Berliner Nahverkehr: "Die BVG ist auf Preiserhöhungen angewiesen"
Wird das Bahn-Ticket wieder teurer? Der VBB-Aufsichtsrat wird das Thema demnächst besprechen, sagt der Vorsitzende, Staatssekretär Christian Gaebler. Einen Termin dafür gibt es aber noch nicht.
Staatssekretär Christian Gaebler aus der Senatsverkehrsverwaltung ist jetzt auch Vorsitzender des Aufsichtsrats im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB). Gleichzeitig sitzt Gaebler auch im Aufsichtsgremium der BVG, bei der seine Verwaltung den Verkehr bestellt. Wir wollten von ihm wissen, was er nun vorhat.
Herr Gaebler, werden Sie als Vorsitzender des VBB-Aufsichtsrats in diesem Jahr eine Preiserhöhung für Fahrten mit Bahnen und Bussen beschließen?
Der Aufsichtsrat wird sich in seinen nächsten Sitzungen sicher damit beschäftigten. Bisher gibt es aber keine Beschlüsse dazu, und somit auch keinen Termin.
Die BVG ist dafür, die Preise regelmäßig zu erhöhen. Müssten Sie als Aufsichtsrat bei der BVG diese Haltung im VBB nicht unterstützen?
Die BVG hat mehrfach deutlich gemacht, dass sie auf regelmäßige Erhöhungen angewiesen ist. Preiserhöhungen sind für die Fahrgäste nicht schön. Aber die Verkehrsbetriebe müssen ihre gestiegenen Kosten auffangen. Und dazu müssen auch die Fahrgäste beitragen.
Spielt bei den Überlegungen auch die Landtagswahl in Brandenburg eine Rolle, die in diesem Jahr stattfindet? Teurere Fahrten im Nahverkehr sind schließlich unpopulär.
Es gibt natürlich unterschiedliche Meinungen im Aufsichtsrat. Klar ist auch, dass beim Verzicht auf höhere Preise in diesem Jahr die nächste Runde die Fahrgäste stärker belasten wird. Ich weiß nicht, ob das jedem klar ist.
Preiserhöhungen im Nahverkehr gehören zu den umstrittensten überhaupt. Verstehen Sie das?
Es gibt durchaus Leute, die sagen, dass der Nahverkehrspreis der moderne Brotpreis ist, weil er von vielen als Teil der Daseinsvorsorge gesehen wird, für die der Staat zuständig ist. Ich glaube, dass das übertrieben ist. Sicher haben Fahrpreise aber auch eine soziale Funktion. Und genau dafür haben wir Spezialtarife, die es auch Menschen mit geringem Einkommen ermöglichen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Kritik an Preiserhöhungen wird es immer geben.
Braucht die BVG auch mehr Geld, um neue U-Bahnen kaufen zu können? Sie hat bald die ältesten Fahrzeuge weit und breit.
Natürlich brauchen wir fahrgastfreundliche Fahrzeuge, die auch kostengünstig sind. Das geht auf Dauer nur mit neuen Fahrzeugen. Die entscheidende Frage ist: Wer bezahlt’s am Ende? Da muss sich der Eigentümer Berlin, also der Haushaltsgesetzgeber, überlegen, was er dafür zur Verfügung stellt.
Sie sind ja in der Verwaltung auch Fahrradbeauftragter...
Na ja, so kann man das zwar nennen. Aber eigentlich haben wir diesen speziellen Posten nicht mehr besetzt, weil am Ende der Senator, ich und die Senatsverwaltung insgesamt sich um das Thema kümmern und es bewegen. Wir haben mehrere Mitarbeiter im Haus, die aufgrund ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten natürlich „Fahrradbeauftragte“ sind. Die wiederum brauchen aber niemanden, der ihnen über die Schulter guckt und antreibt, was noch gemacht werden soll. Das läuft inzwischen sehr gut auch ohne den Posten. Zur Rücksprache zum Berliner Radverkehr gibt es außerdem den „Fahrrat“, da sind alle Aktiven aus Berlin vertreten.
Gut, dann zum Alltag: Busfahrer klagen häufig, dass sie durch Radler auf der Busspur ausgebremst werden. Wen unterstützt hier der Aufsichtsrat, der als Staatssekretär auch für den Radverkehr zuständig ist?
Es ist sinnvoll, dass Radfahrende und Busse sich die Spur teilen. Neben einer Busspur gibt es in der Regel keinen Platz für einen Radfahrstreifen. Ich glaube aber auch, dass Busfahrer mehr durch falsch geparkte Autos aufgehalten werden als durch langsam fahrende Radfahrer. Wir versuchen übrigens, Busspuren breiter zu machen, wo immer es möglich ist, damit es mehr Platz zum einfachen Überholen gibt.
Platz fehlt häufig auch bei Abstellanlagen für Fahrräder, vor allem an Bahnhöfen. Wird sich die Situation hier verbessern?
Die BVG und die S-Bahn kooperieren hier sehr gut mit uns. Ein Problem ist, dass viele Radfahrer beim Umsteigen nicht weit laufen wollen. Ist die Abstellanlage auch nur 50 Meter vom Bahnhof entfernt, wird sie kaum genutzt, und die Räder werden weiter mehr oder weniger wild am Bahnhof abgestellt. Aber es gibt allein an den Bahnhöfen rund 28 000 Stellplätze, und wir erweitern das gemeinsam jedes Jahr.
Viele nehmen das Rad aber auch bei der Fahrt mit der Bahn mit. Ist das eine Lösung?
Da wollen wir andere gute Möglichkeiten schaffen. Die Räder nehmen in den Zügen viel Platz für Fahrgäste weg. Deshalb wollen wir auch das Leihsystem ausbauen, bei dem die Mitnahme in den Bahnen nicht unbedingt nötig ist. Wir wollen das Projekt weiter finanziell unterstützen. Bei uns geht es um eine Million Euro pro Jahr. Nur zum Vergleich: Paris stellt mehr als 30 Millionen Euro bereit.
Noch ein Wort zum Autobahnbau. Als Aufsichtsratsvorsitzender des VBB müssten sie dagegen sein, dass Autofahrer besser vorankommen als Fahrgäste in Bussen und Bahnen. Wie sehen Sie die Pläne, den Autobahnbau fortzusetzen?
Zunächst einmal ist klar, dass durch die Autobahnen der Verkehr auf den Stadtstraßen abnimmt. Busse, aber auch Radfahrer haben dann mehr Platz. Verkehrsbündelung und weniger Staus in der Stadt sorgen eben auch für Entlastung für Mensch und Umwelt. Eine Autobahn ist aber ein Großprojekt, und ein solches Großprojekt sorgt natürlich immer auch für Belastungen. Man braucht schon gute Gründe, wenn man Autobahnen bauen will.
Kommt dann der 17. Bauabschnitt der A 100 vom Treptower Park bis zur Frankfurter Allee?
Das muss politisch entschieden werden. Wir haben den Abschnitt für den Bundesverkehrswegeplan angemeldet, und wir werden die Trasse nicht verbauen. Eine Entscheidung müssen wir jetzt noch nicht treffen.
- Das Gespräch führte Klaus Kurpjuweit.
Christian Gaebler ist Diplomingenieur für Verkehrswesen und seit 2011 Staatssekretär in der Senatsverkehrsverwaltung. Zuvor war er lange verkehrspolitischer Sprecher der SPD.