zum Hauptinhalt
Bester Film und beste Regie: "Die andere Heimat" von Edgar Reitz
© dpa

Lola-Verleihung im Berliner Tempodrom: Der wahnwitzige Glaube an den Film

Ein bewegender Helmut Dietl, Genugtuung bei Dieter Hallervordern und drei Lolas für Edgar Reitz. Die Verleihung des Deutschen Filmpreises war ein Abend mit Witz und Fantasie, die nicht immer da Niveau hielten.

Kann man das machen? Ist das nicht eine Unverschämtheit? Da soll also einer eine Laudatio halten beim Deutschen Filmpreis. Hat selbst gerade in einem leidlich erfolgreichen Film gespielt. Fühlte sich geschmeichelt, wie er erzählt, bis er erfuhr, wofür er auserkoren wurde: Tongestaltung. Das sei doch so, als werde man als Trainer für den FC Bayern engagiert – in der Basketballmannschaft!

Darf ein Laudator sich so über den von ihm zu überreichenden Preis mokieren, vor all den Gästen der Lola-Gala am Freitagabend im Tempodrom und dann später in der ARD? Er darf. Der Schauspieler Christoph Maria Herbst vielleicht nicht, der hätte bei den Kollegen, gerade denen von der Tongestaltung, doch in alle Ewigkeit... Schweigen wir davon, denn es war ja gar nicht Herbst, der da sprach, es war doch Stromberg oder zumindest eine Stromberg ähnliche Figur. Und die Heike Makatsch, die sich über die Überflüssigkeit von Maskenbildnern mokierte – nein, das war nicht die liebe Heike, das war irgendein gespieltes Biest, wie so vieles nur ein Spiel war an diesem Abend.

Fangen wir mit Jan Josef Liefers an, Gastgeber, Moderator des Abends – die Diktion war nicht ganz eindeutig. Hatte ziemlich Bammel vor der ungewohnten Rolle, beschloss daher, nicht Moderator zu sein, vielmehr nur einen zu spielen. Keinen guten, aalglatten, langweiligen, sondern einen ahnungslosen Anfänger. Hat er jedenfalls vor der Show – und das war es , im besten Sinne des Wortes – behauptet. Und war dann doch ziemlich professionell.

Ein Abend voller Überraschungen. Sicher, diese und jene Lola nicht wirklich, auch die Gäste wie gewohnt, von der 86-jährigen Edelkomparsin Johanna Penski mal abgesehen, durch einen Telekom-Clip derzeit recht populär und erstmals bei solch einer Gala. Aber dann die Art der Darbietung – so hatten wir das noch nie beim Filmpreis. Nicht salbungsvolle Kurzreferate zur Bedeutung dieser oder jener Funktion beim Film, vielmehr gespielte Sketche zur Illustration der Arbeit, die jetzt gleich prämiert werden soll. Oder statt schon wieder Filmszenen zeigen, wenn es ums Drehbuch geht, einfach mal die drei Laudatoren je eine kurze Szene vorlesen lassen.

Gegen so viel Witz und Fantasie, die nicht immer das Niveau hielten, aber doch einen amüsanten Abend bescherten, kamen die Preisträger selbst mit ihren meist stereotypen Danksagungen nur schwer an. Ja, manchmal wirkten sie wie Nebenfiguren einer großen Unterhaltungsshow – etwas dröge, etwas emsig die Namen ihrer Mitwirkenden herunterspulend, Papa, Mama, die Familie nicht zu vergessen.

Die Genugtuung des Dieter Hallervorden

Aber bewegende Momente gab es schon: Helmut Dietl, der unter Standing Ovations den Ehrenpreis erhielt, verwundert, da er die Filmakademie doch oft harsch kritisiert und vor Jahren verlassen habe. So werfe der Preis ein besseres Licht auf die Auszeichnenden als den Ausgezeichneten. Und wenn auch seine Frau ihm verboten habe, ihr öffentlich zu danken – der an Lungenkrebs erkrankte Dietl tat es dennoch: „Dass ich hier bin, habe ich ihrer Pflege zu verdanken.“

Später gab es sogar Tränen, von Jördis Triebel, die sich – ja, auch sie – bei Ehemann, Mama und Regisseur bedankte, der ihr durch die Haut bis auf die Knochen geschaut habe. Bemerkenswert Dieter Hallervorden, der seiner Genugtuung Ausdruck verlieh, dass die Kritiker, die ihn jahrzehntelang abwatschten, doch unrecht hatten. Sogar ein Reim war da noch drin: „Schon immer gern mit Preisen überschüttet worden – es dankt von Herzen Dieter Hallervorden.“

Riesige Freude bei Edgar Reitz und seinem Produzenten-Sohn Christian, deren Auswanderer-Epos „Die andere Heimat“ mit drei Lolas - dem Drehbuch-, dem Regiepreis und der goldenen Trophäe für den besten Spielfilm - den Konkurrenten „Das finstere Tal“ knapp abhängte: Der bekam acht Lolas, aber nicht die entscheidende goldene. Er danke dem Produzenten-Altmeister Günter Rohrbach, sagte Edgar Reitz, weil der als allererster "Ja" gesagt habe zu dem Projekt. Es geht halt nicht ohne den wahnwitzigen Glauben an einen Film, in diesem verrückten Geschäft namens Kino.

Zur Startseite