Verstorbener Bürgermeister: Dietrich Stobbe lag Berlin immer am Herzen
Der ehemalige Regierende Bürgermeister Dietrich Stobbe starb im Alter von 72 Jahren. Er stürzte 1980 über Skandale im Baubereich.
Dietrich Stobbe ist tot. Der Sozialdemokrat und ehemalige Regierende Bürgermeister von Berlin starb am Sonnabend nach langer Krankheit im Alter von 72 Jahren. Noch im Januar nahm er am Festakt in der Nikolaikirche zum 20. Jahrestag des Gesamtberliner Abgeordnetenhauses teil. Stobbe prägte die Politik der sechziger und siebziger Jahre im eingemauerten West-Berlin entscheidend mit. Als Verfechter der Entspannungspolitik nach außen, aber auch in dem Bemühen, die wachsenden innerstädtischen Probleme in den Griff zu bekommen.
Nach Berlin kam Stobbe erst mit 20 Jahren, er wollte an der Freien Universität Politikwissenschaften studieren, nachdem er im niedersächsischen Stade sein Abitur gemacht hatte. Geboren wurde er in Ostpreußen. Schon während des Studiums trat er in die SPD ein und arbeitete sich vom Kreisgeschäftsführer bis zum Landesvorsitzenden hoch. Von 1977 bis 1981 gehörte er auch dem SPD-Bundesvorstand an. 1967 errang Stobbe ein Mandat im Abgeordnetenhaus, wurde drei Jahre später Vizechef der SPD-Fraktion und 1973 unter dem Regierenden Bürgermeister Klaus Schütz Senator für Bundesangelegenheiten.
Aus den innerparteilichen Machtkämpfen hielt er sich, soweit möglich, heraus. Stobbe galt als kompetenter Hoffungsträger der SPD, der nach der Ära Schütz frischen Wind in die Berliner Politik bringen sollte. Am 2. Mai 1977 wählte ihn das Abgeordnetenhaus mit den Stimmen von SPD und FDP zum neuen Regierungschef. Allerdings blieben ihm nicht einmal vier Jahre, um Reformen in vielen Bereichen der Stadtpolitik anzustoßen. Von der öffentlichen Verwaltung über die Verkehrsplanung bis zur Bau- und Sozialpolitik. „Schaut auf diese Stadt“, hatte der legendäre Ernst Reuter ausgerufen. Schaut in diese Stadt, wollte Stobbe den eigenen Genossen beibringen.
Der Versuch war es wert, aber die neue Politik wurde überschattet durch rücksichtslos geführte innerparteiliche Richtungskämpfe, durch Filz und Korruption und den damit verbundenen Vertrauensverlust der Bürger in sozialdemokratisch geführte Stadtregierungen. Stobbe eröffnete in seiner Amtszeit die neue Staatsbibliothek, aber auch das sündhaft teure Internationale Congress Centrum (ICC). Und als die Baufirma des Architekten Dietrich Garski, abgesichert über eine Landesbürgschaft von 59 Millionen Euro, Ende 1980 in Konkurs ging, geriet die Regierung unter enormen Druck. Einen Monat später war die sozialliberale Koalition am Ende, der Senat Stobbe trat zurück.
Mit der Berliner Politik hatte er seitdem nur noch mittelbar zu tun. Stobbe ging zunächst nach New York als Leiter der Friedrich-Ebert-Stiftung. Zwei Jahre später zog er in den Bundestag ein, dem er bis 1990 angehörte. Als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und – nach dem Mauerfall – des Ausschusses Deutsche Einheit verschaffte sich Stobbe noch einmal politischen Einfluss und Respekt.
Dann wechselte er, mit 53 Jahren, in die private Wirtschaft. Zuerst als Vizepräsident bei Arthur D. Little, seit 1997 als selbstständiger Beratungsdienstleister. Mit den Genossen blieb er in gutem Kontakt. „Ihm lag das Schicksal dieser Stadt immer am Herzen, wir verneigen uns vor seinem Lebenswerk“, sagte der SPD-Landeschef Michael Müller, der mit Stobbe gut befreundet war. Berlin verliere mit Stobbe einen engagierten Menschen, der in seiner Amtszeit „wichtige Impulse gegeben und den sozialen Zusammenhalt gestärkt habe“, erklärte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit. Sehr betroffen reagierte der Abgeordnetenhauspräsident Walter Momper. Trotz seiner Krankheit, „die er mit Tapferkeit und Geduld ertrug“, sei Stobbe stets umtriebig geblieben. Er litt an einem Gehirntumor.
Der verstorbene SPD-Politiker hinterlässt seine Frau Iwona, mit der er gern noch große Reisen unternommen hätte, und zwei erwachsene Söhne. Er engagierte sich bis zuletzt als Förderer der Berliner Kultur und sozialer Projekte.
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