Vor 60 Jahren: Die erste Berlinale - Glamour in Trümmern
Als Steglitz Kopf stand: Heute vor 60 Jahren begann die erste Berlinale. Damals wurde noch in der Waldbühne und im Titania-Palast gefeiert - die Großkinos waren zerstört.
So beneidenswert das Leben der Stars auch erscheinen mag: Beim Gang über den roten Teppich der Berlinale trifft sie mancher mitleidsvolle Blick. Gerade noch saßen sie in der warmen Limousine, da werden sie schon in Kälte, Schneegestöber verstoßen und dürfen nicht mal rasch wieder ins Trockene eilen, sondern müssen posieren, Autogramme geben, immer gleiche Fragen beantworten.
So war es in Berlin nicht immer: An diesem Montag vor 60 Jahren, an einem Frühsommerabend im Steglitzer Titania-Palast, begann die Erfolgsgeschichte der Internationalen Filmfestspiele, für die sich schon bald der von der „Insulaner“-Kabarettistin Tatjana Sais erfundene Name „Berlinale“ einbürgerte. Der Sommertermin – erst 1978 wurde das Filmfest in den Februar verlegt, um Abstand zu den Filmfestspielen in Cannes zu gewinnen – war indirekte Folge des Krieges. Intakte Großkinos hatte die Stadt kaum mehr zu bieten, die warme Jahreszeit aber ließ auch die Waldbühne für Aufführungen zu, neben dem Titania-Palast als Hauptspielstätte, den die Amerikaner beschlagnahmt hatten, für die Berlinale aber freigaben.
Eine Begeisterung hatte die Stadt erfasst, die heute kaum mehr vorstellbar ist: „Steglitz stand Kopf. D. h. eigentlich stand es Schlange. Es stand Mauer. Die Polizei riegelte ganze Straßenzüge ab, als lägen hochentzündliche Minen in der Gegend“, so schilderte es der „Telegraf“. Jede Menge Stars waren gekommen, deutsche vor allem wie Hans Söhnker, Olga Tschechowa, Theo Lingen und Carl Raddatz. Der internationale Topstar dieses Festivals, Joan Fontaine, kam erst kurz vor dessen Schluss, obwohl ihr Film – Hitchcocks Psychothriller „Rebecca“ von 1940 – gleich am Eröffnungsabend lief.
Es musste eben noch vieles improvisiert werden, kein Wunder angesichts knapper Ressourcen und noch knapperer Zeit. Erst im Herbst 1950 war auf Betreiben von Oscar Martay, Filmoffizier beim amerikanischen Hochkommissar, der Gründungssausschuss zusammengekommen, in dem auch gleich ein silberner Bär als Preis ins Gespräch kam. Festivalleiter wurde Alfred Bauer, zuvor Filmreferent der Britischen Militärregierung in Berlin. Der Osten blieb ausgeschlossen, das Festival sollte ja ein Schaufenster des freien Westens werden, war zudem als Konkurrenz zu den ebenfalls im Sommer geplanten Weltjugend-Festspielen in Ost-Berlin gedacht. Daher gab es auch verbilligte Aufführungen für die Zuschauer von drüben.
Hinterher wurde manche Kritik laut, etwa an der Organisation und der Qualität der deutschen Filme. Insgesamt aber war man sich einig: ein großer Erfolg.