Radverkehr in Berlin: "Der Vollpfosten-Radweg von R2G"
Berlins CDU will den Radverkehr fördern - per Antrag im Abgeordnetenhaus. Parallel dazu bekämpft die Partei den einzigen "geschützten" Radweg in Zehlendorf.
Der Verkehrsausschuss des Abgeordnetenhauses hat am Donnerstag einen Antrag der CDU "Sicherheit im Radverkehr" diskutiert. Die CDU stellte darin zahlreiche Forderungen auf, von "sicheren Radwegen", einer Helmpflicht für Kinder und einer Sonderkommission gegen Fahrraddiebstahl. Die Regierungsparteien SPD, Grüne und Linke lehnten den Antrag mit ihrer Mehrheit erwartungsgemäß ab. "Das ist ein Armutszeugnis", kritisierte der SPD-Verkehrsexperte Tino Schopf das CDU-Papier. Radfahrer würden von Kraftfahrzeugen gefährdet, von abbiegenden Lastwagen, von Zweite-Reihe-Parkern und Radwegparkern. "Darüber findet sich in ihrem Antrag gar nichts", sagte Schopf. Der grüne Abgeordnete Stefan Taschner erinnerte daran, dass die CDU kürzlich geschützte Radwege als "Kokolores" abgetan habe und den Rückbau der Poller an der Holzmarktstraße in Mitte verlangt habe. Im Antrag der CDU findet sich dies: "Dort, wo es möglich ist, sollten Radfahrer auf vom Rest des Verkehrs abgetrennte separate Fahrradwege geleitet werden, um deren Sicherheit zu erhöhen." Der Antrag ist von den Abgeordneten Florian Graf, Oliver Friederici und Danny Freymark unterschrieben.
"Der Senat will nur den Autoverkehr verhindern"
Friederici ist auch Vorsitzender des Verkehrsausschusses und als solcher trat er Ende Januar in einem Video der CDU Steglitz-Zehlendorf auf, in dem er den bislang einzigen "geschützten" Radweg im Bezirk bekämpft. Das Video heißt "Der Vollpfosten-Radweg von R2G", die zentrale These des 8-Minuten-Films lautet: Der Senat will nur "den Autoverkehr behindern".
Der Radweg wurde im Januar fertiggestellt, der Film darauf bei Youtube veröffentlicht worden. Friederici tritt mit den beiden Abgeordneten Adrian Grasse und Christian Goiny auf - gemeinsam reden sie sich in Rage. So sei auf dem Dahlemer Weg für Autofahrer "kein Überholen und kein Parken" mehr möglich. Tatsächlich wurden die Poller nur auf der etwa 450 Meter langen Brückenrampe aufgestellt, hier gibt es keine Anwohner, die einen Parkplatz benötigen. Gebaut hat diese erste "Protected Bike Lane" (PBL) der Bezirk, nicht die Verkehrsverwaltung des Senats.
"Hier fahren kaum Fahrradfahrer", behauptet Friederici im Video - direkt nach dem Satz fährt ein Radfahrer durchs Bild. Die CDU weiß auch, weshalb keine Radfahrer unterwegs sind: "Die lange Steigung ist für Radfahrer doch nicht attraktiv, es sei denn man hat ein E-Bike". Der Abgeordnete Christian Goiny bringt dann noch den Umweltschutz ins Spiel: Die Poller seien aus Plastik, dies sei "Ressourcenverschwendung". Friederici fordert, "alle Poller wieder abzureißen, die braucht kein Mensch".
Linke: "eine unfreiwillige Realsatire"
Der Mitarbeiter der Linken-Fraktion in der Bezirks-BVV, Dennis Egginger-Gonzalez, nannte den CDU-Film in einem Tweet an den Tagesspiegel eine "unfreiwillige Realsatire".
Tatsächlich widerspricht Friederici im Film mehrfach seinem eigenen Antrag. So behauptet er vor der Kamera, dass eine Sanierung des Radwegs auf dem Gehweg viel sinnvoller gewesen wäre. In dem Antrag fürs
Abgeordnetenhaus steht dagegen: "Die gemeinsame Nutzung von Rad- und Gehwegen ist aus verschiedenen Gründen problematisch."
Derzeit gibt es derzeit nur drei solcher geschützten Radwege in Berlin. Im November 2018 war in der Holzmarktstraße in Mitte der erste längere Radweg mit Pollern fertig gestellt worden. Derzeit ist an der Hasenheide, zwischen Südstern und Hermannplatz die längste Pollerstrecke in Bau. Die Poller sollen Autos abhalten, die sonst stadtweit Radspuren zustellen und Radler zum gefährlichen Ausweichen in den Fließverkehr nötigen.
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