Spendenaktion: Die Folgen der rohen Gewalt
Moabiter Zentrum hilft traumatisierten Flüchtlingen.
Auch dieses Jahr bittet der Tagesspiegel seine Leserinnen und Leser wieder um Spenden für die Weihnachtsaktion „Menschen helfen!“. 53 Projekte und Initiativen wollen wir bedenken – und stellen in unserer Serie einige stellvertretend vor.
Farsane (Name geändert) hat mit ihren 32 Jahren und zwei Kindern bereits so viele traumatische Erlebnisse gehabt, dass sie ständig den Tränen nahe ist. Der Kloß in ihrem Hals geht gar nicht mehr weg. Erzählen kann sie Fremden noch nicht, was ihr ständig die Kehle zuschnürt. Nur so viel: Sie war drei Monate mit ihrer Familie auf der Flucht. „Vor den Stammeskämpfen“, sagt sie noch leise auf Persisch, bevor ihr wieder die Tränen über die Wangen kullern. Auf der Flucht also, vor der rohen Gewalt in einem der gefährlichsten Krisengebiete.
Wie? „Zu Fuß, mit Pferden, auf Wagen.“ Drei Monate, in denen die vierköpfige Familie nicht wusste, wo sie abends schläft, wann sie das nächste Mal isst und ob sie die Reise überlebt. Farsane und ihre Familie haben die schwere Odyssee überlebt. Seit wenigen Monaten ist die junge Frau in Deutschland und zumindest vorerst in Sicherheit. Das Gefühl der Angst und die Erinnerungen an die Qualen hat sie jedoch mitgebracht.
Seit kurzem hat sie eine Anlaufstelle gefunden, wo sie lernt, mit ihren Traumata umzugehen. Sie geht regelmäßig ins Behandlungszentrum für Folteropfer „Überleben“ in Moabit, wo seit 1992 jährlich knapp 500 Menschen Hilfe suchen, die Kriegsgewalt erlebt haben. Die Einrichtung unterstützt die Menschen aus knapp 60 Nationen, ihre seelischen und oftmals auch körperlichen Folgen der Gewalt zu bewältigen.
Farsane ist im „betreuten Wohnverbund für Migrantinnen“ untergekommen, das 13 Plätze hat. Sie wohnt nicht, wie vier andere, in der therapeutischen Wohngemeinschaft, sondern mit ihrer Familie in einem Asylbewerberheim. Doch ihre Betreuerin steht ihr zur Seite und hilft überall, wo es nötig ist. Etwa beim Gang zum Arzt, bei Papierkram für Behörden und natürlich bei der Therapie. Ihr Mann und ihre Kinder wollen nicht mit anderen über ihre Schmerzen sprechen. Also will Farsane lernen, wie man damit umgeht, um anschließend ihnen helfen zu können.
Was sie am dringendsten braucht? „Deutsch, ich muss die Sprache lernen“, sagt sie zur Dolmetscherin, die ihre Antworten übersetzt. Und dann wünscht sie sich, dass die Entscheidung über ihren Asylantrag bald fällt. „Fast alle Frauen leben mit einem unsicheren Status“, sagt die Psychologin Susanne Höhne, das sei für die Therapie extrem erschwerend.
Viele Patientinnen im Projekt haben laut Höhne sexuelle Gewalt erlebt, weshalb sie eine „männerfreie Zone“ brauchen, die ihnen im Wohnverbund geboten wird. Die vier Frauen in der WG und die extern Betreuten werden regelmäßig zum gemeinsamen Frühstück eingeladen – „eine gute Gelegenheit, einmal zu lachen“. Aber auch, um sich auszutauschen und zu erkennen, dass die Frauen mit dem erlebten Schicksal nicht alleine sind. Das helfe sehr.
Als Farsanes Familie in Deutschland ankam, hatte sie nichts außer ihr Leben retten können, so wie fast alle Flüchtlinge. Im Asylbewerberheim wurden sie mit dem Nötigsten ausgestattet. Die Frauen in der Wohngemeinschaft von „Überleben“ werden jedoch nur mit dem ausgestattet, was das Behandlungszentrum zunächst bieten kann. „Ein Schlafplatz in vier Wänden“, erklärt Höhne, aber das reiche auf Dauer nicht aus. „Gerade jetzt, im Winter, wo die Frauen viel zu Hause bleiben, brauchen sie ein paar Möbel.“ Nicht zuletzt auch für das seelische Gleichgewicht. Ferda Ataman
Das Konto: Spendenaktion Der Tagesspiegel e. V., Verwendungszweck: „Menschen helfen!“, Berliner Sparkasse (BLZ 100 500 00), Konto 250 030 942. Bitte Namen und Anschrift für den Spendenbeleg notieren – auch beim Onlinebanking.
Ferda Ataman