Wahl der neuen Landesvorsitzenden: Die Berliner AfD ist gespalten wie nie zuvor
Die AfD hat an ihrem Parteitag Kristin Brinker an die Spitze gewählt. Nur hauchdünn lag sie vor Beatrix von Storch. Ihr Versprechen: Sie will die Partei einen.
Die Berliner AfD hat einen neuen Landesvorstand. Angeführt wird das Gremium von der 49-jährigen Finanzexpertin der Partei, Kristin Brinker. Die neue Landesvorsitzende setzte sich in einer denkwürdigen Wahl gegen Beatrix von Storch, stellvertretende Vorsitzende der Bundespartei sowie der AfD-Bundestagsfraktion, durch.
Am Ende des vierten Wahlgangs erhielt Brinker 122 Stimmen und damit zwei mehr als von Storch. Zuvor hatte es in zwei Wahlgängen einen Patt zwischen beiden Kandidatinnen gegeben. Einen weiteren Wahlgang hatte von Storch zwar knapp gewonnen, verfehlte aufgrund von Enthaltungen und gegen beide Kandidatinnen abgegebene Voten aber das benötige Quorum von 50 Prozent aller Stimmen.
Mit der denkbar knappen Wahl von Brinker an die Landesspitze der Berliner AfD zeigt sich eines deutlich: Die Partei ist gespalten wie nie zuvor. Auf der einen Seite von Storch und Fraktionschef Georg Pazederski, der im Vorfeld des Parteitages und an deren Seite für den Vorsitz hatte kandidieren wollen, durch das Votum der Delegierten für eine Einzelspitze aber früh aus dem Rennen genommen wurde.
Auf der anderen Seite Brinker, die erst am Dienstag und nach langem Zögern ihre Kandidatur erklärt hatte und als Auslöserin für einen Streit um die Finanzen in Partei und Fraktion gilt. Brinker hatte den Delegierten in ihrer Bewerbungsrede einen „Neustart“ versprochen und erklärt, sie wolle die Partei einen und die Sacharbeit in den Vordergrund stellen.
Dem Tagesspiegel erklärte Brinker nach ihrer Wahl: „Ich sehe meine Wahl als Zeichen des Aufbruchs.“ Das knappe Wahlergebnis sei für die „ein Auftrag, die Partei wieder zu einen“. Berlin leide unter „der schlechtesten Regierung, die diese Stadt in den letzten 75 Jahren erdulden musste“, sagte Brinker weiter. Die AfD werde „so dringend gebraucht wie nie zuvor“.
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Unkommentiert ließ Brinker den Vorwurf, ihre Wahl sei durch die Unterstützung des radikalen und offiziell aufgelösten Flügels innerhalb der Partei zustande gekommen. Diesen hatte im Vorfeld der Wahl der durch sein Scheitern vermutlich auch als Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahl verhinderte Pazderski erhoben und Brinker als „Marionette des Flügels“ tituliert. Wohl nicht zuletzt in dessen Richtung hatte Brinker während ihrer Bewerbungsrede erklärt: „Es muss Schluss sein mit der parteischädigenden Unsitte, klare Sachfragen zu Machtfragen zu machen.“
Stellvertreterin gilt als Flügel-Vertreterin
Zu den vier Stellvertreter:innen Brinkers wurden Jeannette Auricht, Götz Frömming, Ronald Gläser und Karsten Woldeit gewählt. Auricht gilt als Flügel-Vertreterin, erhielt mit 57,14 Prozent der Stimmen aber ein vergleichsweise schwaches Ergebnis. Einzig Woldeit holte weniger Stimmen, hatte anders als Auricht aber eine Gegenkandidatin.
Für Spannungen dürfte die erneute Wahl von Frank-Christian Hansel zum Schatzmeister der Partei sorgen. Hansel setzte sich im zweiten Wahlgang gegen den Brinker-Kandidaten Michael Adam durch, nachdem eine erste Abstimmungsrunde kein Ergebnis gebracht hatte.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Abgeordnetenhausfraktion gilt als Intimfeind Brinkers und enger Vertrauter Pazderskis. Beide hatten der neuen Landeschefin vorgeworfen, ein Gutachten zu den von Hansel verantworteten Fraktionsfinanzen manipuliert zu haben. Der Streit beschäftigt aktuell die Gerichte, im Landesvorstand müssen die beiden nun zusammenarbeiten.
Knappe Mehrheiten auch bei der Wahl der Beisitzer
Wie schwer die Zusammenführung der Partei werden dürfte, zeigten unter anderem die Wahlgänge für die Beisitzerposten. In den bis zur Unterbrechung des Parteitags am frühen Samstagabend durchgeführten Abstimmungen kandidierten je mindestens zwei Kandidaten, die meisten mit klarer Zugehörigkeit zu einem der konkurrierenden Lager. Die Ergebnisse lagen meist nur knapp über 50 Prozent der Stimmen, was die Spaltung der Partei erneut belegt.
Gewählt wurden bislang: Rolf Wiedenhaupt, Vorsitzender des Bezirksverbandes Reinickendorf, sowie Vadim Derksen, Chef der Jungen Alternative Berlin, Jugendorganisation der AfD. Ebenfalls zum Beisitzer gewählt wurde mit Karsten Franck der Vorsitzende des AfD-Bezirksverbandes Tempelhof-Schöneberg. Als vierter Beisitzer setzte sich Martin Trefzer durch. Er erhielt die nötige Mehrheit von 50 Prozent der Stimmen sogar erst im zweiten Wahlgang.
Der Parteitag wird am Sonntag fortgesetzt. Neben den restlichen Beisitzerposten werden dann die Delegierten für den Bundeskonvent der Partei gewählt.
Im Vorfeld des Parteitages hatten antifaschistische Gruppen gegen das Treffen demonstriert. Ihr Protest blieb friedlich, endete witterungsbedingt aber frühzeitig.