Arbeitswelt in Berlin: Die Zahl der Betriebe in der Hauptstadt steigt deutlich
Besonders groß ist der Gründerboom bei den Digitalfirmen. Es wird jedoch mehr Platz für die schnell wachsenden Unternehmen gefordert.
Es gibt immer mehr Betriebe in Berlin. Das geht aus bisher unveröffentlichten Zahlen der Senatswirtschaftsverwaltung hervor, die dem Tagesspiegel vorliegen. Demnach ist der Anteil der Betriebe mit mindestens einer sozialversicherungspflichtig tätigen Person zwischen 2016 und 2019 in Berlin auf 99.700 gewachsen – das macht ein Plus von 4,2 Prozent. Die Statistik beruft sich auf Daten der Bundesagentur für Arbeit, die immer einen Zeitraum von drei Jahren umfassen.
Sowohl bei den kleinen Firmen (ein bis 49 Mitarbeiter), den mittleren (50 bis 249) als auch den großen (ab 250) seien die Zuwachsraten in Berlin in den vergangenen drei Jahren höher als im Bundesdurchschnitt gewesen, teilte die Verwaltung mit. Spitzenreiter sind die „Informations- und Kommunikationstechnologien“ – in dieser Branche gibt es ein Wachstum um 15 Prozent.
Zahlreiche Unternehmen gehören in diese Branche, wie etwa die Familienunternehmensgruppe „Viessmann“, die mit Digital Hubs in der Hauptstadt präsent ist oder auch das Tech-Hub des schwedischen Zahlungsanbieters Klarna. Stark boomen zudem die Dienstleistungsbranchen: Neun von zehn Betrieben entstanden in den vergangenen drei Jahren in diesem Wirtschaftsbereich – hier vor allem bei den „freiberuflichen wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen“ – das sind etwa Anwälte, Wirtschaftsprüfer, Unternehmensberater, Architekten, Anwälte und Notare.
Die steigende Zahl an Betrieben bringt eine Zunahme sozialversicherungspflichtiger Jobs
Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) sagte zu den jüngsten Zahlen: „Das besonders große Wachstum bei den Informations- und Kommunikationstechnologien unterstreicht nicht zuletzt Berlins starke Position bei innovativen Startups und Unternehmen.“ Mit der steigenden Zahl an Betrieben sei eine deutliche Zunahme an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung verbunden, sagte Pop. Somit käme der Aufschwung auch bei den Berlinern an. Insgesamt stieg die Zahl der Beschäftigten in den vergangenen drei Jahren in Berlin um knapp zwölf Prozent. Bundesweit gab es einen Anstieg um 6,2 Prozent.
Die Entwicklung hängt mit gutem Wirtschaftswachstum zusammen - und hoher Gründungsintensität
Die Entwicklung habe aus Sicht der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) zum einen mit dem guten Wirtschaftswachstum und der hohen Gründungsintensität zu tun, sagte Verbandssprecher Carsten Brönstrup. Allerdings gibt er zu bedenken, dass damit auch eine „Normalisierung der Wirtschaftsstruktur“ stattfinde. Berlin habe teilungsbedingt nie einen so großen Mittelstand gehabt wie etwa Baden-Württemberg. Jetzt erfolge eine „Angleichung an den Rest der Republik, wo der Mittelstand deutlich stärker ausgeprägt ist“, sagte Brönstrup. Auf jeden Fall sei der Zuwachs an Firmen ein „Zeichen für den Aufwärtstrend“.
Berlin ist Gründungshauptstadt, aber es fehle zunehmend an geeigneten Flächen
Zwar ist Berlin seit Jahren Gründungshauptstadt, es fehle jedoch zunehmend an geeigneten Flächen für neue Unternehmen, betonte Henrik Vagt, Geschäftsführer Wirtschaft und Politik bei der IHK Berlin. „Insbesondere Expansionsflächen für schnell wachsende Unternehmen sind inzwischen Mangelware.“ Der Fokus dürfe nicht allein auf dem Wohnungsbau liegen, stattdessen müssten weit mehr neue Gewerbeflächen ausgewiesen werden als bisher, fordert Vagt. Sonst erlahme die wirtschaftliche Dynamik, die Berlin sich mühsam erarbeitet habe, schnell wieder.