"Tour de Toilette" in Berlin: Die schönsten stillen Örtchen
Anlässlich des Welttoilettentages sprachen wir mit der Stadtführerin Anna Haase über ihre „Tour de Toilette“, die öffentlichen Wcs einst und jetzt und ihre frühere Arbeit als Klofrau.
Frau Haase, wo steht die schönste Toilette der Stadt?
Das ist für mich das Klo an der Joachimstaler Straße gegenüber des Café Kranzler. Es ist sehr sauber und riecht so gut – man kann gar nicht glauben, dass es eine Toilette ist. Vor der Wende war das der Treffpunkt der Drogenabhängigen, um sich eine Spritze zu setzen. Heute ist die Toilette dagegen unglaublich gepflegt.
Das kann man nicht von allen Toiletten sagen. Trotzdem bieten Sie Führungen an, die „Tour de Toilette“. Wie kam es dazu?
Als Stadtführerin war ich auf der Suche nach Orten der Ruhe, nicht umsonst heißt die Toilette ja auch „stilles Örtchen“. Und weil ich früher selbst als Klofrau gearbeitet habe, kannte ich mich da aus.
War das ein Studentenjob?
Nein, das war unfreiwillig. Zu DDR-Zeiten war ich Kostümbildnerin in der Komischen Oper. Als ich einen Ausreiseantrag stellte, hat man mich zur Strafe zur Garderoben- und Toilettenfrau degradiert.
Was macht die Berliner Toiletten so interessant?
Ach, es gibt so viele Anekdötchen zu erzählen. Insgesamt gibt es 365 öffentliche WCs. Die erste öffentliche Toilette wurde bereits 1864 gebaut. Allerdings nur für Herren – Damen trugen keine Unterwäsche und mussten ihr Geschäft in den Büschen erledigen. Seit 20 Jahren wurden allerdings keine neuen Toiletten mehr gebaut, auch auf dieses Tabuthema möchte ich mit der Tour aufmerksam machen.
Ist das der Grund, warum viele Menschen in die Büsche gehen? Zum Beispiel Taxifahrer haben da offenbar ein Problem.
Früher hat Toilettenbenutzung nichts gekostet. Heute gibt es in Berlin nur noch eine einzige kostenlose Toilette: das „Café Achteck“ am Französischen Dom – hier beginnt meine Führung. Alle anderen Toiletten kosten bis zu 2 Euro. Das ist auch für Obdachlose ein großes Problem.
Was machen Sie, damit ihre Gäste während der Tour überhaupt müssen?
Am Ende der Tour gibt es einen Absacker in der Charlottenburger Kneipe „Das Klo“. Dort gibt es eine japanische High-Tech-Toilette mit beheiztem Sitz aus Keramik. Nach Abschluss des Geschäfts wird man gewaschen, getrocknet und massiert.
Das Gespräch führte Nadine El Ishmawi. Anlässlich des Welttoilettentags gibt es heute eine Sonderführung, Treffpunkt 17 Uhr rechts neben dem Französischen Dom, Gendarmenmarkt. Anna Haase, 59, bietet die „Tour de Toilette“ an. Sie ist diplomierte Stadtführerin und will auch darauf aufmerksam machen, dass es in Berlin zu wenige öffentliche Toiletten gibt.
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