Berlin-Linien U 5 bis U 9: Die BVG saniert ihre U-Bahn-Oldies in Leipzig
Weil Geld für Käufe fehlt, werden alte U-Bahnen einfach erneuert. Und weil es dafür in den Werkstätten in Berlin keinen Platz gibt, geht’s nach Leipzig. Ein Werkstattbesuch in Sachsen.
BVG - Made in Leipzig. Diese Herstellerangabe könnte in Zukunft auf den Berliner U-Bahnen stehen. Die BVG lässt in Sachsen derzeit alte U-Bahn-Fahrzeuge wieder auf jung trimmen, damit die 40 Jahre alten Oldies noch einmal weitere 20 Jahre durch die Hauptstadt fahren können.
Für neue Züge im so genannten Großprofilnetz mit den Linien U 5 bis U 9 fehlt nämlich derzeit – noch – das Geld. Jetzt ist der erste modernisierte Doppeltriebwagen nach Berlin zurückgekehrt – auf einem Tieflader über die Autobahn.
Ein neuer Wagen kostet nach Angaben von U-Bahnchef Hans-Christian Kaiser etwa 1,2 Millionen Euro; die Runderneuerung eines alten Fahrzeugs sei dagegen für etwa ein Drittel der Kosten zu haben. Deshalb hat die BVG bereits 17 Doppeltriebwagen aus dem Jahr 1974, F 74 genannt, für weitere 20 Jahre fit gemacht.
In der eigenen Werkstatt. Dort fehle aber inzwischen der Platz für weitere Modernisierungen, sagte Kaiser. Die Anlagen seien mit der laufenden Instandhaltung ausgelastet, zu der auch außerplanmäßige Reparaturen, von Kaiser als Rollkur bezeichnet, an neueren Bahnen gehören.
Allerdings hat die BVG in den vergangenen Jahren auch die Kapazitäten für solche Arbeiten verringert. Sie hat die Hauptwerkstatt in Grunewald aufgegeben und in die Anlage an der Seestraße integriert. Dort gibt es nur neun sogenannte Stände, an denen gearbeitet werden kann.
Dagegen hat man in Leipzig für die Modernisierung von weiteren 39 Doppeltriebwagen aus dem Baujahr 1976 (F 76) vier Arbeitsstände aufgebaut. Jeweils rund vier Wochen sind für das Aufarbeiten eines Fahrzeugs veranschlagt.
Den Auftrag dafür teilen sich die Vossloh Kiepe GmbH aus Düsseldorf, die für die Elektrik zuständig ist, und die IFTEG GmbH, ein Tochterunternehmen der Leipziger Verkehrsbetriebe. Die haben sich schon vor Jahren ein weiteres Standbein geschaffen und reparieren nun auch Fahrzeuge von anderen Verkehrsbetrieben. Die Berliner U-Bahnen müssen aber noch weiterreisen, ehe sie zurückkommen. Lackiert werden sie, wie auch schon andere Züge in der Vergangenheit, nämlich in einem Werk in Halberstadt.
Bei der Modernisierung gibt es auch einige Änderungen: Durch das Entfernen einer Sitzbank, auf der drei Fahrgäste Platz fanden, gibt es in den Zügen nun einen Mehrzweckbereich für Rollstühle, Fahrräder oder sperriges Gepäck. Ohne Klappsitze, so dass der Platz nicht von sitzenden Fahrgästen blockiert wird. Die Wände sind in diesem Bereich durch Edelstahlplatten geschützt. Auch das Öffnen der Türen wird einfacher. Taster ersetzen die bisherigen Griffe. Und auch die Sitze sind – noch – nicht ganz so hart. Weil die von der BVG nach einer Umfrage unter Fahrgästen ausgewählten, nur wenig gepolsterten Hartschalensitze erst zum Jahresende geliefert werden können, baut die IFTEG jetzt noch herkömmliche Bänke ein, auf denen das Sitzen etwas bequemer ist.
Dagegen gibt es auch in diesen modernisierten Zügen weiter keine optischen Anzeigen zum nächsten Bahnhof, wie es sonst fast überall üblich ist. Obwohl das Aufmöbeln der alten Züge erheblich billiger ist als der Kauf neuer Bahnen, spart die BVG hier auch noch bei der Information für ihre Fahrgäste. Einen freien Fensterdurchblick gibt es auch nicht. Die Züge verlassen Leipzig zwar mit freien Scheiben, doch in Berlin erhalten sie dann die üblichen Folien mit dem Brandenburger Tor als Motiv, die vor dem Zerkratzen schützen sollen.
Geld für neue Züge hat der Senat bisher nur für die Kleinprofillinien U 1 bis U 4 bereitgestellt, bei denen die Züge schmaler sind als im Großprofil. Zwei Züge mit je vier durchgängig begehbaren Wagen sind bisher bestellt. Bewähren sie sich in einem ausgiebigen Alltagstest, will die BVG zunächst 24 weitere Züge anschaffen. Kosten: 158 Millionen Euro. Für weitere zehn Bahnen gibt es eine Option, aber keine Finanzierung.
Die neuen Züge sollen mindestens 30 Jahre halten. Kaiser hofft, dass dies möglich sein wird. Die Praxis habe bisher nämlich gezeigt, dass die Qualität von Bauserie zu Bauserie abgenommen habe. Deshalb sei noch nicht entschieden, ob auch die 35 Doppeltriebwagen aus der Lieferung von 1979 (F 79) ebenfalls modernisiert werden.
Klaus Kurpjuweit