Berlin-Lichtenberg: Die größte Bauruine der Stadt trägt jetzt vier Sterne
Vor über zehn Jahren wurden die "Landsberger Arkaden" als Einkaufszentrum geplant - entworfen vom Star-Architekten Aldo Rossi. Doch das Projekt in Lichtenberg platzte. Nun haben Investoren sich erbarmt und aus dem Koloss an der Landsberger Allee ein Luxushotel gemacht.
Von der verglasten Sky-Bar im 14. Stock scheint der Alexanderplatz zum Greifen nah. „Nur zehn Minuten mit der Straßenbahn“, schwärmt Rudolf Oezelt, er wohnt am Alex. Eine Etage unter der Bar, im zwölften Stock, ist das Sky-Café, den 13. gibt es nicht, Hoteliers wie Oezelt sind abergläubisch. Sie klopfen automatisch an ein Hotelzimmer, auch wenn sie ziemlich genau wissen, dass es leer ist.
Ein „schwebendes Wohlgefühl“ sollen die oberen Aussichtspunkte vermitteln, sagt der Hotelfachmann aus Wien. Sie sind Höhepunkte eines Bauwerks, das bislang nur Tiefpunkte kannte. Als „Landsberger Arkaden“ gelangte es zu trauriger Berühmtheit. Entworfen vom italienischen Star-Architekten Aldo Rossi, sollte es an der Landsberger Allee zum Einkaufszentrum mit Galerien, Cafés, Büroturm und kleinerem Hotel werden. Das Projekt, 1996 begonnen, platzte, weil andere Einkaufzentren entstanden und erhoffte Mieter absprangen. Es verkümmerte rund zehn Jahre als Berlins höchste Bauruine. Als „Mahnmal des Größenwahns“ war es verschrien. Es gab eine Zwangsversteigerung, mehrere Eigentümerwechsel, kurz war das Gebäude auch als Rathaus im Gespräch – bis sich eine deutsch-österreichische Hotelbaugruppe des Hauses erbarmte, es erwarb und in den letzten 19 Monaten für rund 70 Millionen Euro umbaute. Nun eröffnet es am 1. März als „Andel’s Hotel“: Kategorie vier Sterne plus, mit 557 Zimmern und Suiten, mit Konferenz- und Ausstellungsflächen, einem Ballsaal, 550 Tiefgaragenplätzen. Vor allem dem großen Estrel, dem Maritim und dem Interconti will Andel’s Konkurrenz machen.
So kunterbunt, wie sich der 1997 verstorbene Rossi das Gebäude im Stil seiner Häuser an der Schützenstraße vorgestellt hatte, ist es nicht geworden. Aber grün-blaue-Fenstertupfer schmücken die grau-weiße Fassade. Umgebaut wurde das Gebäude vom Architektenbüro Seeger-Müller, eingerichtet vom britischen Architekten-Duo Jestico + Whiles, im Retro-Stil der 70er Jahre. Dunkler Schiefer, viel Glas, viele Spiegel, markante Muster. Angesprochen werden sollen auch Gäste, die sich als Design- und Architekturliebhaber verstehen. Die Restaurants bieten unter anderem österreichische Spezialitäten an.
Rund 150 Mitarbeiter sind schon im Haus, 250 sollen es insgesamt werden. Das Hotel ist bereits gut gebucht, es gibt zwei Monate Eröffnungsangebote für 99 oder 119 Euro pro Einzel- und Doppelzimmer. Am 8. März ist auch ein Tag der offenen Tür von 12 bis 18 Uhr geplant. Dann können die Berliner sehen, was aus einem verloren geglaubten Bauwerk werden kann. Und die schöne Weitsicht aus 60 Metern Höhe genießen. Nur gleich gegenüber wird der Blick ein wenig getrübt. Direkt vorm Haus wirken die Anlagen der S-Bahn recht verwahrlost.
Christian van Lessen