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Berlin: Die Beeren sind los

An diesem Sonntag lohnt ein Ausflug aufs Land gleich aus doppeltem Grund: Auf den Feldern reifen die Erdbeeren, und viele Höfe laden zur Brandenburger Landpartie.

Lübben - Landwirt Heinz-Georg Embach macht kein Geheimnis daraus, warum seine Erdbeeren so groß sind und so gut schmecken. „Schauen Sie sich die Reihen genau an“, rät der Chef des Spreewaldhofes Niewitz in der Nähe von Lübben dem Besucher. „Unter den Folien verlaufen kleine Schläuche, aus denen die Pflanzen zusätzlich Kalzium erhalten. Da explodieren die Beeren förmlich.“ Die knallig-roten Früchte können da schon mal fast so groß wie ein Hühnerei werden. Ein Happs allein pro Beere genügt da nicht mehr. Die Größe der Früchte hat auch praktische Vorteile: „Die Schale füllt sich schon nach wenigen Handgriffen“, freut sich eine junge Beerensammlerin und greift zu einem größeren Korb. Und auch Landwirt Embach, den es vor elf Jahren aus Südhessen in die Lausitz verschlagen hatte, freut sich. Kalzium sei ja als wichtiger Mineralstoff schon von vornherein in den Erdbeeren enthalten. Nun werde der Effekt noch verstärkt.

Wer noch mehr Fragen zu den Geheimnissen der Landwirtschaft stellen will, sollte sich an diesem Sonntag auf einen klassischen Landausflug begeben. Die Himmelsrichtung spielt von Berlin aus keine Rolle. Praktisch überall findet sich garantiert ein offener Hof, eine Viehweide, eine Pferdekoppel, ein Stall – oder ein Erdbeerfeld. Fast 300 Betriebe in mehr als 200 Orten beteiligen sich an der 18. Brandenburger Landpartie. Auch Landgasthöfe und Touristikunternehmen sind dabei.

Die Erdbeerhöfe mussten ihre Teilnahme im Vorjahr kurzfristig absagen. Die Schafskälte hatte ihnen mit Frost in einer einzigen Nacht den größten Teil der Pflanzen zerstört. „In dieser Saison sieht es ganz anders aus“, versichert Jörg Kirstein, Chef des Brandenburger Landesgartenverbandes. „Wir erwarten sogar eine ausgesprochen gute Ernte, weil es gerade im Mai viele sonnige Tage gab.“ Deshalb schmeckten die Brandenburger Erdbeeren wirklich nach Erdbeeren, sagt er. Die in den Wintermonaten in den Supermärkten verkauften Exemplare taugten doch nur als Dekoration fürs Büfett.

Doch trotz der Verdopplung des durchschnittlichen Jahresertrags seit 1990 auf jetzt rund 2500 Tonnen reicht die heimische Ernte längst nicht für alle Erdbeerliebhaber in Berlin und Brandenburg. Maximal ein Viertel des Bedarfs wird aus der Region gedeckt, wobei die umfangreichen Lieferungen aus Mecklenburg-Vorpommern auch schon als „einheimisch“ durchgehen können. Gartenverbandschef Jörg Kirstein sieht in den hiesigen Beeren neben dem guten Geschmack und den kurzen Transportwegen vor allem einen Vorzug: „Sie wachsen ohne Chemie auf.“ Das habe einen einfachen Grund: Die Landwirte könnten sich die teuren Pflanzenschutzmittel gar nicht leisten. Dies dürfte die vielen Selbstpflücker beruhigen. Schließlich wandert beim Füllen der Körbe garantiert die eine oder andere Frucht ungewaschen in den Mund.

Gut möglich, dass auch Ministerpräsident Matthias Platzeck die eine oder andere probiert hat. Er eröffnete die Landpartie am Sonnabend im Milchviehstall in Schwante-Vehlefeanz nordwestlich Berlins. Die Bauern zeigen dort eine Milchtankstelle für jedermann, eine Chicoréezucht und natürlich den Weg auf die Erdbeerplantagen.

Claus-Dieter Steyer

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