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Architekt Meinhard von Gerkan rechnet in seinem Buch mit den Gesellschaftern des BER ab.
© dpa

Pannen-Flughafen Berlin-Brandenburg: Die Black Box des BER

Airport-Architekt Meinhard von Gerkan hat ein Buch über den Pannenflughafen geschrieben. In ersten Auszügen nimmt er sich die Bauherren Berlin, Brandenburg und den Bund zur Brust.

Ob Zufall oder nicht – wenn Brandenburgs Noch-Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Freitag kommender Woche letztmalig als Vorsitzender den Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft leitet, gibt es zum Abschied spannende Lektüre zum Desaster um den neuen Hauptstadt- Airport BER in Schönefeld. Flughafenarchitekt Meinhard von Gerkan rechnet in seinem an diesem Tag erscheinenden und seit Monaten mit Spannung erwarteten Buch „Black Box BER. Wie Deutschland seine Zukunft verbaut“ mit den Bauherren Berlin, Brandenburg und dem Bund, aber auch den Verantwortlichen anderer Großbauprojekte ab.

Bislang hat der Bastei-Lübbe-Verlag nur einige Seiten als Auszüge veröffentlicht, die haben es aber schon in sich. Gerkans Büro gmp, das schon den Flughafen Tegel konzipiert hatte, Generalplaner am BER war und zuständig für die Bauüberwachung, war im Mai 2012, wenige Tage, nachdem der 3. Juni als Eröffnungstermin geplatzt war, per Fax gekündigt worden – und mit „300 Architekten und Ingenieuren über Nacht von der derzeit größten Baustelle Deutschlands, vom Flughafen Berlin Brandenburg, verbannt“ worden. Die Flughafengesellschaft warf den Architekten vor, sie hätten nicht rechtzeitig davor gewarnt, dass der Termin nicht zu halten war.

Architekt von Gerkan rechnet mit den Gesellschaftern des BER ab

Nun rechnet von Gerkan mit den Gesellschaftern ab – und gibt ihnen die Schuld für mehrfach verschobene Eröffnungen und die Kostenexplosion. Er schreibt von „Wunschdenken, Hang zum Optimismus, Realitätsverweigerung“, von einer „selbst gemachten Katastrophe“, der „Willkür politisch verordneter Terminsetzungen mit schwerwiegenden Kostenkonsequenzen“ und überfallartigen Änderungswünschen. Allein 487 Planänderungen habe es auf Wunsch der Gesellschafter gegeben. Die Bauherren hätten „kein Konzept, nur unstillbares Verlangen“ gehabt. „Die Architekten befanden sich gegenüber dem Bauherren in einer Situation wie gegenüber einer Black Box.“ Überdies kritisiert von Gerkan, wie die Flächen für die Passagiere immer mehr für die Shops und Gastronomie eingeengt wurden, was zu erheblichen Platzproblemen führte. Flughäfen seien zu „gigantischen Verkaufsmaschinen“ geworden, der BER „verkümmert auf diese Weise zu einer Einkaufsmall mit Flughafenanschluss“, zur „Airport-Variante von Designer-Outlets“.

Flughafengesellschaft und gmp sprechen wieder miteinander

Die SPD-Landtagsabgeordnete Klara Geywitz, Vorsitzende des BER-Sonderausschusses im Brandenburger Landtag, findet nichts sonderlich Überraschendes an der Kritik. „Flughäfen sehen heute eben anders aus als in den 70er Jahren“, sagte sie spöttisch. „In Zeiten, als in Terminals ausschließlich abgefertigt wurde, musste man für Flüge auch noch ein Monatsgehalt bezahlen.“ Man könne den Trend, dass Flughäfen auch auf andere Weise Geld verdienen müssen, „natürlich aus ästhetischen Gründen bedauern, aber man kann es nicht ändern.“ Die Kritik an den Bauherren kann Geywitz hingegen nachvollziehen. „Politische Projekte sind immer schwierig und heikel, erst Recht eines mit drei so unterschiedlichen Gesellschaftern und unter permanenter Beobachtung der Öffentlichkeit“

Flughafengesellschaft und gmp sprechen inzwischen wieder miteinander. BER-Chef Hartmut Mehdorn legte die Schadenersatzklage gegen die Architekten im April auf Eis, mehrere Gerkan-Mitarbeiter sind im Beschleunigungsteam „Sprint“ auf der Baustelle.

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