Wohnungsbau in Berlin: Die Idee – 37 Stockwerke am Landwehrkanal
Architekt Wolfgang Keuthage hat ein Hochhaus mit 37 Stockwerken entworfen. Er sieht sein Modell als Debattenbeitrag zur Berliner Stadtplanung.
Seit der Wende wird über Hochhäuser an markanten Punkten der Berliner City diskutiert – gebaut wurde fast nichts. Aber „jetzt ist möglich, was man immer schon gedacht hat“, sagt Wolfgang Keuthage vom Architektenbüro HKA (Hastrich Keuthage Architekten BDA), das nahe der Synagoge in der Oranienburger Straße arbeitet. Die Zeit sei günstig.
Berlin braucht Wohnungen. Die Stadt explodiert. Die Standorte in der Innenstadt werden immer rarer. „Aber ich habe einen gefunden“, sagt Keuthage. „Und das Haus dazu entworfen – als anregenden Diskussionsbeitrag. Und als modernes, unübersehbares Eingangstor zum Potsdamer Platz, wenn man von Westen kommt“.
Neun Wohnungen auf jeder Etage
Die Architekten nennen ihre modellierte Vision „Hohes Wohnen am Reichpietschufer“. Das Haus mit 37 Stockwerken soll 120 Meter hoch werden, auf jeder Etage sind neun Wohnungen geplant, „Neunspänner“ nennt das der Fachmann. „Es ist ein Debattenbeitrag, ein Architektur- und Standortvorschlag zum Thema Wohnhochhausbau“, sagt Wolfgang Keuthage, der sich der Probleme beim Bauen auf einem öffentlichen Grundstück wohl bewusst ist.
Irgendwie möchte er mit diesem Vorschlag einen Stein ins Wasser werfen. Damit dieser Standort im Berliner Hochhausentwicklungsplan mitdiskutiert wird. Zwischen Landwehrkanal und Staatsbibliothek könnte der Potsdamer Platz vervollständigt werden: „Hier wurde ursprünglich ein Mix aus Büroflächen, Wohnungen und Geschäften gebaut.
Neuer Wohnraum am Übergang zu den Quartieren in Schöneberg erscheinen genau an dieser Stelle richtig. Sie würden einer Durchmischung am Potsdamer Platz guttun“, sagt der Architekt, während er die Pläne zu seinem beeindruckenden Hochhaus erklärt. Im Miniformat wirkt es, als seien 38 CDs verschränkt übereinander gestapelt – vergrößert hat der Entwurf etwas Dynamisches, das vielen „Baukästen“ oder auch gebauten „Zigarrenkisten“ aus der Computer-Retorte fehlt.
Keuthage betont die Orientierung zum Licht. Dabei hilft die fünfeckige Grundform. „Alle Wohnungen sind extrem gut belichtet, alle haben Balkone. Bodentiefe Fenster bieten weitläufige Ausblicke. Gleichzeitig sind die Wohnungen sehr privat“. Und das bei einer Wohnfläche von insgesamt 28000 Quadratmetern!
Auf die Frage nach den Projekten, die der Münsteraner in Berlin realisiert hat, verweist Wolfgang Keuthage auf die Mitarbeit am Velodrom und an den Galeries Lafayette, wo ihm sein französischer Kollege Jean Nouvel die gläserne Fassade anvertraut hatte. In jüngster Zeit entwarfen die HKA-Architekten Projekte der Firma Archigon – ein Wohnhaus in der Pettenkofer Straße („Polygongarden“) und die „Bouchégärten“ direkt am einstigen Mauerverlauf zwischen Landwehrkanal und Treptower Park. Das sind Eigentumswohnungen in hoher Qualität.
Wäre es nun nicht auch einmal an der Zeit, dass die Stadt Berlin als Bauherr für solch ein Hochhausprojekt am Potsdamer Platz (oder wo auch immer) auftritt, um der wachsenden Wohnungsnot entgegen zu bauen? Nicht klein-klein, sondern groß-groß.
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