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Zeigt her eure Schuh. Durchschnittlich einen Millimeter wächst ein Kinderfuß im Monat. Eltern müssen daher mehrmals im Jahr zum Einkaufen.
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Neu oder gebraucht? Schuhe für Kinder: Die Kleinen leben auf großem Fuß

Kinderschuhe sind teuer. Viele Eltern greifen deshalb auf gebrauchte Paare zurück. Doch ist das empfehlenswert? Experten geben Tipps, worauf Eltern beim Kauf achten sollten.

Die ersten festen Schuhe im Leben eines Menschen haben meist Größe 19 oder 20, sie sind keine zwölf Zentimeter lang. Trotzdem muss man sagen: Kinder leben auf großem Fuß. Was sie im Lauf der Jahre an Schuhen brauchen, geht nämlich ins Geld. Schon an ihrem zweiten Geburtstag haben die Kleinen in der Regel mindestens Größe 23, also Schuhe, die zwei Zentimeter länger sind als die ersten. Und die netten neuen Leder-Stiefelchen aus dem Kinderschuhladen haben wahrscheinlich um die 60, 70 Euro gekostet. Dazu braucht man dann noch Hausschuhe für die Kita, Sandalen für den Sommer, Gummistiefel für den Regenspaziergang, gefütterte Winterstiefel und bald auch coole Turnschuhe.

Darf man bei Gelegenheit nicht wenigstens das ein oder andere Paar vom älteren Kind an das jüngere weitervererben? Oder sich im Second-Hand-Shop nach passenden Schuhen umsehen?

Nein, erklärt der Hamburger Kinderarzt Hilmar Uhlig in einem Video auf der Ratgeberseite eltern.de. Schuhe weiterzugeben sei keine gute Idee, weil jeder Schuh sich schon nach kurzer Einlaufzeit dem Fuß seines Trägers anpasse und dann für spätere Träger ungeeignet sei. Besser man kaufe seinem Kind weniger Schuhe, dafür aber neue.

Fast 70 Prozent der Kinder trugen in einer Studie zu kleine Schuhe

„So rigoros kann man das nicht sagen“, widerspricht hingegen die Orthopädin und Fuß-Spezialistin Tania Kostuj von der Ruhr-Universität in Bochum, die sich selbst auch privat als Mutter einer kleinen Tochter mit der Schuhkauf-Frage beschäftigt. Sie sieht kein Problem darin, gut erhaltene, möglicherweise wenig getragene Schuhe zu vererben oder gebraucht zu kaufen. „Das sollte man natürlich nicht tun, wenn der Schuh schon verformt ist oder die Sohle stark abgerieben oder gebrochen ist.“ Auch in puncto Hygiene hat Kostuj keine grundsätzlichen Bedenken, Schuhe weiterzugeben. Schließlich entwickeln kleine Kinder nur selten „Schweißfüße“. Und größere werden sich ohnehin weigern, die von ihren älteren Geschwistern stammenden Sneakers, die in der Diele immer so einen merkwürdigen Geruch verbreiteten, noch weiter „aufzutragen“.

„Einen guten Schuh mit wenig Gebrauchsspuren kann man aber ohne Weiteres weiterverkaufen oder vererben“, sagt auch die niedergelassene Berliner Kinderorthopädin Uta Laukens, Mutter von drei Kindern. Aber egal, ob sie nun aus dem Second-Hand-Shop oder niegelnagelneu aus dem Schuhgeschäft kommen: Es gibt Kriterien dafür, ob Kinderschuhe gut sind. Zunächst einmal müssen sie die richtige Größe haben. Im Jahr 2010 ergab eine Studie, für die Sportwissenschaftler und Ärzte der Medizinischen Universität Wien in Kindergärten gegangen waren, dass fast 70 Prozent der untersuchten Kinder zu kurze Straßenschuhe trugen. Zu ähnlichen Ergebnissen kam eine Untersuchung der BKK mit Kindern in Bayern, Rheinland-Pfalz und Hessen.

Durchschnittlich einen Millimeter wächst ein Kinderfuß in jedem Monat

Durchschnittlich einen Millimeter wächst ein Kinderfuß in jedem Monat. Kinderärzte und Kinderorthopäden empfehlen: Neue Schuhe sollten rund 18 Millimeter länger sein als der Fuß. Kauft man sie eine halbe bis eine Nummer größer als unbedingt erforderlich, dann ist auch nach ein paar Monaten noch genug Platz, der vor allem beim Abrollen gebraucht wird, und sie stehen die Saison durch. Trotzdem dürfen sie auch nicht zu groß sein, denn gerade dann können sie scheuern und zu Druckstellen führen.

Wenn der „Neue“ eine herausnehmbare Sohle hat, kann man leicht ermitteln, ob der Abstand stimmt. Ansonsten kann es helfen, vor dem Schuhkauf die Umrisse des Fußes aufzuzeichnen und eine Schablone auszuschneiden. Oder eine entsprechende Mess-Schablone aus dem Laden zu nutzen. Weit weniger zuverlässig ist es, nur mit dem Daumen zu prüfen, ob in den neuen Schuhen vorne „genug Luft“ ist.

Wenn es um das Ermitteln der richtigen Schuhgröße geht, können Großeltern ihren Enkeln noch etwas erzählen, was heute schon fast wie ein Ammenmärchen wirkt: Bis in die 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts hinein standen in den Schuhgeschäften die bei den Kindern sehr beliebten „Pedoskope“. Geräte, in die man den probeweise neu beschuhten Fuß stellen konnte, um ihn mithilfe von Röntgenstrahlen zu durchleuchten. Schuhverkäuferin, Mutter und Kind sahen durch die Glasscheibe dann das knöcherne Skelett des kindlichen Fußes im ledernen Bett. Dass der Schuh nicht drückte, bezahlte man damals noch bedenkenlos immer wieder mit einer Strahlenbelastung.

Vorne sollten sie biegsam sein, hinten genug Halt geben

Außer der richtigen Länge und Breite müssen Kinderschuhe noch ein paar andere Anforderungen erfüllen. Was teure Schuhe übrigens nicht automatisch besser tun als preisgünstigere. Vorne sollten sie biegsam und weich genug sein, um ein gutes Abrollen zu ermöglichen. Hinten müssen sie der Ferse unbedingt genug Halt bieten, damit bei schnellen Bewegungen und seitlichem Drehen keine Unfälle passieren. Die ganz kleinen Lauf-Anfänger sollten zudem eher Stiefelchen tragen, empfiehlt Laukens.

Was die Langzeit-Perspektive betrifft, so beruhigt die Kinderorthopädin aber besorgte Eltern: „Es gibt keinen Kinderschuh, der Kinderfüße kaputtmachen kann.“ Das Thema Schuhe werde oft überbewertet, und auch Einlagen würden immer noch zu oft verordnet. Spezielle orthopädische Schuhe brauchen ohnehin nur Kinder mit Fehlstellungen, die nicht oder nicht mehr „von selbst“ verschwinden können. In manchen Fällen kann man ihnen durch eine gezielte Behandlung Operationen ersparen. Einigen Kindern mit neurologischen Auffälligkeiten kann auch mit Spezialschienen geholfen werden, die sie im Schuh tragen.

Selbstverständlich sollen die Schuhe auch vor Nässe schützen und möglichst die Hitze nicht stauen. Dass Menschen sich in ihnen angenehm und trockenen Fußes fortbewegen, ist schließlich ihre Hauptaufgabe. Leder ist in dieser Hinsicht grundsätzlich sehr geeignet, weil es atmungsaktiv ist. „Es ist aber auch kein Drama, wenn ein kleiner Star-Wars-Krieger sein Herz an blinkende, geräuschvolle Kunstledertreter verliert oder die kleine Prinzessin sich für blumenberankte Flip-Flops entscheidet“, beruhigt Kinderorthopädin Laukens besorgte Eltern.

So cool und so schön die auch sind: Die Kinder sollten ihre Schuhe möglichst oft ausziehen. Barfußgehen sei in jedem Alter extrem wichtig, besonders aber für die Kleinsten, die gerade erst laufen lernen, sagt Kostuj. Viele Kinder haben am Anfang zum Beispiel noch Plattfüße. Das ist ganz normal, doch nur wenn die Fußmuskeln angemessen gefordert sind, trainieren sie sich die ab. Am besten trainiert man sie, wenn man ohne Schuhe läuft.

Wird das beherzigt und stehen sie öfter mal unbenutzt herum, dann dürften vor allem die Schuhe der Kleinsten zu dem Zeitpunkt, an dem sie nicht mehr passen, nicht allzu ramponiert aussehen. Ihre Laufbahn muss an diesem Punkt noch nicht enden.

Weitere Tipps zum Thema Schuhkauf für Kinder findet man auf der Internetseite www.kinderschuhe-finden.de. Wie man die richtige Schuhgröße von Kindern ermittelt, darüber klärt die Webseite www.kinderfuesse.com auf.

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