Filmpremiere in Berlin: Dr. Schiwagos Nebenbuhler schaut vorbei
Einst war Sir Tom Cortenay der Nebenbuhler von Dr. Schiwago. Nun spielt er in Dustin Hoffmans Regiedebüt mit und ist zur Filmpremiere in der Stadt.
Das Kino mit der größten Leinwand Europas? Das war 1965 der mit der Eröffnung des Europa-Centers dort gestartete Royal-Palast, der auch schon wieder neun Jahre dicht und mittlerweile völlig verschwunden ist. Damals aber: 380 Quadratmeter. Das war Spitze. Und imposant war auch die Laufzeit von „Doktor Schiwago“, David Leans Verfilmung von Boris Pasternacks Roman über die Liebe in den Zeiten der Revolution. Im November 1966 hatte der Film im Royal-Palast Premiere, lief dort ganze 166 Wochen lang. Gewiss, damals wurden Filme immer nur in einem Kino gezeigt, angesichts der heutigen Kopienschwemme bei vergleichbaren Blockbuster-Filmen kaum mehr vorstellbar. Aber über zwei Millionen Zuschauer in Berlin, das muss man erst mal nachmachen. Im Jahr 1967 sorgte man sich bei der Berlinale sogar schon, dass man wegen Schiwago auf den großen Filmtempel verzichten müsse. Aber der Verleih gab sich großzügig und nahm Schiwago vorübergehend aus dem Programm. In den folgenden beiden Jahren übrigens auch.
Einer der Urheber dieser unendlichen Geschichte ist derzeit in der Stadt. Sein Mitwirken an David Leans Meisterwerk hatte ihm damals seine erste Oscar-Nominierung eingebracht. Sir Tom Courtenay – damals noch ohne den hübschen Titel – spielte den nickelbebrillten Bolschwisten Pascha Antipow, genannt Strelnikow, einen Fanatiker, leider zugleich Ehemann der schönen, von Julie Christie gespielten Lara. Er war also Doktor Schiwagos Nebenbuhler, allerdings ohne Chance gegen Omar Sharifs Glutaugen und Schnurrbart. Wenn nur die Zeitumstände andere gewesen wären...
Diesmal stand Courtenay für einen Regiedebütanten vor der Kamera, Dustin Hoffman, der nach fast lebenslangem Zögern sich nun doch den entscheidenden Ruck zu diesem Wagnis gegeben und sich nicht mal einen kleinen Miniauftritt gegönnt hat, wie es Alfred Hitchcock so liebte. An diesem Sonntag um 11 Uhr hat sein Spielfilm „Quartett“ in der Deutschen Oper Premiere, in Anwesenheit des stolzen Regisseurs. Mit Courtenay ist auch ein Viertel des titelstiftenden Quartetts zugegen, ebenso die in Berlin wohlbekannte Operndiva Dame Gwyneth Jones in ihrer ersten Filmrolle. Für die Matinee gab es auch Karten zu kaufen, aber die sind schon lange weg. ac
Andreas Conrad
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