Mehdorns Autounfall: Dienstfahrt in die Leitplanke
Kurz vor Mitternacht ging es nach der BER-Aufsichtsratssitzung nach Hause. Doch Hartmut Mehdorn kam nicht weit. Klaus Wowereit brachte ihn nach dem Unfall nach Hause.
Es ist Freitagabend, 23 Uhr. Die meisten Mitarbeiter der Flughafengesellschaft und BER-Aufsichtsratsmitglieder haben das Tagungsgebäude neben dem Terminal des Hauptstadtflughafens am Freitagabend nach der Aufsichtsratssitzung schon verlassen. Es fehlen nur noch Flughafen-Chef Hartmut Mehdorn, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke). Mehdorn kommt heraus und schreitet schnurstracks zu seinem Audi A8. Zu einem Kommentar lässt er sich nicht hinreißen. Er packt seine Tasche auf die Hinterbank, steigt ein und fährt davon. Nur einen Augenblick später verlässt die Wagenkolonne mit Wowereit und seinen Personenschützern den Flughafen. Und ein paar Minuten später kracht es.
Verpasste Auffahrt
Mehdorn hat einen Unfall. Vor Beginn der Linkskurve in Richtung der Autobahnzufahrt geht eine kleine Stichstraße ab. Offenbar verpasst Mehdorn in Höhe dieser Straße die Auffahrt zur Autobahn. Er prallt mit der Autofront links vorn gegen einen Leitplankenpfosten an der Stelle, an der sich Stichstraße und Autobahnauffahrt teilen. Der Audi gerät in Schräglage und landet auf der Beifahrerseite. Hartmut Mehdorn kann ohne Hilfe aus dem Wagen herausklettern. Dem Vernehmen nach wirkte der 71-jährige Manager anschließend sehr gefasst und wohlauf. Er soll sinngemäß geäußert haben: So schnell kann das passieren. Mit dem Fahrzeug von Klaus Wowereit wurde die Unfallstelle abgesichert. Polizisten, die zuvor die Aufsichtsratssitzung gesichert hatten, wurden von Wowereits Personenschützern über den Unfall informiert und fuhren sofort zum Unfallort. Sie nahmen den Unfall auf und stellten sicher, dass die Bergungsarbeiten nicht behindert wurden.
Alkohol war nicht im Spiel
Bei Hartmut Mehdorn wurde ein Alkoholtest gemacht. Dieser sei negativ gewesen. „Herr Mehdorn hatte keinen Alkohol getrunken“, sagte eine Sprecherin der Brandenburger Polizei am Sonnabend. Auf Drogen wurde Mehdorn nicht getestet. „Einen solchen Test gibt es nur bei Anhaltspunkten“, sagte die Polizeisprecherin. Also wenn die Pupillen etwas verraten oder dem Auto eine Haschischwolke entweicht. Es gebe auch keine Anhaltspunkte, dass „Herr Mehdorn abgelenkt“ war, zum Beispiel durch ein Mobiltelefon. Vor wenigen Wochen hatte Brandenburgs Polizeipräsident Arne Feuring bei der Vorstellung der Verkehrsunfallbilanz 2013 gesagt, dass die Verbindungsdaten von Mobiltelefonen nur bei schweren Unfällen abgefragt werden können. Nach Angaben von Experten sei ein Nachweis aber kaum zu führen, da die exakte Unfallzeit in der Regel nicht bis auf die Sekunde genau feststeht.
Mehdorns Crash wird bei der Polizei als Bagatelle gewertet. Der Unfall wird von der Polizei „untersucht“. Es gibt kein Ermittlungsverfahren gegen den Manager. Es sei schließlich niemand geschädigt oder gefährdet worden. Ein Fahrfehler sei nicht strafbar, dieser könne jedem passieren, hieß es. Und der Unfallort sei „keine schöne Stelle“, sondern auch nach Angaben von Ortskundigen unübersichtlich. Alles sei eine rein zivilrechtliche Frage, betonte die Polizeisprecherin. Sprich: Der Schaden an der Leitplanke muss beglichen werden; wie hoch der ist, blieb unklar. Den Schaden an Mehdorns Audi schätzte die Polizei auf 20 000 Euro.
Wowereit brachte Mehdorn nach Hause
Ein Sprecher der Flughafengesellschaft hatte bereits kurz nach Mitternacht bestätigt: „Der Wagen ist in die Leitplanke gerutscht, Herr Mehdorn ist unverletzt.“ Klaus Wowereit nahm Hartmut Mehdorn nach dessen Alkoholtest in seinem Fahrzeug mit und brachte ihn nach Hause. Beide wohnen im Westteil von Berlin.
Normalerweise hat der Flughafen-Chef einen Fahrer. Doch angesichts der langen Aufsichtsratssitzung schickte Mehdorn seinen Chauffeur am Abend nach Hause. Das ist auch Usus bei manchen Politikern, die ihren Fahrern aus Rücksicht auf deren Familien am Abend freigeben oder Fahrdienste am Wochenende nicht in Anspruch nehmen. Nur zwei Landespolitiker dürfen ihren Fahrern nicht freigeben: Wowereit und Innensenator Frank Henkel (CDU). Sie sind vom Landeskriminalamt als gefährdet eingestuft und werden in gepanzerten Limousinen gefahren. Mindestens eine weitere Limousine ist für Personenschützer dabei.
Im Dezember hatte ein Unfall Schlagzeilen gemacht, an dem Bundeskanzlerin Angela Merkel beteiligt war. Wie berichtet, hatte ihre gepanzerte Limousine mit hohem Tempo auf der Autobahn 11 den Wagen eines Berliners seitlich berührt. Beide Wagen verloren den Seitenspiegel, Merkels Fahrzeuge stoppten nicht. Den Vorwurf der Unfallflucht wies das für die Bewachung der Kanzlerin zuständige Bundeskriminalamt zurück: Aus Sicherheitsgründen gebe es „Ausnahmen“ bei den Verkehrsregeln.