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Humboldt-Forum: Die Baustelle wird zur Schaustelle

Trotz der Vergabepanne liegt das Humboldt-Forum im Zeitplan, sagt der neue Schloss-Bauchef Hans-Dieter Hegner. Und denkt schon an die Zeit als Museum.

Seine Herkunft kann er nicht verleugnen. Aber das will er auch gar nicht. Der neue „Schlossbauherr“ aus dem thüringischen Jena ist auf eine sehr bodenständige Weise mit sich und seiner DDR-Biografie im Reinen: „Ich genieße es sehr, mit so vielen Freiheiten tätig zu sein und beim Planen und Bauen aus so vielen technologischen Möglichkeiten zu schöpfen, die damals unerreichbar waren“, sagt Hans-Dieter Hegner. Sein bestimmt eben immer noch das Bewusstsein, und was gibt es Schöneres für einen Bauingenieur, als aus dem Vollen zu schöpfen, um die Grenzen der Technik auszuloten. Das tut er jetzt sogar beim Schlossneubau.

Seine jüngste Bewährungsprobe in diesem ewigen Kampf des Menschen gegen die Unbilden auf Großbaustellen hatte Hegner vergangene Woche: Eine Ausschreibung von „Sicherheitstechnik“ im Schloss platzte, das Gericht kippte die Vergabe an eine Firma – und der Beschluss löste größte Aufregung aus: Wird das Schloss jetzt zum BER 2.0? Muss die Eröffnung im November 2019 verschoben werden? Läuft das Projekt aus dem Ruder? Versteht einer, der sich Stunde um Stunde über Diagramme, Berechnungen und Zahlen beugt, die ganze Aufregung? Aber ja: „Wir sind eines der letzten Bauvorhaben, das im Kosten- und Zeitplan liegt“, sagt Hegner. Das „verdient Respekt“, aber darauf werde auch geschaut, zu Recht, wie er findet: „Denn wir arbeiten mit Steuergeldern.“

Die Aufregung war umsonst. Die Leistungen sollen in den nächsten Tagen an eine andere Firma vergeben werden. Zu Verzögerungen komme es nicht, weil die Arbeiten erst nächstes Jahr anstehen.

Aber ohnehin lauern größere Gefahren wohl eher nicht außen, sondern innen, bei den Intendanten des Hauses, die, von der politisch verantwortlichen Staatsministerin Monika Grütters protegiert, das Schloss erst zum Humboldt-Forum machen, zu einem multikulturellen Großereignis mit multiplen Bühnen. Weil Künstler und Ingenieure in verschiedenen Bilderwelten leben, enden solche Begegnungen schon mal im Chaos, etwa wie bei der Staatsoper, die der Senat zusammen mit Daniel Barenboim sanieren wollte. Neil MacGregor spielt in derselben Liga, einen „Hochgeist der Kulturszene“ nennt ihn Hegner und dann schwärmt er von der Zusammenarbeit: „Tolle Ideen, sehr kooperativ, völlig unprätentiös“, kurzum, eine rundum angenehme Erfahrung. Drei bis vier Mal die Woche sitzen sie zuweilen zusammen. „Bisher haben wir immer noch Lösungen gefunden“, sagt Hegner. Weil die Arbeiter im Innern des Rohbaus bereits die Leitungen verlegen und die Wände verputzen, könne man nichts Grundlegendes am Gebäude mehr ändern. Aber das verlange MacGregor auch gar nicht, und Hegner beschreibt mit seinen Worten die Haltung des Gründungsintendanten: „Wenn es uns gelingt, in alten Kästen wie dem Louvre oder der Eremitage große Ausstellungen zu machen, dann doch erst recht in einem Neubau.“

Die Befürchtungen von Hegners Vorgänger Manfred Rettig sind nicht eingetreten. Vorerst. Der Rheinländer mit dem großen Netzwerk hinterließ allerdings auch einen sauberen Schreibtisch und eine ebenso getrimmte Baustelle. Dass Rettig nicht bis zur Vollendung „seines“ Werkes blieb, dürfte auch mit der folgerichtigen oder mindestens nachvollziehbaren Neuausrichtung des Schlossprojektes zusammenhängen. Dieses verliert als Baustelle an Bedeutung, während zugleich die Kulturmaschine langsam hochgefahren wird. Deshalb tritt nun an die Stelle des (begleiteten) Solisten Rettig ein Triumvirat an die Spitze der Stiftung: Neben dem „Vorstand Bau“ Hegner ist das eine Theaterregisseurin und Kulturentrepreneurin, die für kulturelle Fragen zuständig ist, sowie ein versierter Ministerialer des Bundes als „Sprecher“.

In etwa eineinhalb Jahren werden die ersten „Großobjekte“ in dem Schloss aufgebaut: Die Südseeschiffe und das polynesische Dorf aus dem Museum für Ethnologie, das bisher in Dahlem liegt. Die Ausstellungsstücke sind so groß, dass das Gebäude erst danach richtig dicht gemacht und die „inneren Fassaden“ hochgezogen werden können. Und auch danach „können wir nicht einfach den Hebel umlegen“, sagt Hegner und die Leute reinlassen. Das Humboldt-Forum ist ein hoch komplizierter Neubau, bis unters Dach mit Technik vollgestopft. Allein schon „das Museumsklima hochzufahren“ wird da zur Herausforderung, weil Temperatur und Feuchtigkeit genau bemessen sein müssen, um den Ausstellungsstücken nicht zu schaden. Im ersten Quartal 2019 muss alles getestet sein und funktionieren, denn dann kommen alle Ausstellungstücke ins Haus. Ralf Schönball

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