen Koalitionspartnern. Ihm sei wichtig, an Themen dran zu bleiben, wichtig sei ihm aber auch die eigene Partei. "Ich will, dass wir nach der nächsten Wahl Optionen haben."
21:14 Uhr: "Berlin ist ein Schmelztiegel", sagt Saleh und versucht es gar nicht erst auf Englisch. Hier macht Stöß also ein kleines Pünktchen - aber wirklich nur ein kleines.
21:13 Uhr: Jan Stöß ist dran - und spricht auf Englisch über "tolerance". "Ein Satz reicht, oder?", witzelt er dann und wechselt ins Deutsche. Na ja.
21:08 Uhr: Nun werden die Kandidaten nach ihrer größten politischen Niederlage gefragt. Raed Saleh sagt bei dieser Gelegenheit auch schnell noch was zu Thilo Sarrazin. Es sei ihm damals nicht gelungen, viele Menschen zu mobilisieren und neu zu motivieren, die vom Fall Sarrazin enttäuscht gewesen seien. Michael Müller macht es so, wie es jeder Bewerbungsratgeber empfiehlt: Er schildert eine Schwäche, die eigentlich - zwinker, zwinker - eine Stärke ist. Er nämlich habe als junger Abgeordneter als einer von wenigen gegen die Privatisierung der Wasserbetriebe gestimmt, die heute alle als Fehler sehen würden. Stöß spricht über die laufende Teilausschreibung des S-Bahn-Betriebs, bei der sich der Senat gegenüber der Landespartei durchgesetzt habe. Jetzt geht's aber weiter zum Englisch-Test. Als erster ist Michael Müller dran. Er spricht über die Internationalisierung Berlins, aber - anders als Fragesteller und Moderatorin - auf Deutsch. Nummer eins traut sich also schon mal nicht. Und was machen Stöß und Saleh? Mal schauen.
21:01 Uhr: Die SPD geht in die Nachspielzeit. Jan Stöß verwandelt noch einen Abstauber: Er hätte sich gewünscht, Thilo Sarrazin wäre aus der Partei geworfen worden, sagt er - und bekommt dafür natürlich viel Applaus. Gegen Ende noch ein Stresstest. Ein Fragesteller will herausfinden, ob die drei Kandidaten eigentlich auch auf Englisch Rede und Antwort stehen können. Und das nach zwei Stunden auf dem Podium. Fast ein bisschen gemein. Andererseits: Wer Regierender Bürgermeister werden will, hat natürlich viel schwierigere Aufgaben zu bewältigen.
20:56 Uhr: Beim Thema des Zusammenhalts und der Gerechtigkeit in der Stadt gehe es darum, die Bürger zu aktivieren - denn Berlin sei schließlich die Stadt der Berlinerinnen und Berliner, sagt Michael Müller. Jan Stöß berichtet, ihn treibe um, dass es für Großprojekte nur noch dann Akzeptanz geben werde, wenn das Große zum Kleinen passe. Nach dem Motto: "Ihr könnt ein olympisches Schwimmbecken bauen, aber dann muss auch das Schulschwimmbad funktionieren." Das Prinzip, dass das Große zum Kleinen passen muss, wolle er zur Richtschnur seiner Arbeit als Regierender Bürgermeister machen.
20:50 Uhr: Jetzt aber schnell. Die letzte Fragerunde wird aufgerufen. Eigentlich bleiben nur noch zehn Minuten. Mal schauen, ob die Sozialdemokraten wirklich pünktlich um 21 Uhr die Fragerunde - und damit die Veranstaltung - beenden. Auch am Ende geht's noch mal um Soziales und Inklusion - die bestimmenden Themen des Abends.
20:49 Uhr: "Wir wollen investieren, aber wir müssen auch konsolidieren", sagt Saleh. Stöß hingegen legt den Akzent stärker aufs Investieren, mit dem Argument: "Die Substanz bröckelt uns weg."
20:45 Uhr: Müller sagt, die städtischen Wohnungsbaugesellschaften täten schon viel für barrierearme oder barrierefreie Wohnungen. Er wolle aber noch einen Schritt weiter gehen: Der aktuelle Wettbewerb "Urban Living" fördere flexible Wohnungen, die sich in Grundrissen und Barrierefreiheit wechselnden Lebensumständen anpassen. Eine Familienwohnung, die plötzlich auf Single-Größe schrumpft? Klingt ja toll, was Herr Müller da so vorhat. Schade, dass keine Zeit bleibt, um etwas genauer zu erklären, wie das gehen soll.
20:38 Uhr: Und noch eine "Basis"-Sozialdemokratin schreitet ans Mikrofon: Auch Anett Baron, die Vize-Landeschefin der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF), hat da noch eine Frage.
20:31 Uhr: Müller wird stattdessen zum Thema Studentenwohnen befragt. Er spricht von interessanten Modellen, die es gebe, etwa von umgebauten Plattenbauten, in denen Studenten-Appartements eingerichtet worden seien. Außerdem wurde Müller nach einem bestimmten gleichstellungspolitischen Prüfverfahren gefragt. Ob seine Verwaltung das durchlaufen hat, weiß Müller aber nicht - und muss an dieser Stelle passen. Fragestellerin war übrigens Julia Schimeta, Kreisvorsitzende der SPD Friedrichshain-Kreuzberg. So viel zum Thema Basis.
20:28 Uhr: Was will Raed Saleh tun, damit mehr Jugendliche einen guten Ausbildungsplatz bekommen? Der Staat müsse mit gutem Beispiel vorangehen, aber auch die Wirtschaft in die Pflicht nehmen, sagt er. Dann erzählt Saleh eine Anekdote über Jugendliche, die keinen Dreisatz können. Moment mal, die kommt uns doch bekannt vor! Liegt wohl daran, dass er sie neulich in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel schon mal aufgeschrieben hat.
20:21 Uhr: Raed Saleh sagt, es gebe viele Gründe für - aber auch viele Gründe gegen Olympia. Er werde die Bewerbung ernsthaft betreiben, diese hänge aber davon ab, ob eine Mehrheit der Bürger sie unterstütze.
20:16 Uhr: Zu seinem ersten Tag im Amt sagt Jan Stöß, es sei ganz klar, was er dann zu tun habe: Er werde sich mit Horst Seehofer streiten. Dabei geht's - na klar - um die Verhandlungen zum Länderfinanzausgleich.
20:09 Uhr: Ach so, die SPD-Mitglieder dürfen doch persönlich Fragen stellen. Jetzt geht's los, die Moderatorin ruft namentlich Genossen auf, die vorher ein Kärtchen abgegeben haben. Erstmal werden ein paar Fragen gesammelt, erst danach geht's ans Antworten.
20:05 Uhr: Beim Thema Frauenpolitik habe er immer seine Ehefrau im Nacken, scherzt Raed Saleh. Und wenn das nicht reiche, komme noch seine Mutter hinzu. Heißt das etwa, dass er Gleichstellungspolitik nicht von sich aus für ein wichtiges Thema hält? Dazu sagt Saleh nichts - und würde eine solche Unterstellung vermutlich weit von sich weisen.
20:02 Uhr: Die Kultur sei für Berlin so wichtig wie der Hafen für Hamburg, sagt Jan Stöß, befragt nach der Bedeutung, die er als Senatschef der Kultur beimessen würde. "Mit mir als Regierendem Bürgermeister wird Kultur weiter hohe Priorität haben", sagt Saleh. Kultur bringe Touristen und Geld in die Stadt - "man sägt nicht den Ast ab, auf dem man sitzt". Michael Müller nennt als einzigen den Kultur-Staatssekretär Tim Renner und lobt dessen hervorragende Arbeit. Die Berliner Kultur mache inzwischen viel mehr aus als die drei Opern. Dafür zu sorgen, dass die Kultur sich entfalten könne, sei Stadtentwicklungspolitik.
20:00 Uhr: Wie sie sich selbst beschreiben würden, werden die Kandidaten gefragt. "Ich verspreche nicht viel, aber was ich verspreche, halte ich", sagt Raed Saleh. "Ich stehe zu meinen Entscheidungen", wirbt Jan Stöß für sich. Michael Müller sagt, er lasse sich durchaus beraten, werde aber von manchen unterschätzt: "Ich kandidiere nicht als Regierender Moderator."
19:58 Uhr: Themenwechsel von Michael Müller: Er spricht mit Blick auf die AfD die jüngsten Wahlerfolge rechtspopulistischer Parteien an, dies mache ihm Sorge. Aber er wolle natürlich auch bauen - das sei ja auch wenig überraschend für einen Bausenator, sagt er selbst.
19:56 Uhr: "Berlin muss für alle bezahlbar bleiben", sagt Raed Saleh, und dafür habe die SPD auch schon vieles getan. Es fehle aber noch eine Umwandlungsverordnung, die die Partei nun noch gegenüber dem Koalitionspartner durchsetzen müsse. Er selbst komme aus Spandau, sagt Saleh. Dort hätten früher viele Wohnungen leer gestanden, heute gebe es keinen Leerstand mehr.
19.50 Uhr: Viele Berliner klicken sich jetzt im Internet in den SPD-Livestream. Spannend, der Abend der Abende bei den Sozialdemokraten. Im Willy-Brandt-Haus geht’s nun an die Fragerunde. Es geht um den Wahlkampf 2016, und Raed Saleh sagt, es gehe nicht nur darum, neue Rezepte zu finden, sondern darum, bewährte Grundsätze zu verfolgen. Die SPD müsse klarmachen, dass sie die Partei sei, die kein Kind zurücklasse. „Aufstieg für alle, klare Grenzen für das Miteinander, starke Wirtschaft“ – das werde reichen, um 2016 die Wahl zu gewinnen. Auch Jan Stöß spricht zum Thema Soziale Gerechtigkeit, für die die SPD kämpfen müsse.
19.44 Uhr: Die ersten Unmutsäußerungen sind zu vernehmen. Es wird keine direkte Befragungen der Kandidaten geben. Fragen sollen schriftlich eingereicht werden. Na gut, murrt mancher, das hätte ich mir anders gewünscht.
19.35 Uhr: Jan Stöß stellt sich nun den Mitgliedern vor. "Ich will der Bürgermeister sein, der zu Berlin passt. Berlin ist eine Stadt, die sich ständig verändert, deshalb brauchen wir auch den Mut zur Veränderung." Und dann sagt er noch, in Anlehnung an einen Spruch von Klaus Wowereit: "Armut ist eben nicht sexy." Stöß thematisiert auch seine Homosexualität – und sagte, es sei toll, dass diese heute keine Rolle mehr für seine Bewerbung spiele, anders noch, als damals, als Klaus Wowereit antrat und einen seiner berühmtesten Sätze sagte: „Ich bin schwul, und das ist auch gut so.“
19.25 Uhr: Bei der Vorstellungsrunde ist jetzt Raed Saleh dran. "Ich möchte als Regierender Bürgermeister die Wahl 2016 für uns, mit euch gemeinsam, gewinnen" sagt er und bekommt Applaus.
19.20 Uhr: Michael Müller machte schon vor den Fernsehkameras klar: "Ich will das soziale Berlin voranbringen." Er stellt sich als erster vor. Er spricht von seiner eigenen Bildungsbiografie, vom fehlenden Abitur. Raed Saleh ist nicht der einzige Aufsteiger, dieser Subtext schwingt mit. Und Müller verweist auf die Erfolge, die die SPD als Regierungspartei vorzuweisen habe. Vorher, als Parteivize Mark Rackles die Mitglieder begrüßte, gab’s Applaus für die Leistung von Klaus Wowereit.
19.15 Uhr: Gedränge, Geplauder, und jeder versucht, einen guten Platz zu ergattern. Am heutigen Dienstag findet im Willy-Brandt-Haus das erste Mitgliederforum der Berliner SPD statt, auf dem sich die Kandidaten für das Amt des Regierenden Bürgermeisters, Michael Müller, Jan Stöß und Raed Saleh, vorstellen und diskutieren. Es folgen bis zum 14. Oktober noch drei weitere Foren. 700 Genossen wollen heute kommen.
Wenn die wahlberechtigten Berliner entscheiden dürften, läge Stadtentwicklungssenator Müller im Dreikampf vorn. 54 Prozent der Befragten halten ihn in einer Forsa-Umfrage im Auftrag der „Berliner Zeitung“ für einen geeigneten Kandidaten. Damit hat Müller großen Abstand vor Stöß und Saleh, denen jeweils nur 25 Prozent der Wähler das Amt zutrauen. Bei den SPD-Anhängern in Berlin kommt Müller in der Umfrage sogar auf 62 Prozent, während sich für Saleh 31 Prozent und für Stöß nur 24 Prozent aussprechen. Weil aber nur die SPD-Mitglieder über die Wowereit-Nachfolge entscheiden dürfen, wurde auch gefragt, wer bei der parteiinternen Abstimmung per Briefwahl die besten Chancen habe. 53 Prozent der Berliner tippen auf Müller, 22 Prozent auf Stöß und 11 Prozent auf Saleh.