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Der Flughafen Berlin Brandenburg ist am Abend vor allem ruhig und leer.
© Soeren Stache/dpa

„Eine Übernachtung im Terminal ist erlaubt“: Die Ausgangssperre gilt auch am BER – doch keinen interessiert's

Am Flughafen BER kommen auch nach Beginn der geltenden Ausgangssperre Flüge an. Für Geschäftsreisende kein Problem. Aber was ist mit der Maschine aus Mallorca?

Seit gut zwei Wochen gilt in vielen Landkreisen und Städten eine nächtliche Ausgangssperre, wenn die Inzidenz mehr als 100 beträgt. Ab 22 Uhr darf das Haus nur noch mit gutem Grund verlassen werden. Das gilt auch für Reisende. Geschäftsreisen sind von der Regelung zwar ausgenommen, nicht aber Reisen zu touristischen Zwecken. Nichtsdestotrotz landeten am Donnerstagabend nach 22 Uhr noch drei Maschinen am Flughafen BER mit Passagieren aus Frankfurt am Main, München und Mallorca.

Der BER befindet sich im Landkreis Dahme-Spreewald. Dort liegt die Inzidenz nach Angaben der Verwaltung seit dem 4. Mai unter dem Wert von 100. Sollte das bis zum 8. Mai weiter der Fall sein, falle die Ausgangssperre ab kommenden Montag weg. Aktuell gilt sie allerdings noch.

Damit entsteht für Reisende ein Dilemma: Je nach Zweck der Reise verstoßen Passagiere bei Ankunft gegen die Ausgangssperre. Wer also beispielsweise vor zwei Monaten seinen Urlaub gebucht hatte und nun späte Flüge hat, kann die Ausgangssperre nicht mehr einhalten. Das Innenministerium riet daher kürzlich, touristische Reisen umzubuchen.  

Eine andere Lösung für das Problem bietet die Flughafengesellschaft: „Generell ist eine Übernachtung im Terminal des Flughafens Berlin Brandenburg erlaubt und möglich. Bitte beachten Sie, dass wir derzeit keine Schlafkabinen für unsere Gäste anbieten. Im öffentlichen Terminalbereich befinden sich auf den verschiedenen Ebenen jeweils vereinzelt kleine Sitzgruppen.”  

Ein Besuch am Flughafen zeigt jedoch: Dort zu schlafen, scheint keiner vorzuhaben. Und es scheint auch nicht nötig zu sein.

Die Taxis stehen am BER schon bereit

Was sich schon auf der Hinfahrt mit dem “Flughafenexpress” andeutet, zeigt sich auch im Flughafen selbst: Er ist vor allem leer. Von den ankommenden Flügen ist noch nicht viel zu merken. Auffällig sind in erster Linie die neongelben Jacken der Security- und Flughafenmitarbeiter:innen. Bei der Bundespolizei scheinen Schichten zu enden und anzufangen. Eine Mitarbeiterin eines Flughafenshops sortiert pflichtbewusst die Waren, während gegenüber am Terminal 1 vereinzelt Menschen auf die Ankunft der letzten Flüge warten. 

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In kleinen Grüppchen stehen Flughafenmitarbeiter draußen. Sie lachen und unterhalten sich. Ein paar Meter weiter reihen sich die Taxis. Ihre Scheinwerfer erleuchten den Außenbereich, die Fahrer sitzen wartend in den Autos. Manche steigen aus, rauchen eine Zigarette und gucken aufs Smartphone. Auf dem anliegenden Parkplatz stehen ein paar schwarze Limousinen in Reih und Glied. Busse der BVG fahren vor und ohne Passagiere wieder weg. Trotz der noch eintreffenden Flüge ist es ruhig am BER.  

Nachts ist es im BER-Terminal noch ein bisschen einsamer als tagsüber.
Nachts ist es im BER-Terminal noch ein bisschen einsamer als tagsüber.
© imago images/Frank Sorge

Nach und Nach verlassen kleinere Gruppen von Menschen wellenartig das Flughafengebäude und erwecken den Außenbereich zum Leben. Die erste Gruppe besteht dem Anschein nach überwiegend aus Geschäftsleuten mit Aktenkoffern und kleinen Gepäckstücken. Die meisten von Ihnen scheinen es eilig zu haben. In direkter Linie geht es zu den Taxis. Die ersten in der Schlange fahren weg, die anstehenden Taxis rücken auf. Andere Passagiere werden abgeholt. Die Fahrer der Limousinen steigen aus und kommen ihren Fahrgästen entgegen.

Für Fragen bleibt dabei keine Zeit. Ein Mann, vermutlich Ende 50 bleibt kurz stehen, um zu rauchen. Auf die Ausgangssperre angesprochen gibt er an, er mache sich darum keine Gedanken, da er geschäftlich unterwegs sei. Auch ein Tourist, wahrscheinlich ebenfalls um die 50 Jahre alt, äußert sich ähnlich. Insgesamt kommen nach Angaben eines Flughafensprechers an diesem Abend etwa 250 Passagiere an.

Flüge verschieben? "Fein austariertes System"

Die Flüge wegen der Ausgangssperre zu verschieben, plane man nicht. Die Flüge einzustellen sei nicht so einfach möglich, erklärte der Flughafensprecher. Der Flugverkehr sei ein “fein austariertes und abgestimmtes System” mit Umstiegen und Anschlussflügen. Die verschiedenen Flugverbindungen sind lange geplant, Flugslots längst vergeben. Würde man einen Flug verschieben, können das beispielsweise zu Überschneidungen auf Flugrouten führen. Gerade im internationalen Flugverkehr könne man Flüge daher nicht kurzfristig verschieben.

Der darauffolgende Flug scheint der aus Mallorca zu sein. Auch hier haben es viele Fluggäste eilig. Die wartenden Taxis werden immer weniger. Es wird gehupt und gerufen. Auf den Parkplatz fahren Autos vor, man umarmt sich, belädt das Auto und fährt weg. Zu den öffentlichen Verkehrsmitteln zieht es die wenigsten. Der vermeidlich größte Unterschied zu dem Flug aus Frankfurt ist neben dem deutlich gestiegenen Anteil an Unterhaltungen auf Spanisch der Umfang des Gepäcks. Statt Aktentaschen und kleinen Rollkoffern dominieren jetzt beladene Kofferwagen. 

Kontrollen? Scheinen den Behörden nicht so wichtig

Wenn sich trotz der Eile der Ankömmlinge doch mal die Gelegenheit ergibt nachzufragen, winken alle ab. Man habe keine Zeit. Die Eile scheint aber nicht unbedingt in der Ausgangssperre begründet. Wirklich besorgt wirkt keiner der Reisenden. Das könnte auch daran liegen, dass offenbar nicht kontrolliert wird.

Der Landkreis Dahme-Spreewald erklärt auf Nachfrage, für die Durchsetzung der Ausgangssperre rund um den Flughafen seien die Landes- und Bundespolizei zuständig. Diese würde entsprechende Verstöße feststellen und an das Ordnungsamt übermitteln.

Ähnlich äußert sich auch die Bundespolizei Berlin. Für die Einhaltung der Ausgangssperre seien grundsätzlich die Landesbehörden zuständig, erklärt die Bundespolizei Berlin. Man unterstütze aber bei der Durchsetzung. Sollten entsprechende Feststellungen getätigt werden, setze man sich mit den zuständigen Behörden in Verbindung. Inwiefern das bisher vorgekommen ist, konnte die Bundespolizei nicht beantworten. Darüber würden keine Statistiken durchgeführt werden.

Am Donnerstagabend schien jedenfalls kein Urlauber für seine Rückkehr belangt zu werden. Da sich die Inzidenzen in der Region aktuell aber wieder verringern, könnte sich das Dilemma bald ganz von alleine lösen.

Nicolas Lepartz

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