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Schön bunt hier. Das Areal zwischen East Side Gallery und Spree ist beliebt bei Touristen, Anwohnern – und Investoren. Das hat viel Protest provoziert. Außer am Sonntag bei schönstem Sommerwetter.
© Paul Zinken

Baupläne an der East Side Gallery in Berlin: Der Protest geht lieber baden

Vor kurzem noch demonstrierten Tausende gegen Neubauten an der East Side Gallery. Am Sonntag war es nur noch eine Handvoll. Davon wollen sich die Organisatoren nicht entmutigen lassen - schon am Sonnabend ist die nächste Demo geplant.

So richtig kann es Johannes Riedner den Menschen nicht verübeln, dass sie an diesem Sommertag dem Aufruf nicht gefolgt sind, den er und seine Mitstreiter in die Welt geschickt haben. „Ich würde auch lieber an einem See in Brandenburg liegen“, sagt der 58-jährige Kreuzberger. Er arbeitet als Gärtner im Yaam-Club, dem bunten Freiluft-Kulturzentrum neben der East Side Gallery schräg gegenüber vom Ostbahnhof. Bei den paar Leuten, die am Sonntagnachmittag dennoch am Spreeufer mit Swing-Musik gegen die Neubaupläne hinter den Mauerresten protestieren, versteht er nicht, „wieso die an so einem schönen Tag hierherkommen“.

Das gute Dutzend Menschen, das sich abgesehen von flanierenden Touristen zur angekündigten Stunde einfindet, besteht fast nur aus Menschen, die hier sein müssen: Eine Handvoll Polizisten, ebenso viele Journalisten, dazu etwa nochmal so viele Veranstalter vom „Bündnis East Side Gallery retten“. Von den spontanen Menschenmassen, die sich zuvor bei mehreren Veranstaltungen dafür stark gemacht haben, die Brache zwischen East Side Gallery und Spree zu erhalten, ist an diesem Nachmittag nichts zu sehen.

Dabei ist es gerade mal vier Monate her, als der geplante Abriss von historischen Mauerteilen für den Zugang zu zwei Baustellen weltweite Schlagzeilen provozierte. Tausende gingen auf die Straße, David Hasselhoff kam, sang und siegte. Und jetzt? „Ich bin sicher, dass immer noch viele Menschen unsere Überzeugung teilen, dass auf dem einstigen Todesstreifen nicht gebaut werden darf“, sagt Johannes Riedner. „Aber die Leute wissen auch: Geld gewinnt immer.“

Damit sind die zwei Hotel- und Wohnbauprojekte einige hundert Meter östlich gemeint, auf die ein paar in den Himmel ragende Kräne hinweisen. Die Bauvorhaben repräsentieren für die Organisatoren des Protests „neoliberales Wachstum“, wie Andromachi Marinou-Strohm sagt, eine in Friedrichshain lebende Stadtführerin, die zu den Organisatoren des Protests gehört. Für sie und ihre Mitstreiter ist die East Side Gallery nur eines von vielen Beispielen, wie öffentlicher Raum privatisiert und Menschen aus ihren angestammten Vierteln vertrieben werden.

Dass das an diesem Nachmittag kaum jemanden zu rühren scheint, entmutigt die Protestveranstalter nicht. „Wir werden weiter protestieren“, sagt Johannes Riedner. Schon kommenden Sonnabend steht die nächste Demo an, Motto: „Spreeufer für alle“.

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