Bündnis Deutsche Wohnen & Co. enteignen: „Der Mietendeckel gibt den Menschen eine Atempause“
Das Bündnis, das große Wohnungskonzerne enteignen will, sieht den Mietendeckel als richtigen Schritt, um Mietern zu helfen. Dem müssten aber weitere folgen.
Das Berliner Bündnis „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ sieht im geplanten Mietendeckel einen „Schritt in die richtige Richtung“, fordert aber noch Nachbesserungen.
„Der Mietendeckel gibt den Menschen eine Atempause und nimmt ihnen die Angst vor der nächsten Mieterhöhung“, sagte Bündnissprecher Rouzbeh Taheri am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. „Wir finden das richtig und notwendig.“
Allerdings sehe er die angedachte Möglichkeit für Vermieter, bei Modernisierungen für mehr Klimaschutz und Barrierefreiheit bis zu einem Euro je Quadratmeter auf die Miete draufzupacken, skeptisch. Hier bestehe die Gefahr von Schlupflöchern für Mieterhöhungen. „Denn es ist nicht genau definiert, welche Maßnahmen darunterfallen.“
Auch die Absenkungsmöglichkeit für Bestandsmieten, die festgelegte Obergrenzen um mehr als 20 Prozent überschreiten, hält Taheri für nicht ausreichend. „Diese Regelung ist zu schwach. Warum sollen die Obergrenzen bei Neuvermietungen gelten, aber bei Bestandsmieten deutlich überschritten werden können?“
Der rot-rot-grüne Berliner Senat hatte den bundesweit einmaligen Mietendeckel am Dienstag auf den Weg gebracht. Weil die Wohnkosten in der Hauptstadt in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind, will die Koalition die Mieten für 1,5 Millionen vor dem Jahr 2014 gebaute Wohnungen für fünf Jahre einfrieren.
Hinzu kommen Obergrenzen von maximal 9,80 Euro Kaltmiete je Quadratmeter, die sich nach Baujahr und Ausstattung der Wohnung richten und bei Neuvermietungen nicht überschritten werden dürfen. In bestimmten Fällen sollen hier noch Zuschläge möglich sein.
Bestandsmieten dürfen in Zukunft um nicht mehr als 20 Prozent über den Obergrenzen liegen. Andernfalls sollen Mieter eine Absenkung fordern können. Bis Anfang 2020 soll das Gesetz zum Mietendeckel beschlossen sein und rückwirkend ab 18. Juni 2019 gelten. Ausnahme dabei: Die Absenkungsregelung soll erst Ende 2020 kommen.
Taheri unterstrich, dass das Volksbegehren zur Enteignung großer Immobilienkonzerne mit mehr als 3000 Wohnungen damit nicht vom Tisch sei. „Wir brauchen eine neue Eigentümerstruktur, um langfristig für alle bezahlbare Mieten sicherzustellen. Der Mietendeckel wird dagegen eher kurzfristig wirksam.“
Um die Einleitung des Volksbegehrens zu beantragen, hatte die Initiative 77.000 Unterschriften bei der Innenverwaltung eingereicht, von denen diese Anfang Juli gut 58.000 für gültig erklärte. Nötig waren mindestens 20 000. Seither prüft die Senatsverwaltung für Inneres, ob das Ansinnen rechtskonform ist. Wird das bejaht, würden weitere Schritte folgen, die am Ende in einen Volksentscheid münden könnten.
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Taheri forderte den Senat auf, die Prüfung zügig zu beenden und sie nicht „weiter in die Länge zum ziehen“. „Wir erwarten in den nächsten Wochen eine Ergebnis.“ Zu der Frage, ob Enteignungen gegen Entschädigung rechtlich möglich seien, lägen zahlreiche Rechtsgutachten vor. Daher sei klar, dass das Volksbegehren zulässig sei. Das Bündnis beruft sich auf entsprechende Passagen im Grundgesetz. (dpa)