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Auf dem Breitscheidplatz wird auch an den polnischen Lastwagenfahrer Lukasz Urban erinnert, der zu den Opfern des Anschlags gehört.
© Michael Kappeler/dpa

Nach Anschlag am Breitscheidplatz: Die Angst am Lenkrad

Auf den Fahrer wurde beim Terroranschlag wohl schon früh geschossen. Für viele bleibt er weiter ein Held. Seine Kollegen beklagen fehlende Sicherheit.

Dem polnischen Lastwagenfahrer, der nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz tot auf dem Beifahrersitz gefunden wurde, wurde nach Informationen der "Bild"-Zeitung schon Stunden vor der Tat in den Kopf geschossen. Die abschließenden Obduktionsergebnisse hätten ergeben, dass Lukasz Urban am Tag des Anschlags zwischen 16.30 und 17.30 Uhr einen Kopfschuss erlitten und viel Blut verloren habe, berichtete die Zeitung.

Es sei möglich, dass Urban während des Anschlags noch gelebt habe, heißt es weiter. Mediziner würden aber ausschließen, dass er in der Lage war, während des Attentats bewusst zu handeln und etwa ins Lenkrad zu greifen. Die Spuren dort seien vermutlich entstanden, als sein Körper beim Aufprall dagegen geschleudert wurde. Bislang wurde nicht ausgeschlossen, dass Urban mit dem Attentäter kämpfte, wodurch der Lkw bei der Fahrt über den Markt nach links auf die Budapester Straße ausscherte, wo er stehenblieb.

Generalbundesanwaltschaft bestätigte die Berichte noch nicht

Ein Sprecher des Generalbundesanwalts, der die Ermittlungen zum Berliner Anschlag übernommen hat, wollte den "Bild"-Bericht nicht kommentieren. "Wir werden das weder bestätigen noch dementieren", sagte er am Dienstag dem Tagesspiegel. Auch zu den anderen Verletzungen Urbans, der mehrere Messerstiche unter anderem an Händen und Armen davongetragen haben soll, wollte der Sprecher keine Auskunft geben.

Lukasz Urban hatte seinen Sattelschlepper am 19. Dezember in Berlin geparkt, um auf die Entladung seiner Fracht zu warten. Nach Angaben des Spediteurs war er etwa ab 16 Uhr telefonisch nicht mehr erreichbar. In einer Online-Petition wird zurzeit das Bundesverdienstkreuz für den Familienvater gefordert. Die Initiatorin schrieb auf der Plattform Change.org, er sei ein Held, weil sein Ringen mit dem Täter vermutlich viele Menschenleben gerettet habe. Sie sagte nach Bekanntwerden der "Bild"-Meldung, man müsse jetzt erst einmal eine endgültige offizielle Klärung des Tathergangs abwarten.

Für viele bleibt Urban ein Held

Viele Menschen sehen Lukasz Urban allerdings weiter als Held. "Es bleibt doch Tatsache, dass er gegen den Attentäter gekämpft hat", gibt eine Warschauer Journalistin die Meinung vieler ihrer Landsleute wieder. "Sonst hätte er nicht die Verletzungen durch das Messer."

Die brutale Tat hat Diskussionen über die Sicherheit von Lkw-Fahrern ausgelöst. "Ich bin drei von vier Wochen in Europa unterwegs", berichtet ein polnischer Fahrer: "Ich wohne im Lkw. Bewachte Parkplätze sind teuer und sichere meist voll. In Calais sind mir kürzlich Flüchtlinge ins Fahrerhaus geklettert, die waren zum Glück nicht aggressiv. Aber gegen Terroristen kann man wenig ausrichten. Wir sind ja immer allein unterwegs – ja, ich habe Angst."

Auch deutsche Lkw-Fahrer beklagen das gestiegene Risiko. "Wir haben nicht umsonst Fahrermangel" sagt der Bundesvorsitzende der Kraftfahrergewerkschaft (KGF), Willy Schnieders: "Ein hoher Gefährdungsgrad, wenig Lohn und Arbeitsbedingungen, die fast unmenschlich sind – das schreckt viele Menschen ab."

LKW-Fahrer fühlen sich nicht sicher

Bei den deutschen Spediteuren gibt man sich gelassen. Absolute Sicherheit gebe es nicht, heißt es, schließlich könne sich jeder, der die erforderlichen Papiere habe, einen Lkw ausleihen. Selbst wenn man also mehr Geld in Sicherheit investieren würde, könnte man keine Anschläge verhindern. Aber immerhin ermordete Fahrer, findet KGF-Chef Willy Schnieders: "Da muss der Gesetzgeber ran und beispielsweise bewachte Parkmöglichkeiten vorschreiben, In Italien oder Frankreich gibt es die schon, aber leider nicht in Deutschland."

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