Minus fünf Prozent bei Immobilien: Deutsche Bank sagt sinkende Häuserpreise voraus – auch für Berlin
Endet die Ära stetig steigender Preise für Wohnungen und Häuser? Ja und zwar schon bald, heißt es bei der Deutschen Bank.
Sinkende Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland, ein Minus von fünf Prozent – das sagen die Konjunkturforscher der Deutschen Bank für das Jahr 2024 voraus. Die überraschende Prognose wurde nun im "Deutschland-Monitor" des Kreditinstituts veröffentlicht. Darin kündigen die Marktforscher an, dass der "Hauspreiszyklus enden könnte" und begründen das mit einer nachlassenden Knappheit an Wohnraum aufgrund von geringerer Zuwanderung während der Pandemie.
Die Prognose kommt überraschend. Berlins Senator für Stadtentwicklung und Wohnen Sebastian Scheel (Linke) etwa rechnet fest mit wieder kräftig zulegender Zuwanderung, sobald die Pandemie eingedämmt ist - weil Deutschlands Konjunktur weniger stark einbricht als jene anderer europäischer Länder und besonders „Schwarmstädte“ wie Berlin und die anderen Ballungsgebiete Firmen und viele Jobsuchende aus dem Ausland anzieht.
Auch Berlins Wirtschaftsförderer hatten trotz Krise eine robuste Entwicklung von Industrie und Start-ups in der Region festgestellt.
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„Im Jahr 2021 dürfte der Zyklus dank Niedrigzinsumfeld, fundamentaler Angebotsknappheit und aktueller Unterbewertung intakt bleiben“, schreiben die Experten der Deutschen Bank weiter. „Jedoch legen unsere Analysen nahe, dass der bundesweite Preiszyklus in dieser Dekade zu Ende geht.“ Es gebe zwar „Unsicherheiten“, dennoch halte das Kreditinstitut „ein Zyklusende im Jahr 2024 für wahrscheinlich“.
Hintergrund: Wohnungsmärkte entwickelten sich in vergangenen Jahrzehnten in Phasen steigender sowie stagnierender oder sinkender Preise je nachdem, ob es genügend Wohnungen für die Haushalte gab oder oder nicht.
[Mehr zum Thema: Das große Tagesspiegel Immobilien-Dossier – Bauen, Kaufen, Wohnen in Berlin und Deutschland]
Endet der Zyklus tatsächlich im Jahr 2024, dann rechnen die Volkswirte mit einem Rückgang der „nominalen Hauspreise“ für einen Zeitraum von drei Jahren um insgesamt fünf Prozent. Von einer „Korrekturphase“ ist in dem Bericht die Rede, einer „zwischenzeitlichen Preisdelle“.
Für die Investoren wäre das kein Anlass zur Sorge, denn auf die ganze Dekade betrachtet, bleibe es bei einem „Plus von rund 24 Prozent“. Jedenfalls wenn man anschließend wieder den langjährigen Anstieg von rund 2,5 Prozent jährlich unterstellt. Auch würde bei diesem Szenario die „Mietrendite“ steigen „auf rund vier Prozent“, was wiederum für institutionelle Investoren attraktiv sei.
Besonders lange Zyklen in Berlin und Leipzig
„Besonders lang laufende Zyklen erwarten wir für Berlin und Leipzig“, heißt es in dem Bericht weiter. Berlin sei „auf dem Weg zu einer globalen Metropole“, hier könnte sich die Entwicklung also erst 2026 bemerkbar machen. Leipzig profitiere von einem „besonders kräftigen regionalen Zuzug“, weil Kreise und Dörfer ihre Einwohner an die „Metropolregion“ verlieren.
Für dieses Szenario führen die Forscher unter anderem das Verhältnis zwischen den Immobilienpreisen zu den Mieten sowie zu den Einkommen an. Denn wenn das Mieten einer Immobilie günstiger ist als die Belastung durch die Kosten eines Erwerbs, sinken Interesse und Nachfrage nach Immobilien. Dasselbe gilt, wenn das Einkommen einen Erwerb gar nicht erst zulässt, weil die Preise unerschwinglich sind.
Demnach ist der „faire Wert“ einer Immobilie im Jahr 2025 überschritten, „folglich sinken für viele Investoren die Anreize zu kaufen und der Zyklus würde zu Ende gehen“. Für die „A-Städte“ liege das so ermittelte Ende des Zyklus im Jahr 2023 - wobei Berlin laut Analyse einige Jahre später folgen würde.
Gutachterausschuss meldet Rückgang bei Wohn- und Geschäftshäusern
Vorboten des prognostizierten Rückgangs könnte man aus dem aktuellen Bericht des vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte am Dienstag veröffentlichen Jahresbericht herauslesen: Ein fast zweistelliges Minus verzeichnen die mittleren Kaufpreise von "Wohn- und Geschäftshäusern" (minus neun Prozent). Dem Ausschuss liegen alle unterzeichneten Kaufverträge zur Auswertung vor.
Allerdings ist der Trend nicht einheitlich: Bei den Ein- und Zweifamilienhäusern stieg der mittlere Kaufpreis um fünf Prozent. Hinzu kommt, dass der Preisknick bei den Mehrfamilienhäusern auch dem Mietendeckel zu schulden sein könnte, weil die Höhe des Kaufpreises auf Grundlage der erzielten Mieten verhandelt wird und diese nun gedeckelt sind. Hier habe der Markt aber nur mit einem "symbolhaften Risikoabschlag reagiert". Der Rückgang sei "unter anderem auf den Wegfall hochpreisiger Verkäufe, die in den Zahlen von 2019 enthalten waren, zurückzuführen".
Für 18,2 Milliarden Euro Immobilien gehandelt in 2020
Ein Plus im "Preisniveau" meldet der Ausschuss auch bei den Eigentumswohnungen, deren Wert um zwei Prozent gestiegen sei. Insgesamt seien Immobilien im Wert von 18,2 Milliarden Euro gehandelt worden, weniger als im Jahr 2019, wo allerdings ein Spitzenwert erzielt worden war.
Hypovereinsbank: "Keine negative Entwicklung"
"Wir sehen keine negative Entwicklung für 2024 und 2025", sagt der Gutachter der Hypovereinsbank Ronald Mayer. Das Kredithaus finanziert viele Bauvorhaben in der Region und private Käufer von Immobilien. Tesla, Amazon kommen neu in die Region, die Startups boomen in Berlin und "mit jedem Arbeitsplatz entsteht zusätzlicher Wohnbedarf". Mit dem Neubau von 17.000 Wohnung werde nicht die für eine Entspannung erforderliche Marke von 20.000 neuen Wohnungen jährlich erreicht. Die Bevölkerung werde aber laut Senatsprognose bis zum Jahr 2030 um 200.000 Neu-Berliner auf 3,9 Millionen Einwohner wachsen.
Das alles spreche für steigende Preise. Für Wohnungen zahlten Käufer zwischen 8000 und 14.000 Euro in der historischen Mitte Berlins (Tacheles-Neubau in der Oranienstraße), aber auch in Grunewald und Schmargendorf. Im "Luxussegment" am Potsdamer Platz seien auch 18.000 bis 23.000 Euro bezahlt worden.
10.000 Euro je Quadratmeter in guten Lagen
In "guten zentralen Lagen" wie Charlottenburg, Wilmersdorf, Prenzlauer Berg und Friedrichshain zahlten Käufer gut 10.000 Euro je Quadratmeter. Zum Beispiel für den Neubau "The One" an der Heidestraße hinter dem Hauptbahnhof. Gebrauchte Wohnungen seien nur geringfügig günstiger zu haben, da das Angebot mit der zunehmenden Zahl an Milieuschutzgebieten und wegen der Umwandlungsverordnung und anderen Regulierungen eher sinke.
Es mangelt an Eigenheime, die Preise steigen
Mangel herrscht auch an Eigenheimen, weshalb auch hier die Preise steigen: in "guten Randlagen" seien 600.000 Euro fällig - 5000 bis 8000 Euro je Quadratmeter koste das Einfamilienhaus in Berlin "im Schwerpunktbereich". In Einzelfällen seien aber 18.000 Euro je Quadratmeter bezahlt worden.. Das liegt an fehlenden Grundstücken und dem Trend zum Bau von Mehrfamilienhäusern: Deshalb stiegen die Bodenpreise etwa in Zehlendorf von 300 Euro je Quadratmeter im Jahr 2010 auf 900 Euro im Durchschnitt.
"Ungebremstes Wachstum und weiteres Wertsteigerungspotenzial", lautet deshalb die Bilanz des Berliner Bereichsleiters Privatkundengeschäft der Hypovereinsbank Rene Babinsky.
Mieterverein: Positive Wirkung des Mietendeckels
Der Chef vom Berliner Mieterverein Reiner Wild führt die sinkende Kaufpreise für Mehrfamilienhäuser auf Pandemie und die "positive Wirkung" des Mietendeckels zurück. Der Bericht des Gutachterausschuss widerlege auch die Annahme von "Immobilienwirtschaft und Oppositionsparteien", wonach das Berliner Gesetz mehr Menschen in selbst genutztes Wohneigentum treibe. "Die Zahl der Verkaufsfälle von Eigentumswohnungen ist gegenüber dem Vorjahr um sechs Prozent zurückgegangen, bei Neubauten ab 2017 sogar um 22 Prozent", so Wild.
Büroimmobilien will kaum einer noch kaufen
Dramatisch sind die Folgen der Pandemie für den Handel mit Büroimmobilien. Hier meldet der Gutachterausschuss einen Rückgang des Geldumsatzes um 39 Prozent. 109 Objekte seien gehandelt worden (2019: 157) und dabei knapp drei Milliarden Euro umgesetzt worden (2019: 4,84 Mrd. Euro).