Ausschreitungen in Berlin: Die Innenminister sollten ein Verbot von Querdenker-Vereinen prüfen
Tausende Querdenker haben am Sonntag das Demoverbot missachtet, es kam zu Gewalt. Der Staat darf sich nicht länger vorführen lassen. Ein Kommentar.
Die Bilder sind erschreckend. Querdenker laufen trotz des Verbots ihrer Demonstrationen durch Berlin, sie überrennen Polizeiketten, Beamte und Journalisten werden attackiert. Der Sonntag zeigt einmal mehr, welche Aggressionen sich in der Szene der Corona-Leugner ballen. Und in welchem Maße sich zumindest Teile der Querdenker radikalisiert haben.
Der Staat gilt als Feind, dessen Gesetze und Rechtsprechung bewusst missachtet werden. Auch wenn viele Querdenker äußerlich eher bieder und bürgerlich erscheinen, ist da ein harter Extremismus herangewachsen, vergleichbar mit dem fanatischen Auftreten von Neonazis und Autonomen. Die demokratische Grundordnung wurde am Sonntag, in jeder Hinsicht, von tausenden Querdenkern mit Füßen getreten.
Ähnlich wie vor einem Jahr, beim versuchten Sturm von Corona-Leugnern auf den Reichstag, wirkte die Polizei überfordert. Das hätte nicht passieren dürfen. Die Berliner Sicherheitsbehörden müssen sich fragen lassen, ob sie gut genug vorbereitet waren. Ob die Erkenntnisse über die Absichten der heimischen Querdenkerszene und der anreisenden Corona-Leugner ausreichten, um frühzeitig gewarnt zu sein.
Die Gruppierung Querdenken 711 hatte angekündigt, ein Verbot unterlaufen zu wollen. Außerdem konnten die Corona-Leugner einen nicht verbotenen Autokorso nutzen, um sich zu sammeln.
Reichte die Zahl der Einsatzkräfte am Sonntag aus?
Der Polizei war bekannt, wie unberechenbar das Milieu ist. Sie hätte sich offenbar taktisch besser aufstellen müssen, um das von zwei Verwaltungsgerichten bestätigte Demonstrationsverbot durchzusetzen. Auch wenn zunächst unklar war, ob nun tausende Querdenker auflaufen oder nur ein paar hundert.
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Dass die Polizei früher auch schon mal gut gerüstet in Berlin auf einen größeren Ansturm von Corona-Leugnern wartete, aber dann nur ein Häuflein kam, kann kein Grund sein, nicht vom Schlimmsten auszugehen. Vermutlich hätten deutlich mehr Polizeieinheiten aus anderen Ländern angefragt werden müssen. Dass am Sonntag mehrere hundert Querdenker vorläufig festgenommen wurden, ist nur ein schwacher Trost.
Die Querdenker provozieren geradezu den Ruf nach Verboten
Es geht aber nicht nur um taktische Schwächen der Polizei. Die Innenminister der Republik kommen kaum noch um die Frage herum, ob nicht härtere Maßnahmen gegen die ausufernde Staatsfeindlichkeit der Szene notwendig sind. Die Beobachtung durch den Verfassungsschutz reicht offenbar als Druckmittel nicht.
Die Ausschreitungen vom Sonntag waren keineswegs die ersten Exzesse und wohl auch nicht die letzten. So provozieren die Querdenker geradezu den Ruf nach dem Verbot ihrer Organisationen.
Eine vereinsrechtliche Auflösung von Querdenken 711, der Keimzelle des Spektrums, und womöglich weiterer Gruppierungen würde die Bewegung hart treffen. Die Polizei könnte Wohnungen und Büros der Anführer durchsuchen, Computer und Smartphones würden beschlagnahmt und ausgewertet, die Kommunikation und Organisation der Querdenker wären erschwert. Außerdem würden Mitläufer abgeschreckt.
Ein Verbot wäre kein Allheilmittel, aber ein Dämpfer. Von dem sich die Szene so schnell nicht erholen würde. Der Staat darf sich nicht länger von radikalisierten Corona-Leugnern vorführen lassen.
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