Ernst-Thälmann-Denkmal in Prenzlauer Berg.: Der Rotfrontkämpfer wird altersschwach
Die Monumentalstatue des KPD-Führers in Prenzlauer Berg rostet, Denkmalsschützer und der Senat wollen sie retten. CDU und FDP gefällt das nicht.
Der Koloss ist arg in die Jahre gekommen. Graffiti am Sockel, Rostspuren am Leib, aber den Kopf erhoben und die Faust geballt – so blickt Ernst „Teddy“ Thälmann unter der Arbeiterfahne auch 29 Jahre nach der Wende mit siegessicherem Blick in die Zukunft. Doch er wird altersschwach, seine Standfestigkeit ist bedroht, besonders im Inneren.
Das monumentale, 13 Meter hohe Bronzestandbild des einstigen KPD-Anführers in Prenzlauer Berg korrodiert, es wird regelrecht zerfressen, die Stahlstützen im Körper der Plastik halten nicht mehr allzu lange durch. Diese nüchterne Bestandsaufnahme steht im Bericht des Berliner Restaurators Mario Jehle. Im Sommer 2018 ist der Experte durch eine Wartungsluke in Thälmann buchstäblich einstiegen und hat dessen Innerstes akribisch durchleuchtet.
Die Untersuchung hatte das Landesdenkmalamt in Auftrag gegeben, immerhin ist die rund 50Tonnen schwere, idealisierte Büste des Arbeiterführers an der Greifswalder Straße – direkt am Thälmannpark und der Thälmann-Siedlung – seit 2014 denkmalgeschützt. Nun arbeitet die Behörde an einem Sanierungsplan, 2020 soll es losgehen. Die Senatskulturverwaltung will dafür bis zu 150 000 Euro zahlen.
Kaum wurde das bekannt, protestierte am Dienstag die FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Ein Denkmal für einen „aktiven Gegner der Demokratie“ wie Thälmann habe „in der Freiheitsstadt Berlin“ nichts mehr zu suchen, es gehöre allenfalls ins Museum, erklärte Fraktionssprecher Jean-Paul Neuling. Sein Kontra hat Tradition: Schon 2013 zog die FDP-Jugendorganisation „Junge Liberalen“ zu Thälmann und forderten dessen Abbruch.
Aber auch die CDU ist „Teddy“ nicht grün: In einer ersten Reaktion auf die Sanierungspläne sagte Berlins CDU-Generalsekretär Stefan Evers dem Tagesspiegel, man solle nicht gleich Geld in den Koloss stecken, sondern „erst mal in Ruhe überlegen, was wir am besten mit ihm anstellen“. Alternativ könne man Thälmann vielleicht in die Ausstellung mit politischen Denkmälern auf der Spandauer Zitadelle stellen. Der Sprecher der Senatskulturverwaltung Daniel Bartsch hält solche Gedankenspiele allerdings für überflüssig. „Es muss rasch gehandelt werden“, sagt er. „Jenseits aller Diskussionen.“
Politisch umkämpft ist die Statue bereits seit der Wende. 1981 bis ’86 hat sie der sowjetische Bildhauer Lew Kerbel geschaffen und aus rund zweihundert Einzelteilen zusammengesetzt. Dafür benötigte er die gesamte Bronzeproduktion eines Jahres in der DDR. Im Beisein von Erich Honecker wurde die Plastik 1986, zum 100. Geburtstag Thälmanns, eingeweiht. Doch schon zu Beginn der 1990er Jahre wirkte ihr ungebrochen selbstbewusster Gestus wie eine Realsatire auf den gerade erlebten Niedergang der DDR.
1990/91 wurde deshalb erstmals die Empfehlung laut, man möge den Riesenkerl beseitigen. Eine vom Senat eingesetzte Historikerkommission hatte sie ausgesprochen, die Experten wurde aber damals nicht erhört. Im Gegensatz zu den Kritikern des 1970 eingeweihten Lenin-Denkmals am einstmaligen Leninplatz (heute Platz der Vereinten Nationen) in Friedrichshain: Die Lenin-Statue wurde 1991 abgebaut.
Allerdings gibt es etliche Stimmen, die dies bei heute bedauern. Denn vor allem Touristen aus aller Welt suchen im Stadtbild mit viel Interesse Zeugnisse aus DDR-Tagen. Und Monumente wie Teddy Thälmann spiegeln den Zeitgeist am authentischen Ort eindrucksvoller wider als im Museum.
Ernst Thälmann wurde in der DDR als Märtyrer verehrt. Er war von 1925 bis 1933 Chef der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), er unterstützte gewaltsame Putschversuche gegen die Weimarer Republik und bekämpfte die Sozialdemokraten als Hauptfeinde. Nach elf Jahren Haft wurde er 1944 von den Nationalsozialisten im KZ Buchenwald ermordet.
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