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Jetzt soll alles schneller gehen, besser werden, bei Aufnahme und Integration von Geflüchteten. Der Senat hat den "Masterplan" vorgestellt.
© Gregor Fischer/dpa
Update

Flüchtlinge in Berlin: Der Senat hat einen Masterplan

Der Entwurf für den "Masterplan Integration und Sicherheit" ist da. Er sieht ein neues Ankunftszentrum in Tempelhof, Entlastung des Lageso, mehr Personal und Kita-Plätze vor. Die Opposition ist unbeeindruckt.

Von Ronja Ringelstein

Hat Berlin ihn jetzt endlich, den „Masterplan Integration und Sicherheit“, der die Antwort auf alle Fragen parat haben soll, wie Berlin mit den Flüchtlingen umgeht? Jedenfalls hat der Berliner Senat heute bei seiner Pressekonferenz im Roten Rathaus einen gleichnamigen Entwurf vorgestellt. Er gliedert sich in sechs Kernpunkte:  1. Ankunft, Registrierung, Leistungsgewährung, 2. Unterbringung und Schaffung von Wohnraum, 3. Bildungsangebote, 4. Arbeitsmarktintegration, 5. Sicherheit und schließlich Punkt 6. Stadtgesellschaft.

„Es ist ein ressortübergreifender Plan, der sich an den verschiedenen Lebensphasen der Flüchtlinge orientiert“, hatte Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) erklärt. Ihre Senatsverwaltung hatte bei Erstellung des Plans die Federführung, allerdings haben alle Senatsverwaltungen zugearbeitet. Und die Koordination blieb beim Chef der Senatskanzlei, Björn Böhning (SPD). Der Plan sieht ein Zusammenspiel aus der Arbeit der Berliner Verwaltung mit der Bundesverwaltung vor, doch auch die Berliner Bürger werden mit in den Plan einbezogen: „Politik und Verwaltung müssen die Rahmenbedingungen für gelingende Integration schaffen, aber die Stadtgesellschaft, das Klima, spielt eine große Rolle“, so Kolat. Deshalb sei das eine gemeinsame Aufgabe.

Nicht mehr immer nur Notlösungen

Nun wolle man versuchen, „planerisch vor die Kurve“ zu kommen, also nicht mehr nur zu reagieren und Notlösungen zu finden, sondern besser vorbereitet als bisher in die Zukunft kommen. Deshalb plane man großzügig, dass auch 2016 etwa 50.000 Geflüchtete nach Berlin kommen werden. Bis 2018 rechnet man mit der Halbierung dieser Zahl. Es werde zudem mit zwei weiteren Effekten gerechnet:  erstens dem Familiennachzug und zweitens damit, dass viele Flüchtlinge, die ihr Asylverfahren in anderen Bundesländern abgeschlossen haben, in die Großstädte ziehen.

„Wir dürfen uns da nicht von den Ereignissen überrollen lassen“, sagte Kolat. Vieles könne man aber natürlich nicht voraussehen, etwa, wie viele der Geflüchteten wieder zurückgingen, falls die Heimat wieder sicherer würde. Man rechne aber mit einem Großteil, der bleibt. Deshalb sei da die Integration besonders wichtig. Die Erfahrung, die andere Länder, Kolat nannte Schweden als Beispiel, gemacht hätten, zeigten aber, dass man zum Beispiel bei einer Arbeitsmarktintegration im Schnitt mit einem Zeitraum von etwa sieben Jahren rechnen müsse. „Wir müssen da realistische Erwartungen haben“, so Kolat.

Registrierung an Tag eins? So der Plan

In Teilen ließ sie durchblicken, was nun geplant sei: Etwa ein sogenanntes Ankunftszentrum in Tempelhof, nahe den Unterkünften, soll installiert werden. Dort sollen die ärztlichen Erstuntersuchungen durchgeführt und die Flüchtlinge dort im Idealfall noch am selben Tag registriert werden. Das Ankunftszentrum ist eine Einrichtung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), dafür müsse das BAMF schließlich auch das Personal bereitstellen. Es soll anstelle des Lageso in der Turmstraße die zentrale Registrierungsstelle werden. Und mittelfristig ein Ersatz der Registrierungsstelle in der Kruppstraße werden; der Standort des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (Lageso) in der Bundesallee soll aber erhalten bleiben.

Ein Willkommenspaket soll auf deutsche Werte hinweisen

Als eine neue Immobilie für die Leistungsstelle des Lageo, ist das ICC im Gespräch. Ob als dauerhafte Einrichtung oder nur vorrübergehend, ist noch offen. Klar sei aber jedenfalls, dass das schon angekündigte neue Landesamt für Flüchtlingsaufgaben entstünde, das das Lageso, welches ja nicht nur für Flüchtlinge zuständig ist, entlasten soll. Ab August wird mit der Eröffnung des neuen Landesamtes nach derzeitigem Plan gerechnet.

Besonders betont wurde das neu einzuführende „Willkommenspaket“ für die Flüchtlinge. Das Paket soll aus mehrsprachigen Flyern bestehen, die auf Angebote, wie Sprachkurse, aber auch auf Werte aufmerksam machen sollen. Es enthält Informationen über Behörden, ehrenamtliche Angebote und für Frauen eine gesonderte Info, an wen sie sich bei Missbrauch und Gewalt wenden können. Auch ein Gutschein für die Teilnahme an Deutschkursen, für jene, die einen Anspruch haben, wird enthalten sein. Auch diejenigen, die noch im Asylverfahren sind, sollen schon an Integrationskursen teilnehmen. „Das Paket soll nicht nur informieren, sondern auch Erwartungen an die Flüchtlinge dokumentieren“, erklärte Kolat.

Mehr Kita-Plätze, mehr Polizei

Unter anderem nannte die Senatorin auch 14.000 neue Kita-Plätze, die geschaffen werden sollen bis 2018. Von den geschätzten 50.000 neukommenden Flüchtlingen seien etwa 40 Prozent Kinder. Auch die Jobcenter und Arbeitsagenturen werden und wurden teilweise bereits personell aufgestockt. Vor allem wolle man bei Langzeitpraktika feststellen, was die Geflüchteten schon können, um sie dann schließlich in eine Ausbildung oder Beschäftigung bei Betrieben zu überführen. Man arbeite stark mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) und der Handwerkskammer zusammen.

Besonders wichtig sei es den Senatsverwaltungen gewesen, das Thema Sicherheit mit in den Masterplan aufzunehmen, denn man sei sich bewusst, dass unter den Kommenden auch Salafisten seien. Man werde verstärkt in die Extremismusbekämpfung investieren und das Personal der Polizei weiter aufstocken. Exakte Zahlen wollte der Chef der Senatskanzlei, Björn Böhning (SPD), an dieser Stelle aber nicht nennen.

Überhaupt sei dieser Entwurf zunächst noch vom Senat zu beschließen, vorab sind die Bezirke, die auch am Entwurf beteiligt waren, noch einmal aufgerufen, sich zu äußern. Ein Beschluss ist für Ende April oder Anfang Mai geplant. Man müsse zudem mit dem Bund wegen der Finanzierungshilfen „hart verhandeln“, so Böhning.

Die Opposition zeigt sich unbeeindruckt

Ramona Pop, Fraktionsvorsitzende der Berliner Grünen, hatte sich mehr erhofft und kritisiert den Masterplan: "Der Senat legt heute ein Bündel von wenig abgestimmten und nicht finanziell unterlegten Einzelmaßnahmen. Die Integration ist eine der wichtigsten Aufgaben für die nächsten Jahre, hierfür ist eine gemeinsame Kraftanstrengung nötig – dahinter fällt dieser sogenannter Masterplan eindeutig zurück." Es spreche Bände, dass SPD und CDU selbst für diesen Entwurf eine externe Beratung brauchten. Wesentliche Punkte blieben dabei im Masterplan mehr als vage. Pop nennt in ihrer schriftlichen Erklärung etwa den Bereichen Bildung und Arbeit. Unternehmen müssten weiterhin damit rechnen, dass Geflüchtete während einer Ausbildung abgeschoben würden, so Pop. Für die Schulen fehle eine klare Zusage für Personal und Mittel für die Integration von Kindern aus Willkommensklassen. Zudem prangert Pop an, dass der gesamte Masterplan – bis auf die bereits im Doppelhaushalt etatisierten Mittel – unter Finanzierungsvorbehalt stehe. "Und auch die Mittelverteilung der 25 Millionen Euro aus dem Haushalt auf die im Masterplan beschriebenen Maßnahmen ist bislang unklar, hier droht der nächste Koalitionsstreit. Eine Offensive für Integration sieht wahrlich anders aus", so das Urteil der Grünen.

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